Berlin/London/Essen.. Fachleute fordern Veröffentlichung aller 1406 Werke. Kaum Aussicht auf Rückgabe für Folkwang Museum in Essen, Wuppertaler von der Heydt Museum und den Düsseldorfer Kunstpalast.


Das Zentralregister für Raub- und Beutekunst der Jahre 1933-1945 hat den Umgang der Behörden mit dem Sensationsfund von München scharf kritisiert und die Regierung zum Eingreifen aufgefordert. „Wir wollen so schnell wie möglich eine Liste der Werke in der Sammlung veröffentlicht sehen“, sagte Anne Webber von der Commission for Looted Art in Europe in London. Zudem müsse ein Verfahren eingerichtet werden, das es „rechtmäßigen Besitzern der Werke“ ermögliche, sie schnell zurückzubekommen. Seit Bekanntwerden des Fundes werde das Register mit Anfragen überflutet: „Die ganze Welt blickt auf Deutschland.“

Der Berliner Provenienzforscher Uwe Hartmann glaubt allerdings, dass der Sensationsfund von 1406 Werken, die überwiegend der „entarteten Kunst“ zugerechnet werden, zum großen Teil dem 79-jährigen Kunsthändlersohn Cornelius Gurlitt gehört. „In vielen Fällen handelt es sich nicht um NS-Raubkunst. Es muss davon ausgegangen werden, dass Herr Gurlitt rechtmäßig über diesen Besitz verfügt“, sagte Hartmann, Leiter der Arbeitsstelle für Provenienzforschung der Staatlichen Museen zu Berlin. Wahrscheinlich habe Gurlitts Vater Hildebrand die Werke, die vor anderthalb Jahren in der Münchner Wohnung gefunden worden waren, selbst gekauft und sei der rechtmäßige Erwerber gewesen, so der Experte Hartmann.

So machen sich auch die Museen an Rhein und Ruhr, die einst von den Nazis aus ihren Häusern enteignete Werke der Moderne in dem spektakulären Münchner Kunstschatz vermuten, keine Hoffnungen. Das Museum Folkwang Essen und das Von-der-Heydt-Museum Wuppertal wollen aber Anfragen an Staatsanwaltschaft und Zoll in München stellen. Es würde „nicht überraschen“, wenn auch ehemalige Folkwang-Werke in dem Münchner Bilderfund auftauchten, sagte der Direktor des Museums Folkwang, Tobia Bezzola. Der Leiter des Wuppertaler Von-der- Heydt-Museums, Gerhard Finckh, forderte eine rasche Veröffentlichung der Werke aus München. Auch einige der in Düsseldorf 1937 eingezogenen Objekte, zumeist Grafik, seien bei Gurlitt gelandet und seitdem verschollen, sagte Kunstpalast-Direktor Beat Wismer der dpa. Dennoch will das Museum keine Auskunft in München verlangen, weil die Kunst ohnehin nicht restituiert werde. Gerade im Hinblick auf die Werke, die schon lange öffentlich gesucht würden, sei das Vorgehen der Münchner Behörden „mehr als problematisch“, so Wismer.



Als möglicherweise einziges Haus verfügt das Osthaus Museum Hagen über insgesamt sieben Fotoalben, in denen die von den Nazis beschlagnahmten Werke abgebildet sind. Zwischen 400 und 500 Werke seien enteignet worden, sagte die stellvertretende Museumsleiterin Birgit Schulte. Ein Schwerpunkt der Sammlung war der 1938 in Hagen gestorbene expressionistische Maler Christian Rohlfs, von dem fast 150 Werke verloren gingen.