Bochum. . Am Theater Bochum verbindet Julio César Iglesias Ungo in seiner Choreografie „Out of Body“ Schauspiel und Tanz. Sie ist die dritte Arbeit der Kooperation des Schauspielhauses Bochum mit dem Herner Tanztheater Pottporus/Renegade.

Alles nur Augenwischerei? Vielleicht. Aber auch eine trügerische Erscheinung ist einen Blick wert, sagt der Conférencier im schummrigen Licht der Taschenlampe. Also hebt sich der eiserne Vorhang, gegen den die Geister der Erinnerung hämmern als wär’s des Gastgebers Schädeldecke. Es sind kuriose Kopfgeburten, die 70 Minuten auf der Bühne der Bochumer Kammerspiele die Reise ins Innere zur Gruselfahrt gestalten. Tanzende Höllenhunde, akrobatische Angstfiguren.

Entworfen hat sie Julio César Iglesias Ungo. Seine Körpersprache ist eine der energiegeladenen Extreme. Das zeigte der 30-jährige Kubaner als Tänzer unter anderem bei den radikal physischen Arbeiten von Wim Vandekeybus.

Kooperation Bochum und Herne

Seine Choreografie „Out of Body“ ist die dritte Arbeit der Kooperation des Schauspielhauses Bochum mit dem Herner Tanztheater Pottporus/Renegade. Bochums Intendant Anselm Weber holte die Street Art-Kompanie als Residenten ans Haus, um Schauspiel und Tanz, um Stadttheater und freie Szene enger zu verbinden. Die Zusammenarbeit ist erfolgreich. Sie holt nicht nur ein tanzinteressiertes Publikum nach Bochum.

Ungo führt diesmal nicht nur Tanztheater und Breakdance zusammen. Er widmet sich auch dem gesprochenen Wort. Es sind gedankenschwere Sätze, die Schauspieler Krunoslav Šebrek als Gastgeber dem Publikum mitteilt. „Glauben Sie nicht, sie könnten etwas wirklich wissen, bevor es zu spät ist“: Alles ist auf Mystik ausgelegt.

Dachboden voller Erinnerungen

Die Geister auf seinem „Dachboden voller Erinnerungen“ sind seltsame Schimären: Ein Gefühlologe ohne Sinn für Realität, der Wasserflaschen sammelt, weil „sie die Leere in mir füllen“. Ein regennasses Mädchen, das sich in der Schmetterlingssammlung des Vaters gefangen fühlte, dem die Insekten in Haut und Identität gingen, wie sie mit Tüte über dem Kopf erzählt. So wird jede Extrememotion erklärt und bebildert, bis sie kaum mehr nachfühlbar ist.

Tanz der Zombies

Ungo lässt die verletzten, animalischen Figuren schreien, gegen die Wand rennen, zu Boden stürzen. Ein Tanz der Zombies, der nur dann berührt, wenn das Unbewusste nicht bewusst gedeutet ist. Wenn sich die Tänzer zur hämmernden Musik von Rasmus Nordholt voller Sprungkraft in eine Glasbox quetschen wie Albträume, die das menschliche Hirn ansaugt und wieder abstößt. Oder wenn Ungo Gruppenformationen choreografiert, die Wahnsinn als ein In-die-Welt-Geworfensein sichtbar machen. Aber diese Momente gehen unter in einem Wust an großen Worten und unstrukturiert nebeneinander her laufenden Szenen.

Die Verbindung von Schauspiel und Tanz ist keine neue, aber eine vielversprechende Idee. Hier allerdings hat der Text dem Tanz das Mystische genommen.

Termine: 24., 27. Januar, 15. Februar. Karten: 0234 / 33335555, www.schauspielhausbochum.de