Berlin. Cornelius Gurlitt will die kostbaren Bilder aus dem Schwabinger Bilderfund, unter denen NS-Raubkunst sein soll, nicht freiwillig hergeben. Wie kann es jetzt weitergehen? Nun sucht eine Taskforce Kontakt zu dem Kunsthändler, um ihn zu unterstützen.

Die Taskforce zum Schwabinger Kunstfund sucht den Kontakt zum Kunsthändlersohn Cornelius Gurlitt. Der 80-Jährige will die kostbaren Bilder, unter denen NS-Raubkunst sein soll, nicht freiwillig herausgeben - die Situation ist vertrackt.

"Wir haben hier einen äußerst komplexen Sachverhalt mit rechtlichen, moralischen, historischen Aspekten, die aus dem dunkelsten Kapitel unserer Geschichte resultieren", sagte die Leiterin der Taskforce, Ingeborg Berggreen-Merkel, am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa in Berlin.

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Die Experten-Gruppe wurde vom Bund und dem Freistaat Bayern eingesetzt. Sie soll herausfinden, bei welchen Kunstwerken aus Gurlitts Schwabinger Wohnung es sich um NS-Raubkunst handelt - möglicherweise sind es 590. Die Taskforce will noch diese Woche weitere Werke auf der Datenbank www.lostart.de einstellen.

Transparenz und Aufarbeitung stehen im Vordergrund

Etwaige Erben können sich an die Koordinierungsstelle in Magdeburg wenden, wie Berggreen-Merkel weiter erklärte. Transparenz und Aufarbeitung seien jetzt das Vordringlichste. "Außerdem suchen wir mit Herrn Gurlitt das Gespräch, um mit ihm gemeinsam konstruktive Lösungen zu erarbeiten."

Es sei auch in seinem Sinne, wenn er erfahre, welche seiner Werke eventuell belastet seien und welche nicht. Er habe bereits beim Verkauf eines Beckmann-Bildes 2011 bewiesen, dass er bereit sei, faire Lösungen mit Berechtigten zu finden.

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"Wenn Herr Gurlitt dies möchte, unterstützen wir ihn auch gern dabei, eine für ihn praktikable Lösung für die Verwahrung derjenigen Bilder zu finden, für die in Kürze durch die Staatsanwaltschaft Augsburg die Beschlagnahme aufgehoben wird."

Suche nach der Herkunft vieler Bilder ist schwierig

Die Fahnder hatten den 1400 Werke zählenden Kunstschatz im Frühjahr 2012 in Gurlitts Wohnung beschlagnahmt. Am Dienstag hatte die Behörde erklärt, sie wolle ihm nun Hunderte Bilder wieder zurückgeben. Dies soll für die Kunstwerke gelten, die nicht im Verdacht der NS-Raubkunst stehen und zweifelsfrei Eigentum des 80-Jährigen sind.

Wie lange es dauern wird, die Herkunft der Bilder zu klären, lässt sich laut Berggreen-Merkel nicht pauschal sagen. "Es wird Bilder geben, für die man schnell belastbare Hinweise auf Voreigentümer, etwa durch Aufkleber, Signets oder Widmungen bekommt."

Es werde aber auch Kunstwerke geben, bei denen sich die Suche nach der Herkunft äußerst schwierig gestalte. "In einigen Fällen ist selbst der Künstler des Werkes unbekannt." Berggreen-Merkel betonte, die Taskforce sei keine Instanz, die final über Rückgabeansprüche entscheide.

25 Kunstwerke aus Gurlitt-Fundus

Bernhard Kretschmars
Bernhard Kretschmars "Strassenbahn", Aquarell mit unbekanntem Entstehungsdatum. © dpa
Hans Christoph:
Hans Christoph: "Paar", Aquarell, 1924. © dpa
Max Liebermann:
Max Liebermann: ""Reiter am Strand", Gemälde, 1901. © dpa
Conrad Felixmueller:
Conrad Felixmueller: "Paar in Landschaft", Aquarell, 1924. © dpa
Marc Chagall: '
Marc Chagall: '"Allegorische Szene", undatiertes Gemälde. © dpa
Erich Fraass:
Erich Fraass: "Mutter und Kind", Aquarell, 1922. © dpa
Wilhelm Lachnit:
Wilhelm Lachnit: "Mann und Frau am Fenster", Aquarell aus dem Jahr 1923. © dpa
Henri Matisse:
Henri Matisse: "Sitzende Frau / In einem Sessel sitzende Frau", Gemälde, um 1924. © dpa
Otto Griebel:
Otto Griebel: "Die Verschleierte", Aquarell, entstanden 1926. © dpa
Wilhelm Lachnit,
Wilhelm Lachnit, "Maedchen am Tisch", Aquarell, 1923. © dpa
Otto Griebel:
Otto Griebel: "Kind am Tisch", undatiertes Aquarell. © dpa
Christoph Voll:
Christoph Voll:"Mönch", Aquarell, 1921. © dpa
Otto Dix:
Otto Dix: "Dame in der Loge", Aquarell, 1922. © dpa
Otto Dix:
Otto Dix: "Dompteuse". Aquarell, 1926. © dpa
Honore Daumier:
Honore Daumier: "Don Quichote und Sancho Panza", Gemälde, um 1865. © dpa
Théodore Rousseau:
Théodore Rousseau: "Vue de la vallée de la Seine", undatierte Zeichnung. © dpa
Ludwig Godenschweg: 
Ludwig Godenschweg: "Weiblicher Akt", undatierte Druckgrafik. © dpa
Ludwig Godenschweg:
Ludwig Godenschweg: "Männliches Bildnis". Druckgrafik, undatiert. © dpa
Eugene Delacroix:
Eugene Delacroix: "Conversation mauresque sur une terrasse", undatierte Bleistiftzeichnung. © dpa
Carl Spitzweg:
Carl Spitzweg: "Das Klavierspiel", Zeichnung, um 1840. © dpa
Auguste Rodin:
Auguste Rodin: "Etude de femme nue debout, les bras releves, les mains croisees au-dessus de la tete", undatierte Zeichnung. © dpa
Bonaventura Genelli:
Bonaventura Genelli: "Männlicher Akt", undatierte Zeichung. © dpa
Antonio Canaletto:
Antonio Canaletto: "Sa. Giustina in Prà della Vale". Padua, Druckgrafik von 1751/1800. © dpa
Fritz Maskos:
Fritz Maskos: "Sinnende Frau", Druckgrafik, 1922. © dpa
Christoph Voll: Christoph Voll:
Christoph Voll: Christoph Voll: "Sprengmeister Hantsch", Zeichnung, 1922. © dpa
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Deutschland habe in den vergangenen Jahren sehr an der Stärkung der Provenienzforschung (Herkunftsforschung) gearbeitet. Der Schwabinger Bilderfund zeigt für Berggreen-Merkel auch, "dass wir uns künftig noch verstärkter der Frage zuwenden müssen, wie wir private Sammler und Auktionshäuser in die Aufarbeitung der Sammlungsgeschichte einbinden können, wie wir ihnen vielleicht auch helfen können, sich ihrer moralischen Verantwortung zu stellen". (dpa)