Essen. Sie macht sich selten. Umso kostbarer sind ihre Auftritte. Ein beglückendes Konzert gab Maria João Pires jetzt beim Klavierfestival Ruhr, für das sie zuletzt vor 18 Jahren gespielt hatte.

Zierlich wirkt sie, ihr Lächeln ist sanft, strahlt Bescheidenheit aus. Ihr Musizieren wird kein Muskelspiel werden, soviel steht schon fest, wenn die portugiesische Pianistin Maria João Pires das Podium betritt.

Dann beginnt ihre Deutung des f-moll-Klavierkonzerts von Chopin, und wir hören eher den scheuen Salonkomponisten als einen draufgängerischen Virtuosen. Schön ist das, ungeziert, mehr und mehr schafft es Pires, dem Salon das schwere Parfüm zu nehmen, jede Sentimentalität zu meiden. Ebenso fremd ist ihr hohle Dramatik.

Das Publikum wird beseelt

Es ist ein Glücksfall, dass das Klavier-Festival Ruhr die Portugiesin, die in Brasilien lebt, nach 18 Jahren erneut für ein Konzert gewinnen konnte. Weil das Publikum in Essens Philharmonie beseelt wird von Pires’ sensiblem Zugriff auf Chopins Musik, ohne dass sie dabei gleich in die Kitschfalle tappt. Virtuosität ist für sie andererseits niemals Selbstzweck. Mögen zu Beginn die brillanten Figurationen des Konzerts noch verschleiert klingen, gelingen der Solistin zunehmend klare Klangeffekte. Die innig ausformulierte Melancholie des Mittelsatzes berührt unmittelbar.

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Pires’ Partner ist das Kammerorchester Basel unter Leitung des englischen Dirigenten Trevor Pinnock. Das kleine Ensemble scheint ideal für Chopins eher intime Musiksprache und die Sensibilität der Solistin. Leider neigt der Dirigent dazu, das Blech ordentlich knarzen zu lassen und nur bedingt auf dynamische Balance zu achten. Orchestrales Protzen trifft auf solistisch Sublimes. Wie gut nur, dass Pires uns mit einem Chopin-Nocturne versöhnlich die Seele streichelt – ein Solorezital, das wär’s einmal.

Der Dirigent neigte zur Hast

Dirigent Pinnock und seine Musiker haben im Übrigen ein handfestes Wagnersches Waldweben namens „Siegfried-Idyll“ im Gepäck sowie Mozarts straff, kantig und rhythmisch pointiert interpretierte Jupiter-Sinfonie. Doch Pinnock und die Seinen neigen zur Hast, oft auf Kosten der Präzision. Solcherart Fahrlässigkeit würde sich Maria João Pires nie erlauben.