Essen. . Das Essener Folkwang-Museum zeigt Thomas Schüttes tonnenschwere „Frauen“-Skulpturen erstmals vollständig, von Nr. 1 bis Nr. 18. Den Reiz der Ausstellung aber macht die Kombination der Bronze-, Alumnium- und Stahl-Figuren mit den federleichten Aquarellen Schüttes aus.
Die „Frauen“, die seit 1998 im Düsseldorfer Atelier von Thomas Schütte entstanden, sind nicht nur etwas uncharmant durchnummeriert, sondern auch alles andere als Leichtgewichte: 1000 bis 1400 Kilogramm bringen die Damen aus Aluminium, Stahl oder Bronze auf die Waage, inklusive der Rohstahl-Tische, auf denen sie liegen, hocken, sich räkeln, winden oder geplättet dahingestreckt sind.
Eine Belastungsprobe, der nun der Boden im Museum Folkwang standhalten muss, wo ab heute die „Frauen“-Figuren Schüttes erstmals vollständig zu sehen sind – nachdem fünf bereits 2002 zusammen mit den weltweit vertretenen „Großen Geistern“ in einer Schütte-Schau des Museums zu sehen waren.
Der Bildhauer balanciert seine überlebensgroßen Akte auf der Grenze zwischen Fülle und Eleganz, zwischen figurativ und abstrakt. Die Nr. 16 beschwört Picasso herauf, die Nr. 4 ist vollkommen abstrakt. Sie alle verbreiten eine Atmosphäre von Ehrfurcht, ihre Mimik ist selten eindeutig. Da ist Stolz und Leid, Verlangen und Unterdrückung, Müdigkeit, Freude und In-sich-Geborgenheit. Sie geben den Blick frei auf so vieles, und doch fühlt er sich befangen an.
Voller Witz, Eleganz und Zartheit
Entscheidend wird bei diesen Spiegelungen fraulichen Lebens und männlicher Blicke immer die Oberfläche: Am polierten oder lackierten Aluminium prallt vieles ab, besonders wenn die Farben changieren wie bei der kubistisch angehauchten Nr. 15. Der Stahl sorgt für eine archaische Note, die Bronze für eine bildhauerische Traditionslinie.
Zum Glück für die Ausstellung sind die handwerklich souverän gearbeiteten Frauen (Thomas Schütte selbst ist freilich froh über das „funzelige“ Licht der Ausstellung, weil man dann die „Fehler“ nicht so gut sehe, die wohl nur ihm auffallen) rechts und links flankiert von federleichten, mitunter farbstarken Tinten-Aquarellen, die völlig zu Unrecht unter dem Titel „Deprinotes 2006-2008“ firmieren. Sie sind voller Witz, Eleganz und Zartheit.
Charmant geradezu.
Bis 12. Januar, Museum Folkwang, Museumsplatz 1. Di-So 10-18 Uhr, Fr bis 22.30 Uhr. Eintritt: 8 Euro, erm. 5 €. Katalog: 39 Euro.