Lüdenscheid.

Merkwürdig, merkwürdig, was mit Moritz, genannt Motte, passiert! Erst juckt und zwickt die ganze Haut. So heftig, dass er es kaum aushalten kann. Dann verwandelt sich seine Hand in eine struppige Klaue. Plötzlich kann er schneller rennen, besser riechen und hören als zuvor. Überdies wächst ihm ein struppiger Dreitagebart. Freundin Lina, die die Anzeichen zu deuten weiß, ist alarmiert. Für sie besteht kein Zweifel, dass der tollwütige Hund, der den schüchternen Moritz gebissen hat, ein Werwolf war.

Bevor aus Motte in der nächsten Vollmondnacht selbst ein „Kleiner Werwolf“ wird, muss ein Gegenmittel her. Mit viel Humor würzte das Westfälische Landestheater Castrop-Rauxel am Mittwoch im Kulturhaus seine Werwolfgeschichte nach dem bekannten Kinderbuch von Cornelia Funke, die in einer Bühnenfassung von Erik Schäffler und Uwe Schade zu sehen war.

Selbst der Boxer nimmt Reißaus

Daniel Printz schlüpfte vor voll besetzten Rängen in die Rolle des gebissenen Motte, der gemeinsam mit Freundin Lina einen spannenden Wettlauf gegen die Zeit antrat. Nachts verwandelte er sich mehr und mehr in einen Wolf, vor dem selbst der kläffende, angriffslustige Boxer im eigenen Elternhaus ängstlich Reißaus nahm. Tagsüber waren die Klauen und buschigen Augenbrauen – Anzeichen seiner Verwandlung – fort. Nur die Sinne blieben in Alarmbereitschaft. Knäckebrot zum Frühstück hörte sich da wie ein gewaltiges Gewitter an, dessen Lautstärke kaum noch auszuhalten war.

Obwohl es im Stück – für kleine Zuschauer ab sechs Jahren gedacht – kein Blutvergießen wie bei anderen Werwolfgeschichten gab, spielte der Gruselfaktor doch eine maßgebliche Rolle. Der Witz der Inszenierung von Karin Eppler, die zum Mitdenken anregte und manches der Vorstellungskraft der Kinder überließ, übertrumpfte jedoch die schaurigen Momente. Vor schlichtem Bühnenbild (Marc Mahn) kämpfte Motte gegen sein Werwolf-Dasein an. Schattentheater, Geräusche, verzerrte Stimmen und Musik zogen die Gäste aus Castrop-Rauxel heran, um das Drei-Personen-Stück zu beleben und die Aufmerksamkeit der kleinen Zuschauer aufrecht zu erhalten.

Zwischen Erzählung und szenischem Spiel pendelte das Geschehen. Anschaulich brachte Daniel Printz Mottes allmähliche Verwandlung, seine Verzweiflung und Unsicherheit, aber auch das neue Gefühl von Stärke und Furchtlosigkeit zum Ausdruck. Schien der Mond – und nicht nur dann – fing er an zu heulen wie ein Wolf. Etwas, was nach dem Stück auch kleine Zuschauer versuchten.

Als Lina und Mutter meisterte Julia Panzilius im Stück einen doppelten Part. Unerschrocken stand Lina zu ihrem Freund, dessen Verwandlung sie mit einem Amulett aufzuhalten versuchte. Für viele lustige Momente im Stück sorgte Steffen Weixler, der sich mit Perücke, Halsband und mehr in die verschiedensten Figuren verwandelte. Ob Boxer Nero, Werwolfjäger Faulwetter, Geschichtslehrerin Frau Pruschke oder andere: Jeder Figur gab der wandlungsfähige Darsteller, der Sinn für Humor bewies, ein unverwechselbares Gepräge.