Stuttgart/Karlsruhe. Mit dem Rückenwind von vier Oscars stürmt “The King's Speech“ die deutschen Theaterbühnen. Allein im Südwesten wird es parallel in drei Häusern gezeigt. Die Regisseure gehen aber davon aus, dass der Hype nicht allzu lange währen wird.

Der Umweg über den Film hat sich für David Seidlers Theaterstück "The King's Speech" gelohnt. Nachdem der Streifen mit Colin Firth in der Hauptrolle 2011 vier Oscars abgeräumt hat, gieren die Bühnen nach dem Werk. "Das Publikum weiß, was es erwartet - ähnlich wie bei einem Klassiker", beschreibt Ingmar Otto den Reiz. Der Intendant des Karlsruher Kammertheaters hat das Stück für sein Haus inszeniert und Ende 2012 - kurz nach der erfolgreichen Deutschlandpremiere im Hamburger St.-Pauli-Theater - bereits 30 mal gezeigt.

Theater springt auf Hype an

Jetzt steht das Stück um den stotternden britischen König Georg VI (1895-1952) weitere sieben Wochen auf dem Programm. Parallel dazu kommt es in den benachbarten Städten Stuttgart und Pforzheim auf die Bühne sowie in etlichen anderen deutschen Theatern. "Natürlich sind wir auf den Hype aufgesprungen", gibt Otto offen zu. "In Zeiten, in denen Theater auf's Geld achten müssen, ist so ein Publikumsmagnet mehr als willkommen."

Das sieht der Intendant der Ettlinger Schlossfestspiele, Udo Schürmer, genauso, der die Geschichte als Gastregisseur für das Alte Schauspielhaus in Stuttgart umsetzt (ab 7. Februar). "Außerdem war der Verleger sehr fleißig: Er hat das Stück wirklich allen Theatern angetragen."

Menschennahe Geschichte mit politischem Hintergrund

Doch all die Werbung würde nicht fruchten, wenn "The King's Speech" keine Qualitäten hätte. "Es ist zum einen die Geschichte des amerikanischen Traums: der Aufstieg eines gescheiterten Schauspielers zum Coach des Königs", erläutert Otto. "Und auf der anderen Seite lernt der König das Leben der normalen Bürger kennen. Da menschelt es immer."

The King's Speech

The King's Speech. © Senator
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Für Schürmer lebt das Stück von den beiden interessanten Charakteren, die aus verschiedenen Schichten kommen: die Missverständnisse, die Kränkungen und am Ende doch die Freundschaft. Für einen zusätzlichen Reiz sorgt, dass es die wahre Geschichte von König Georg VI ist, dem Mann der vor wenigen Jahren gestorbenen "Queen Mum". "Das sorgt für eine politische Komponente im Hintergrund", sagt Schürmer. Und für manche Irritation. "Die Sympathie von Georgs Bruder Edward mit den Nazis etwa führt bei Zuschauern immer wieder zur Verwunderung", erzählt Otto.

Mehr Handlungen als im Kino

Dass ihre Inszenierungen der Konkurrenz mit einem Film und berühmten Schauspielern standhalten müssen, sehen die Theatermacher nicht als Problem. "Es kostet zwar ein paar schlaflose Nächte, aber am Ende zeigt sich, dass die Zuschauer vom Theater etwas anderes erwarten als vom Kino", sagt Otto. Ein großer Vorteil von "The King's Speech" ist für ihn, dass es ursprünglich für die Bühne geschrieben wurde. "Da war ein Theaterkenner am Werk." Auf der Bühne seien deshalb auch ein bis zwei Handlungsstränge mehr als im Kino zu sehen.

"Ich hoffe, dass unsere Zuschauer den Film vergessen und sich der Faszination des Theaters hingeben: Wie wir es schaffen, die Bühne in 30 bis 40 unterschiedliche Schauplätze zu verwandeln", sagt Schürmer. Dabei stört es ihn nicht, dass in der Region gleich mehrere Häuser das Stück auf den Spielplan genommen haben. "Jedes Theater hat sein eigenes Publikum. Da nehmen wir uns nichts."

Zweifel an Zukunft von "The King's Speech"

Wie lange die Neugier auf das Stück anhalten wird, können die Regisseure schwer abschätzen. "Ich vermute, dass es in 20 Jahren nicht mehr allzu rege nachgefragt wird", sagt Otto. "Im Moment trifft es den Zeitgeist, aber eine allzu große Zukunft gebe ich ihm nicht." Schürmer beurteilt das ähnlich. "Es gibt einfach sehr viele gute, menschliche Geschichten für das Theater - und jedes Jahr kommen etliche neue hinzu." (dpa)