Duisburg. . Die Duisburger Küppersmühle bringt zwei Größen der deutschen Kunst zusammen: Anselm Kiefer und Joseph Beuys mit ihrem zeichnerischen Werk. Sie präsentiert die Künstler fast gleichwertig, ohne sie in eine kuratorische Klammer zu zwingen.
So viel Kiefer war selten im Land: Während man in der Bonner Bundeskunsthalle gerade den Überwältigungskünstler, den Schwergewichtsmeister aller Leinwände feiert, kommt in einer Doppelschau im Duisburger Museum Küppersmühle nun der feine, bisweilen sogar farbenfrohe Zeichner und der frühe Beuys-Schüler zum Tragen. Einer, der nicht unbedingt Beuys’ gesellschaftspolitische Anliegen und schon gar nicht seinen Hang zu öffentlichen Auftritten teilt, aber doch die frühe Erkenntnis: Aller Anfang ist Papier!
Federleichtes Gegengewicht
So wie Beuys der umtriebige Medien-Künstler, der Aufmerksamkeits-Meister geworden ist, sieht sich Anselm Kiefer mit 66 Jahren gern als der große Zurückhaltende des deutschen Kunstbetriebes. Sparsam in seinen Auftritten und oft noch einen Tick enigmatischer als sein Schweigsamkeits-Kontrahent Gerhard Richter. Auch seinen Auftritt in der Küppersmühle am Donnerstag hatte der Wahl-Pariser kurzfristig abgesagt. Gerne hätte man ihn dabei zu den Querelen um die Bonner Großschau befragt. Hätte gerne gewusst, welche Zusagen ihm der Duisburger Unternehmer und Privatsammler Hans Grothe gegeben hat, der heute die größte Kiefer-Sammlung besitzt. Und der in der Vergangenheit durch unrühmliche Großverkäufe seiner Kunstschätze von sich reden machte.
Die Duisburger Ausstellung, die Beuys und Kiefer fast gleichwertig präsentiert, ohne sie in eine kuratorische Klammer zu zwingen, wird indes von Leihgaben aus aller Welt bestückt. Mit 200 Werken -- Zeichnungen, Gouachen, Büchern – bildet sie ein federleichtes Gegengewicht zu den tonnenschweren Skulpturen und containerhohen Gemälden, die man sonst mit Kiefer in Verbindung bringt. Denn mit der Leichtigkeit des Materials geht auch eine Leichtigkeit der Malerei einher. Das Grüblerische, Geschichtsbelastete, Mythenschwere, es hat in den Gemälden der 70er- und 80er-Jahre schon seine Wurzeln, aber die sind manchmal noch grün statt grauschwarz, von sparsamer Wucht und fast expressiver Leichtigkeit. Aber dass sie einmal Zeit und Raum sprengen wollen, zeigt schon „Deutschlands Geisteshelden“ von 1973, Kiefers persönliche Ruhmeshalle als wandhohe Riesenzeichnung, mit seinen Säulenheiligen von Richard Wagner bis Arnold Böcklin und Joseph Beuys als einzigem Zeitgenossen.
Was Beuys der Filz ist, wird Kiefer das Blei
„Beuys war der Erste, der meine Aktionen ganz unaufgeregt rein professionell als Kunstwerke einstufte“, erinnert sich Kiefer heute. Aber nicht nur die gegenseitige Wertschätzung rechtfertigt diese erste Ausstellungs-Begegnung beider Künstler. Sondern auch die Art und Weise, wie zwei gegen den Gedächtnisverlust der Nachkriegszeit angegangen sind, gegen das Geschmeidigmachen von Vergangenheit. Und wie sie sich ihrem Material verschrieben haben. Was Beuys der Filz ist, wird Kiefer das Blei.
Von beidem ist in der Ausstellung noch nichts zu sehen. Hier begegnet uns der frühe Beuys mit der bleistiftfeinen „Keltin“, dem sacht aufs Blatt gehauchten Frauenakt, dem feuerrot leuchtenden „großen Zahnbluten“ und vielen frühen Papierarbeiten aus den 50ern von unbestrittenem Rang. Während Kiefer in den 70ern mit „Brünhildes Tod“ große Oper als Gouache inszeniert und das zartblaue „Essenz /Ek -sistenz“ von 1975 schon auf seine riesige Vergrößerung in dem 23 Meter großen Berg-Wolken-Panorama von 2011 hinweist – derzeit zu sehen in Bonn.