Geesthacht. Es ist das tragische Ende einer Kultfigur: Die Diddl-Maus wird nicht mehr hergestellt. Der Hersteller, ein Unternehmen aus Norddeutschland, stellt den Vertrieb ein, weil das Interesse der Käufer inzwischen anderen Produkten gilt. Vor zwanzig Jahren war das unvorstellbar. Ein Nachruf.
Sie zierten Schulranzen, Federmäppchen und Trinkflaschen. Sie steckten als Kuscheltier so manche Träne ein und behielten zahllose Geheimnisse für sich. Und sie waren das Trendsymbol einer ganzen Mädchen-Generation. Wer dazugehören wollte, brauchte eine Diddl-Maus.
Das ist vorbei, lange vorbei. Wer heute in der Grundschul-Clique dazugehören möchte, der braucht Prinzessin Lillifee, Hello Kitty und Filly-Pferde, aber keine Diddl-Maus. Weil das so ist, hat der Hersteller, das Unternehmen Depesche aus Geesthacht in Norddeutschland, jetzt die Reißleine gezogen. Alle Diddl-Produkte werden aus dem Sortiment genommen. Sie verkaufen sich einfach nicht mehr.
Diddl war laut Steckbrief "dreikäsehochfünfzig" groß
Vor 20 Jahren schien diese Entwicklung unvorstellbar. Deutschland war im Diddl-Fieber. Von einer "Epidemie" sprach der "Spiegel", und die "Zeit" schrieb: "Von Norden her kam die Maus wie eine Feuerwalze über Deutschland."
Die laut Steckbrief "dreikäsehochfünfzig" große Maus zierte Blöcke, Briefpapier, Tage- und Freundebücher, Kaffeebecher, Bettwäsche und Schulranzen. Bald erhielt Diddl Freunde wie Diddlina, Pimboli und Galupy - das "Käsekuchenland" expandierte. Schulhöfe von Grundschulen verwandelten sich in den Pausen zeitweise in wahre Tauschbörsen. Und nicht nur Kinder fanden an den Figuren Gefallen, auch jüngere oder gar ältere Frauen ließen die "ach soo süüüße" Plüschmaus an ihren Rucksäcken und Taschen baumeln.
Diddl-Hersteller kann das Ende nicht fassen
Das "Phänomen Diddl" faszinierte, war es doch ganz ohne Comic oder Zeichentrickserie entstanden und hatte sogar bisweilen "Micky Maus" auf der Beliebtheitsskala überholt. Selbst einen eigenen Diddl-Sprech entwickelte man "edelgoudafein" und "spitzespannend".
Deshalb ist man beim Diddl-Hersteller jetzt einigermaßen fassungslos, dass es wirklich vorbei sein soll. "Was mir unverständlich ist, ist die Entwicklung, dass Diddl bei Kindern und Jugendlichen heute kaum noch eine Rolle spielt", sagt Unternehmenschef Kjeld Schiötz in einem Interview mit der Bergedorfer Zeitung.
"So etwas hat man nur einmal im Leben"
Der Däne hat das Unternehmen Depesche in den 80er Jahren aufgebaut. Das "Phänomen Diddl" ist auch sein Erfolg. Hinter dem Erfolg der Springmaus steckte eine ausgeklügelte Werbestrategie: Im Lizenz-Geschäft mit Spielwaren werden Figuren von Anfang an so konzipiert, dass sie sich so vielseitig wie möglich vermarkten lassen, erklärten Experten.
Jetzt setzt Depesche auf Figuren wie Topmodels, Zauberfee Ylvi oder Monstercars. Doch Schiötz weiß, dass er den Diddl-Erfolg wohl nicht wiederholen kann: "Diddl war so lange so populär, weil er von der Zeichnung her eine enorme Qualität besaß. So etwas hat man nur einmal im Leben." (mit Material von dpa)