Köln. . Das Wallraf-Richartz-Museum geht den „Geheimnissen der Maler“ im späten Mittelalter nach – und zeigt die Gemälde aus der Kölner Schildergasse von allen Seiten: Stefan Lochners „Muttergottes in der Rosenlaube“ und 29 weitere Bilder wurden auf Herz und Nieren untersucht.

40.000 Einwohner, damit war Köln die größte und reichste deutsche Stadt des ausgehenden Mittelalters. Handwerker und Kaufleute, die vom (Wein-) Handel mit der Hanse reich geworden waren, bestimmten über Wohl und Wehe des „hilligen Coellen“, des heiligen Köln. Der Erzbischof musste zu allem Ja und Amen sagen.

Die reichen Bürger bestellten gern neue Heiligen- oder Altarbilder. Und zwar dort, wo heute eine der umsatzträchtigsten Einkaufsmeilen Europas pulsiert: in der Schildergasse. Die Maler, die dort wohnten und arbeiteten, hießen Schilderer. Auch wenn sie längst nicht mehr nur Schilder oder Wappen bemalten oder Wappen entwarfen, sondern auch schon liebliche Madonnen, sündige Magdalenen und anderes biblisches Personal aufs Eichenholz, auf die Leinwand warfen. Sie waren Künstler. Dabei galten sie immer noch als Handwerker, organisiert in einer Zunft. So kam keiner von ihnen auf die Idee, ein Bild zu signieren.

Blattgold-Herstellung und Brokat

Stefan Lochners „Weltgericht“ (um 1435), Eichenholz.
Stefan Lochners „Weltgericht“ (um 1435), Eichenholz. © Wallraf-Richartz-Museum

Keiner? Der beste unter all diesen guten Malern tat es doch. Die meisten Besucher des Wallraf-Richartz-Museums fragen heute nach Stefan Lochner, wegen der weltbekannten „Muttergottes in der Rosenlaube“ mit himmlisch blauen Mantelfalten über einem herrlichem Gartengrün.

Dieses Bild und 29 weitere haben die Restauratoren unter die Lupe genommen, unters Röntgengerät, mit Infrarot- und Streiflicht durchleuchtet. Herausgekommen ist dabei manch erregende Nachricht für Kunsthistoriker: hier eine neue Datierung, dort eine Zuschreibung – oder die Erkenntnis, dass es bei all den vielen Malerwerkstätten in der Schildergasse doch nur drei gab, die den Markt beherrschten, während die anderen freischaffend je nach Auftragslage tätig waren.

Detailaufnahme des Teufels aus Stefan Lochners „Weltgericht“. Der am rechten unteren Bildrand des Weltgerichts dargestellte Teufel ist in seiner vielgestaltigen Oberfläche und farbenprächtigen und detailreichen Ausführung nahezu einzigartig.
Detailaufnahme des Teufels aus Stefan Lochners „Weltgericht“. Der am rechten unteren Bildrand des Weltgerichts dargestellte Teufel ist in seiner vielgestaltigen Oberfläche und farbenprächtigen und detailreichen Ausführung nahezu einzigartig. © Wallraf-Richartz-Museum

Doch die neue Ausstellung „Geheimnisse der Maler“ zeigt, mit welchen Tricks sie arbeiteten, dass sie zu den wenigen gehörten, die schon Niet- und Bügel-Brillen oder Lupen benutzten, für winzigkleine und doch präzise gemalte Details.

Oder wie das Blattgold für strahlende Himmel und Heiligenscheine angefertigt wurde: In ein Buch mit vielen Pergamentblättern wurde eine Münze oder eine Scheibe Gold gelegt – und dann sauste ein etliche Kilo schwerer Hammer darauf nieder.

Die so entstandenen Flatschen wurden mal um mal geviertelt und aufs Neue zwischen die Buchseiten gelegt – bis Blattgold daraus geworden war. Dabei durften aus einem rheinischen Gulden höchstens 16,5 Goldblätter geschlagen werden.

Auch interessant

In dieser Ausstellung kann man auch Goldbrokat anfassen, um zu sehen, wie genau die Maler schon vor der Erfindung des Buchdrucks die Aura eines solchen Stoffs trafen. Man blickt den Bildern unter die Oberfläche, man sieht die Rohstoffe der Farben.

Und doch wird man durch all dies noch nicht hinter das wahre Geheimnis dieser Gemälde kommen: Was sie zu Kunst macht. Dazu genügt es allerdings mitunter, sie in aller Ruhe anzusehen und sich ihre Geschichten erzählen zu lassen.