Oberhausen. . Die „Tintenwelt“-Erfinderin ist nicht nur die berühmteste deutsche Kinderbuchautorin. Sie hat eigentlich Zeichnerin gelernt und illustriert auch heute noch viele ihrer Romane selbst. Die Ausstellung „Tintenherz, Wilde Hühner und Gespensterjäger“ in der Ludwig Galerie Oberhausen zeigt mehr als 400 Originale.

Mit ihr kamen nicht nur Feen, Drachen und Gespenster in die Kinderzimmer, sondern auch viele, viele Bücher. Cornelia Funke hat über 70 geschrieben mit einer weltweiten Auflage von rund 20 Millionen, darunter „Die Wilden Hühner“, „Herr der Diebe“ und „Tintenherz“. Doch die gebürtige Dorstenerin lässt ihre Geschichten nicht nur mit Worten lebendig werden. Einen Großteil ihrer Romane illustriert die Kinderbuchautorin selbst. Die Ludwiggalerie im Schloss Oberhausen zeigt nun diese Seite des Doppeltalents in einer Ausstellung.

Zum ersten Mal werden in einer Schau so umfassend Funkes Illustrationen ausgestellt, von den Anfängen in den späten 80ern, als sie noch fremde Bücher bebilderte, bis zum vergangenen Jahr, als ihr zweiter „Reckless“-Band erschien – eine Fantasy-Reihe, in der viele Märchenfiguren der Brüder Grimm aufeinandertreffen.

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© WAZ FotoPool

Über 400 Originale

Über 400 Originale sind zu sehen, darunter zahlreiche Entwürfe, die nie veröffentlicht wurden. Entwicklungsstufen werden deutlich, von der ersten Idee bis zur Buchstaben-Collage auf dem Cover ihrer „Tintenwelt“. Viele Bilder sind kleiner als ein Handteller, und doch zeichnet Funke bis ins Detail. Wer nahe genug ans Bild herangeht, sieht auch die winzigen, schraffierten Schuppen eines Drachen.

Cornelia Funke liebt die extreme Perspektive, ohne sie zu verfälschen. Wir schauen eine Wendeltreppe hin­unter bis ins Unendliche, seilen uns mit Kobolden in eine Höhle hin­ab und sehen tief in den Schlund eines riesigen Drachen. Auch mit Bildern erzeugt Funke Spannung.

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Die ersten Bilder hat sie in leuchtenden Farben gemalt. Die Tintenwelt-Trilogie zeichnete sie – wie sollte es anders sein – mit Tinte. Nach und nach verschwindet die Farbe. „Generell bin ich eher ein Zeichner“, sagt Cornelia Funke im Gespräch mit dieser Zeitung. „Mein Talent ist das Arbeiten in Schwarz-Weiß. Natürlich arbeite ich auch gern in Farbe und habe das für Buchumschläge oft getan. Aber dort werden mir meine Grenzen sehr schnell bewusst. Gerade Farbe verlangt so viel Technik, so viel Wissen über das Material.“

Mit weichem Bleistift

Ihr wahres Können zeigt die 54-Jährige heute mit dem weichen Bleistift. Die düsteren Grafitzeichnungen zu ihrer aktuellen Buchreihe „Reckless“ wirken so mystisch schimmernd wie die Spiegelwelt selbst, in die sie ihre Romanhelden Jacob und Will ziehen lässt. „Fuchs“, die Gestaltenwandlerin, schaut einen durchdringlich an.

Dass Cornelia Funke heute in den USA lebt, spiegelt sich in neueren Bildern wider. Unverkennbar: das Chrysler Building in New York als Kontrast zum verspielten Kuppelgebäude daneben – ein Symbol für ihre Spiegelwelt.

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Parallelwelten interessierten Funke schon immer. Auch das zeigt die Ausstellung. Bereits am Anfang finden sich Landkarten von Orten, die es zunächst nur im Kopf der Autorin gab.

Dass Cornelia Funke nichts dem Zufall überlässt, steht am Rand vieler Zeichnungen geschrieben. So hat sie neben einer angelnden Kröte und einem mürrisch blickenden Grashüpfer mit Zylinder notiert: „Ich denke immer noch, dass die kleinen Kreaturen . . . sich gut als Vignetten machen würden!“ Ausrufezeichen!

Cornelia Funke ist kritisch. Auch mit sich selbst: „Irgendwann muss man sich sagen: Du kannst nur eins richtig, mit Leidenschaft und gründlich machen – und das ist bei mir nun mal das Schreiben.“