Essen. Bei ihrer Eröffnung am 25. September 1913 galt die damals neue Synagoge in Essen als eines der schönsten Gotteshäuser Deutschlands – und als Symbol jüdischen Selbstbewusstseins. 25 Jahre später setzten die Nazis die Synagoge in Brand. An diesem Mittwoch aber kann das stolze Bauwerk seinen 100. Geburtstag feiern.

Sie ist Baudenkmal und Zeitzeugin aus Stein: Am morgigen Mittwoch kann die Alte Synagoge ihren 100. Geburtstag feiern.

Als sie am 25. September 1913 – als neue Synagoge – eröffnet wurde, zeigten die feierliche Zeremonie wie der spektakuläre Kuppelbau das gewachsene Selbstbewusstsein der jüdischen Gemeinde: Das Gotteshaus galt als eines der größten und schönsten Deutschland. Der heutige Leiter, Uri Kaufmann, erinnert daran, dass die Synagoge innen mit Malereien und Goldmosaiken reich verziert war. „Rabbiner Salomon Samuel hatte sich über Ausgrabungen in Palästina orientiert und jüdische Motive ausgewählt. Der christliche Architekt Edmund Körner setzte diese im Jugendstil um.“

In der Weimarer Zeit lebten etwa 4500 Juden in Essen. Für die traditionalistischen unter ihnen, die aus Osteuropa stammten, hatte man im Erdgeschoss einen eigenen Betsaal eingerichtet. Viele von ihnen wollten nicht am liberalen jüdischen Gottesdienst mit Orgel, gemischtem Chor und teils deutschen Gebeten teilnehmen.

Gebäude widerstand dem Bombenhagel

Nur 25 Jahre nach ihrer Eröffnung wurde die Synagoge in der Pogromnacht am 9. November 1938 in Brand gesetzt, ihre prachtvolle Innenausstattung ging fast vollständig verloren. „Nur ein Mädchen, das sich in die Brandruine schlich, rettetet einige Mosaiksteinchen“, erzählt Kaufmann. Der massive Stahlbetonbau aber überstand die Bombardierungen und überragte die Trümmerlandschaft, in die sich die Stadt verwandelt hatte.

Viele Jahre stand das immer noch stolze Bauwerk als mahnende Ruine, erlebte wechselnde Nutzungen, bevor es zum Haus jüdischer Kultur werden sollte, als das es heute bekannt ist. Kaufmann erinnert daran, dass die Stadt hier in den 1960er Jahren das „Haus für Industrieform“ unterbrachte und mit der verbliebenen Bausubstanz nicht zimperlich umging: „Torarollenschrank und Frauenempore wurden abgebrochen, die Kuppel durch eine Zwischendecke versteckt.“

Erst in den 1980er Jahren regten Bürger an, hier eine Gedenkstätte einzurichten, knüpfte Angela Genger Kontakte zu Emigranten in aller Welt, die bei ihren Besuchen erzählten, wie die Synagoge einst ausgesehen hatte. Von 1986 an habe die Politik eine zumindest teilweise Rekonstruktion der Synagoge in Auftrag gegeben. Eine neue große Zeit für die Alte Synagoge kam mit Kaufmanns Vorgängerin Edna Brocke, die das Haus von 1988 bis 2011 leitete, die der Ausstellung mit einem Blick auf das heutige Judentum einen neuen Akzent verlieh und mit den Donnerstagsgesprächen lebhafte Diskussionen anzettelte.

Über 100 Jahre Alte Synagoge

Synagoge, Friedenskirche und Jahrhundertbrunnen, 1920er Jahre.
Synagoge, Friedenskirche und Jahrhundertbrunnen, 1920er Jahre. © Alte Synagoge | Unbekannt
Die Alte Synagoge gehört zu den größten, besterhaltenen und architektonisch beeindruckendsten Zeugnissen jüdischer Kultur der Vorkriegszeit in Deutschland.
Die Alte Synagoge gehört zu den größten, besterhaltenen und architektonisch beeindruckendsten Zeugnissen jüdischer Kultur der Vorkriegszeit in Deutschland. © Kerstin Kokoska | Kerstin Kokoska
Die Alte Synagoge liegt in  Essen unweit der Altkatholischen Kirche (rechts) in der Innenstadt.
Die Alte Synagoge liegt in Essen unweit der Altkatholischen Kirche (rechts) in der Innenstadt. © Kerstin Kokoska | Kerstin Kokoska
Die Alte Synagoge gehört zu den größten, besterhaltenen und architektonisch beeindruckendsten Zeugnissen jüdischer Kultur der Vorkriegszeit in Deutschland.
Die Alte Synagoge gehört zu den größten, besterhaltenen und architektonisch beeindruckendsten Zeugnissen jüdischer Kultur der Vorkriegszeit in Deutschland. © Sebastian Konopka | Unbekannt
Die Alte Synagoge gehört zu den größten, besterhaltenen und architektonisch beeindruckendsten Zeugnissen jüdischer Kultur der Vorkriegszeit in Deutschland.
Die Alte Synagoge gehört zu den größten, besterhaltenen und architektonisch beeindruckendsten Zeugnissen jüdischer Kultur der Vorkriegszeit in Deutschland. © Sebastian Konopka | Unbekannt
Die Alte Synagoge gehört zu den größten, besterhaltenen und architektonisch beeindruckendsten Zeugnissen jüdischer Kultur der Vorkriegszeit in Deutschland.
Die Alte Synagoge gehört zu den größten, besterhaltenen und architektonisch beeindruckendsten Zeugnissen jüdischer Kultur der Vorkriegszeit in Deutschland. © Unbekannt | Unbekannt
Die Grundsteinlegung am 11. Juli 1911.
Die Grundsteinlegung am 11. Juli 1911. © Stadtbildstelle Essen | Unbekannt
Die Alte Synagoge circa 1918.
Die Alte Synagoge circa 1918. © Alte Synagoge | Unbekannt
Eine historische Postkarte zeigt die Alte Synagoge neben der Altkatholischen Kirche und dem Jahrhundertbrunnen.
Eine historische Postkarte zeigt die Alte Synagoge neben der Altkatholischen Kirche und dem Jahrhundertbrunnen. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
Synagoge, Friedenskirche und Jahrhundertbrunnen, 1920er Jahre.
Synagoge, Friedenskirche und Jahrhundertbrunnen, 1920er Jahre. © Alte Synagoge | Unbekannt
Eine weitere historische Aufnahme der Alten Synagoge.
Eine weitere historische Aufnahme der Alten Synagoge. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
Ein Blick in die Synagoge an der Alfredistraße.
Ein Blick in die Synagoge an der Alfredistraße. © WAZ Fotopool | WAZ Fotopool
Eine Innenansicht auf die Alte Synagoge mit der prägenden Kuppel.
Eine Innenansicht auf die Alte Synagoge mit der prägenden Kuppel. © WAZ Fotopool | WAZ Fotopool
Eine weitere historische Aufnahme der Alten Synagoge. 2013 feiert sie ihren hundertjährigen Geburtstag.
Eine weitere historische Aufnahme der Alten Synagoge. 2013 feiert sie ihren hundertjährigen Geburtstag. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
Hier eine Aufnahme der durch den Zweiten Weltkrieg beschädigten Alten Synagoge in Essen.
Hier eine Aufnahme der durch den Zweiten Weltkrieg beschädigten Alten Synagoge in Essen. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
Hier eine Aufnahme der durch den Zweiten Weltkrieg beschädigten Alten Synagoge in Essen.
Hier eine Aufnahme der durch den Zweiten Weltkrieg beschädigten Alten Synagoge in Essen. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
Der zerstörte Hauptraum, circa 1945
Der zerstörte Hauptraum, circa 1945 © Alte Synagoge | Unbekannt
Der zerstörte Hauptraum mit der Sukkah (Laubhütte), circa 1948.
Der zerstörte Hauptraum mit der Sukkah (Laubhütte), circa 1948. © Alte Synagoge | Unbekannt
Hier ein historisches Bild der Alten Synagoge. Aus der Zeit vor der Neueröffnung im Jahr 2008.
Hier ein historisches Bild der Alten Synagoge. Aus der Zeit vor der Neueröffnung im Jahr 2008. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
Hier ein historisches Bild der Alten Synagoge. Aus der Zeit vor der Neueröffnung im Jahr 2008.
Hier ein historisches Bild der Alten Synagoge. Aus der Zeit vor der Neueröffnung im Jahr 2008. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
Das Bild zeigt eine Außenansicht des Gebäudes.
Das Bild zeigt eine Außenansicht des Gebäudes. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
Dieses Bild zeigt die hebräische Inschrift über dem Thora-Schrein. Sie lautet:
Dieses Bild zeigt die hebräische Inschrift über dem Thora-Schrein. Sie lautet: "Bedenke, vor wem Du stehst!" © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
Auf der ehemaligen Orgelempore können Besucher liegend Projektionen betrachten.
Auf der ehemaligen Orgelempore können Besucher liegend Projektionen betrachten. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
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Dieses Bild zeigt das historische Fensterornament der Alten Synagoge in Essen.
Dieses Bild zeigt das historische Fensterornament der Alten Synagoge in Essen. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
Edna Brock war für viele Jahre die Leiterin der Alten Synagoge.
Edna Brock war für viele Jahre die Leiterin der Alten Synagoge. © WAZ Fotopool | WAZ Fotopool
Eine weitere historische Aufnahme der Alten Synagoge.
Eine weitere historische Aufnahme der Alten Synagoge. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
Haus Industrieform, 1960 - 1979
Haus Industrieform, 1960 - 1979 © Stadtbildstelle Essen | Unbekannt
Haus Industrieform, 1960 - 1979
Haus Industrieform, 1960 - 1979 © Stadtbildstelle Essen | Unbekannt
Stadterneuerung in Essen: Der  Porscheplatz gegen Ende der 1970er Jahre mit dem Kern des Rathauses und rechts der Synagoge (rechts). Repro: Meike Allekotte/WAZ FotoPool
Stadterneuerung in Essen: Der Porscheplatz gegen Ende der 1970er Jahre mit dem Kern des Rathauses und rechts der Synagoge (rechts). Repro: Meike Allekotte/WAZ FotoPool © Unbekannt | Unbekannt
Gedenkstätte Alte Synagoge, 1980
Gedenkstätte Alte Synagoge, 1980 © Stadtbildstelle Essen | Unbekannt
Eine weitere historische Aufnahme der Alten Synagoge.
Eine weitere historische Aufnahme der Alten Synagoge. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
"Denn ein Stein wird aus der Wand schreien." © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
Zur Eröffnung der Alten Synagoge Essen als Haus der jüdischen Kultur findet 2010 eine Feier mit Ehrengästen statt.
Zur Eröffnung der Alten Synagoge Essen als Haus der jüdischen Kultur findet 2010 eine Feier mit Ehrengästen statt. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
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Als Haus jüdischer Kultur beheimatet die Alte Synagoge auch zahlreiche Ausstellungen. Hier steht die ehemalige Leiterin Edna Brocke neben einer Projektion, die jüdische Volkstänze zeigt.
Als Haus jüdischer Kultur beheimatet die Alte Synagoge auch zahlreiche Ausstellungen. Hier steht die ehemalige Leiterin Edna Brocke neben einer Projektion, die jüdische Volkstänze zeigt. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
Eine Podiumsdiskussion in der Alten Synagoge in Essen (von links): Bundestagspräsident Norbert Lammert, Oliver Scheytt und Prof. Dr. Bassam Tibi
Eine Podiumsdiskussion in der Alten Synagoge in Essen (von links): Bundestagspräsident Norbert Lammert, Oliver Scheytt und Prof. Dr. Bassam Tibi © Remo Bodo Tietz, NRZ | Remo Bodo Tietz, NRZ
Eine Gedenkveranstalltung zur Pogromnacht der Stadt Essen in der Alten Synagoge.
Eine Gedenkveranstalltung zur Pogromnacht der Stadt Essen in der Alten Synagoge. © WAZ FotoPool | Remo Bodo Tietz, NRZ
Hier wird die Alte Synagoge für anstehende Umbauten eingezäunt.
Hier wird die Alte Synagoge für anstehende Umbauten eingezäunt. © WAZ FotoPool | Remo Bodo Tietz; NRZ
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