Essen. . Robert Redford verfilmt Neil Gordons Roman „The Company You Keep – Die Akte Grant“: seltsam statisch, aber prominent besetzt mit Nick Nolte, Susan Sarandon, Richard Jenkins, Sam Elliott oder Brendan Gleeson. Unterm Strich fällt das aber so spannend aus wie ein Besuch im Altenheim.
Irgendwo hat alles seinen Ursprung. Als sich 1969 angesichts des immer fürchterlicher werdenden Vietnamkrieges Teile der Linken in den USA den Aktionsnamen „Weathermen“ gaben, da erwiesen sie Bob Dylan ihre Reverenz. Der hatte vier Jahre zuvor im „Subterranean Homesick Blues“ die wunderbare Zeile eingestreut, dass man keinen Wetterfrosch („Weatherman“) brauche, um zu wissen, woher der Wind weht.
Die Weathermen, nicht vergleichbar mit der sehr viel rigoroseren Baader-Meinhof-Bande, waren dennoch gewaltbereit. Nun hat sich Hollywoods Vorzeige-Linker Robert Redford (76) mit seinem Film „The Company You Keep – Die Akte Grant“ des Themas angenommen. Und da er nicht mehr der Jüngste ist, wurde es ein Film über die Begegnung von alten Gefährten.
Redford gegen den Trend
Konsequent stemmt sich Redford damit gegen den Trend im amerikanischen Kino, die USA nur noch als Zielscheibe eines von außen koordinierten Terrors zu betrachten. „The Company You Keep“ zeigt, dass es in der Vergangenheit sehr wohl auch Widerstand von innen gab. Nicht als Terror, aber als wütender, auch bewaffneter Protest gegen eine Politik, bei der von Demokratie nicht mehr viel zu spüren war. Wahrscheinlich hätte kein Studio auch nur einen Pfifferling für die Verfilmung von Neil Gordons gleichnamigem Roman gegeben, hätte sich nicht ein Redford in die Bresche geworfen.
Nun spielt er selbst in seinem Film den betagten Bürgerrechtsanwalt Jim Grant, nebenbei auch allein erziehender Vater einer elfjährigen (!) Tochter, der plötzlich merkt, dass das FBI die Hoffnung nicht aufgegeben hat, auch die letzten „Weathermen“ von einst noch dingfest zu machen.
Ständig auf der Flucht vor dem FBI
Den Anstoß gibt die Entscheidung der ehemaligen Aktivistin Sharon Solarz (Susan Sarandon), das jahrzehntelange Versteckspiel zu beenden und sich der Polizei zu stellen. Sie ist so etwas wie die Ouvertüre dieses Films.
Grant, dessen wahrer Name Nick Sloan lautet, ist noch schlimmer dran – er wird wegen eines Gewaltverbrechens gesucht. Sloan soll bei einem Banküberfall einen Wachmann erschossen haben.
Nach der Verhaftung von Solarz entdeckt der ehrheizige Jungreporter Shepard (Shia LaBeouf) sehr schnell, dass sich hinter diesem Täter von einst der Anwalt Grant verbirgt. Nick tut das, was er auch früher schon gemacht hat: Er taucht unter, befindet sich fortan ständig auf der Flucht vor Shepard und dem FBI in Gestalt des zähen Ermittlers Cornelius (Terrence Howard), will zugleich aber auch seine Unschuld beweisen.
Spannend wie ein Besuch im Altenheim
Diesem wackeren, aufrechten Anwalt nimmt man ohnehin kaum ab, dass er sich mal in radikaler Umgebung getummelt haben soll. Ebenso wie man Redford nicht mehr abnimmt, einen auf Schnelligkeit und Thrill aufgebauten Stoff adäquat inszenieren zu können. Hier wirkt selbst das Abtauchen seltsam kraftlos und statisch. Und die heimlichen Besuche bei seinen Freunden von einst, der eigentliche Höhepunkt des Films, sie sind spannend wie ein Besuch im Altenheim.
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Natürlich ist es für Zuschauer ab einem gewissen Alter schön, im Kino auf Schauspieler zu treffen, mit denen man die Jahrzehnte durchlebt hat. Redford aber zeigt sie so vor, als seien sie alle nur Besetzungscoups – mal Nick Nolte als grimmiger Alt-Radikaler, mal Richard Jenkins, der heute als Professor lehrt, mal Sam Elliott, mal Brendan Gleeson.
Und dann Julie Christie als geheimnisvolle Mimi, von der alle sprechen – damals die Radikalste und nun plötzlich leibhaftig in der Tür stehend. Es ist der Moment, auf den der Film hingearbeitet zu haben scheint, zwischen ihr und Nick muss mal etwas sehr Romantisches gewesen sein, obwohl dieser Begriff wohl nicht im Handbuch der „Weathermen“ gestanden haben dürfte.
Es sieht so aus, also ob er damals ein Mitläufer aus einer verrückten Liebe heraus war. Schön, dass Redford uns den Ausblick auf Julie Christie und eine solche „amour fou“ noch schenkt. Trotzdem fragt man sich am Ende, warum in einem derart politischen Film so wenig von Politik die Rede ist.