Bochum. . „Im Dickicht der Städte“ gehört zu den Frühwerken von Bertolt Brecht, entstanden ist es zwischen 1921 bis 1924. Für Regisseur Roger Vontobel war es in Bochum eine Ausweicharbeit. Sein eigentliches Projekt „Hedda Gabler“ konnte er wegen der Erkrankung einer Schauspielerin nicht realisieren.

„Ich werde das Stück auch jetzt nicht verstehen“, soll Roger Vontobel im Vorfeld seiner Bochumer Inszenierung von Brechts „Im Dickicht der Städte“ gesagt haben. Vielleicht liegt es daran, dass seine Einrichtung an Rätseln groß bleibt und sich der Sinn des Ganzen dem Zuschauer nicht so recht erschließen will. Dabei hatte Vontobel diesen frühen Brecht bereits 2011 schon einmal in Paris eingerichtet, für Bochum brauchte es also nur noch einer Überarbeitung.

„Große mythische Vergnügung“

Genutzt hat es nicht viel. „Der Kampf zweier Männer in der Riesenstadt Chicago“ hat Brecht sein Stück untertitelt. Eine Anspielung wohl auf den Boxsport, der dem Autor nach 1920 als „große mythische Vergnügung“ viel Spaß bereitet hat. Aber von einem wirklichen Kampf zwischen dem asiatischen Holzhändler Shling (Matthias Redlhammer) und dem kleinen Angestellten George Garga (Florian Lange) ist eigentlich nicht viel zu spüren. Laut Brecht liegt es wohl an der „Vereinsamung in der Großstadt“, dass Shlink sich ein perfides Spiel einfallen lässt, um den geistig nicht sehr großzügig ausgestatteten Garga in die Knie zu zwingen.

Die Freundin wird zur Hure

Als er es mit Geld nicht schafft, den Angestellten zu erniedrigen, führt er ihm kurzerhand seine angetrunkene Freundin als Hure vor und konfrontiert ihn mit der Tatsache, dass seine Schwester bei ihm wohl nicht nur als Hausmädchen arbeitet. Garga will wegrennen vor diesem Zerfall seines Lebens, landet am Ende jedoch nur nackt und bloß in den Fängen seines Peinigers.

Da ist kein Widerstand zu spüren, dem sonst so überzeugenden Florian Lange bleibt hier von Anfang an nur die eindimensionale Ausdrucksskala des schwitzenden, hitzigen Prolls – selbst als Shlink ihm seine Firma überantwortet, um endlich vom Spiel mehr gefordert zu werden. Denn dieser dampfend dumme Garga ist ihm in dieser Inszenierung nun wahrlich kein ebenbürtiger Gegner. Und wenn er ihm schließlich seine Existenz vollends raubt, ist auch da keine Steigerung der Emotion mehr möglich. Das Opfer hat all sein bisschen Kraft bereits verschossen.

Lauter zweifelhafte Regieeinfälle

So versinkt denn der Sinn von Brechts ohnehin befremdlichem Konstrukt in lauter zweifelhaften Regieeinfällen. Die reichen von Gargas Eltern als fettem, Chips fressendem Prekariat über das finale Absinken der Gegner auf die Primatenstufe bis hin zur Live-Gitarrenmusik (Daniel Murena), die schläfrig einen Sound zu finden sucht, dem ganzen aber keinen Rhythmus geben kann. Am Ende hat man zumindest begriffen, dass zwei Stunden sehr lang sein können.