Köln. . Das Museum Ludwig zeigt Saul Steinbergs Mega-Wandbild „The Americans“ erstmals wieder komplett. Der in Rumänien geborene Steinberg entwarf das 70 Meter breite Werk für den US-amerikanischen Pavillon zur Weltausstellung 1958 in Brüssel – der ersten nach dem Zweiten Weltkrieg.
Cool sein, cool bleiben, das ist keine Kunst für notorische Sieger oder für die Reichen und Schönen dieser Welt. Richtig cool ist nur der Verlierer, der seine Gelassenheit, seinen Stolz, seine Unbefangenheit der Niederlage abtrotzt, den widrigen Umständen. Der uncoolen Welt eben. Deshalb sind Saul Steinbergs „The Americans“ so etwas wie Kunst gewordene Coolness in über 70 Metern Breite, bei auch nicht zu verachtenden drei Metern Höhe. Mit diesem Mega-Wandbild strotzte der US-amerikanische Pavillon zur ersten Weltausstellung nach dem Zweiten Weltkrieg 1958 in Brüssel vor Selbstbewusstsein und auch vor Selbstvertrauen.
Dabei rannte damals die halbe Welt unter dem nagelneuen Atomium, dieser größten städtebaulichen Überflüssigkeit seit dem Eiffelturm, doch zum russischen Pavillon. Denn die UdSSR hatte gerade mit zwei Sputniks den Weltraum erobert und den USA eine traumatische Niederlage zugefügt.
Steinberg bekam die Dimensionen leichthändig in den Griff
Und wie reagierten die Amerikaner? Sie beauftragen ausgerechnet den in Rumänien geborenen Saul Steinberg (1914-1999) mit der Selbstdarstellung der Nation: Jenen Mann also, der lässige, freche, ja übermütige Cartoons und Titelbilder für die Zeitschrift „The New Yorker“ gezeichnet hatte, bis hin zum legendären Bild, das den Blick durch die Straßenschluchten New Yorks auf den Hudson schweifen lässt und dann im Hintergrund über den amerikanischen Kontinent und den Pazifik bis nach Russland, China und Japan schweifen lässt („View of The World from 9th Avenue“), eine Art Wimmelbild für Erwachsene, inzwischen längst ein beliebtes, oft variiertes Poster-Motiv.
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Der Mann bekam die amerikanischen Dimensionen eben leichthändig in den Griff. Sein friesartiges Wandbild stellte sich von der Form her frech in eine Jahrtausende alte Tradition der kultivierten Selbstdarstellung, von den Pharaonen des alten Ägypten über das Griechenland der Perserkriege bis zu den Mayas des amerikanischen Kontinents. Aber ohne jede Ehrfurcht. Steinberg ließ Zeichnungen vergrößern und collagierte auf der Wand munter drauflos, mit Comics und Tapeten, Packpapier und Fotos, Wachskreide und Pastellfarbe, Tusche und Öl. Er lässt Farmer breit- und gelockte Schönheiten langbeinig unter Cowboyhüten paradieren, ein Baseballstadion ist genauso zu erkennen wie Wolkenkratzer, die Automobilisierung des Alltags und Blockhaus-Idyllen, alles ein bisschen großmäulig und hochironisch zugleich, ein zwinkerndes Spiel mit der Oberflächlichkeit von Pop- und Esskultur der Vereinigten Staaten.
In acht Teile zerschnitten
Dieses heiterkritische Monument der großzügigen Gelassenheit wurde nach Ende der Weltausstellung in acht einzelne Teile zerschnitten – und ist nun wieder im Kölner Museum Ludwig aufgestellt, in versetzten Teilen, aber vollständig. Ergänzt wird diese Rekonstruktion um wahrlich sehens- wie schmunzelnswerte Zeichnungen und Karikaturen von Saul Steinberg, aber auch um Fotos, die schwarz aufgemalte Umrisse einer Nackten in seiner Badewanne zeigen. Oder Striche an der Wand, die aus Schemeln und Hockern drei Katzen machen. Und nicht zuletzt Steinbergs berühmte Papiermasken, die er aus den Ikonen des amerikanischen Konsums bastelte, den braunen Papiertüten. Auch ein innovatives Kunst-Format.
Saul Steinberg: The Americans. Museum Ludwig, Heinrich-Böll-Platz, Köln: Bis 23. Juni , di-so 10 -18 Uhr. Eintritt: 10 Euro, erm. 7 Euro. Katalog: 36 Euro.