Essen. . Nach dem Weggang von Museums-Chef Hartwig Fischer nach Dresden sucht die große Kunstschatzkammer Folkwang neues Führungspersonal. Das gestaltet sich offenbar schwieriger als erwartet. Denn die nächsten Jahre dürften für den neuen Chef nicht einfach werden.
90 Jahre alt zu werden, ist heute keine große Kunst mehr. Nicht mal als Museum. Aber wenige sind dabei in einem so strahlenden Zustand wie das Museum Folkwang in Essen. Die Geburtstagsfeier fiel trotzdem flach. Ex-Direktor Hartwig Fischer schwingt seit Anfang Mai das Zepter über die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, das war seit Ende Dezember bekannt. Seither steht die Findungskommission, die ursprünglich nur eine Nachfolge für Fischers Stellvertreterin, die international renommierte Fotografie-Expertin Ute Eskildsen, finden wollte, doppelt unter Druck.
Als dann letzte Woche auch noch Meldungen à la „Direktor verzweifelt gesucht“ die Runde machten, war die Stimmung vollends im Keller. Mit einem Kandidaten soll man dabei praktisch schon handelseinig gewesen sein. Doch dann kam die Absage aus New York.
Die Ortsmarke NY signalisiert die eine Richtung, in der man sucht: Internationalität, mit der das Haus durch die Stürme der nächsten Jahre kommen soll. Zum anderen wünscht man sich vom neuen Direktorium vor allem eins: Dass die Kandidaten langfristig in Essen bleiben.
Startrampe für Museumskarrieren
Nichts war in den vergangenen Jahren verlässlicher als der Wechsel. Hubertus Gassner ging nach nur zwei Jahren an die Kunsthalle Hamburg. Hartwig Fischer begleitete den fulminanten Aufstieg des Hauses durch den Umbau des britischen Stararchitekten David Chipperfield immerhin sechs Jahre lang, um dann dem Ruf nach Dresden zu folgen. Als Startrampe für Museumskarrieren ist den Verantwortlichen aber das Haus zu schade. So sehnt man sich nach einer Leitung, die sich mit Region, Sammlung und Folkwang-Geschichte identifizieren kann. Geeignete Kandidaten fänden sich von Hagen bis Wuppertal.
Die nächsten Jahre dürften für den neuen Chef nicht einfacher werden. Etatkämpfe, wie sie für ein städtisch getragenes Museum unvermeidlich sein werden, und sinkende Sponsorenmittel werden dazu zwingen, noch mehr mit der eigenen Sammlung zu wuchern und mit den Häusern im Umfeld zu kooperieren. Das grandiose Äußere ersetzt auf die Dauer keine Kunstgroßereignisse, wie sie bislang in schöner Regelmäßigkeit für Besucherrekorde sorgten, von van Gogh bis zu den Pariser Impressionisten. Solche Ausstellungen zu stemmen, setzt in Zukunft eine noch größere Kraftanstrengung voraus, auch wenn sich das finanzielle Engagement für Traditionspartner Eon bislang immer gerechnet hat. Aber schon in diesem Herbst gibt es einen Kurswechsel. Die große „Fauves“-Ausstellung wird erstmals von RWE gesponsert.
Gut möglich, dass das letzte Wort ohnehin von Berthold Beitz kommt, dem kunstsinnigen Patriarchen der Essener Krupp-Stiftung. Der mächtige Mann auf dem Hügel bewegt in Sachen Folkwang immer noch Millionen und Karrieren. Und die 90 hat er längst er hinter sich.