Essen. Der Cannes-Gewinner „The Triangle of Sadness“ ist ein gemeines Vergnügen mit Ekeleinlage und begleitet Carl und Yaya auf eine Luxuskreuzfahrt.
Yaya und Carl sind auf dem Weg nach oben. Beide sind Models, beide wetteifern um den größtmöglichen Erfolg. Als sie als Influencer auf eine Luxus-Kreuzfahrt eingeladen werden, scheinen sie angekommen zu sein, in der Welt der Schönen und Reichen. Auf hoher See jedoch geschieht ein Unglück. Die beiden stranden mit anderen Schiffbrüchigen im Niemandsland. Und hier kehren sich die Verhältnisse um. Mit „Triangle of Sadness“ des schwedischen Filmemachers Ruben Östlund kommt der diesjährige Gewinner der Filmfestspiele Cannes jetzt in die Kinos. Eine tiefschwarzhumorige, hundsgemeine Gesellschaftssatire.
Die Geschichte ist in drei Kapitel unterteilt und beginnt mit Carl und Yaya. Wie Carl (herrlich schmollig-überzeichnet: Harris Dickinson) bei einem Casting erfährt, hat sich auf seiner Stirn bereits ein „Dreieck der Traurigkeit“ gebildet – so bezeichnen Schönheitschirurgen die Falten zwischen den Augenbrauen, in die Botox injiziert wird. Yaya (Charlbi Dean) dagegen ist ein Star der Modebranche und verdient etwa dreimal so viel. Beim Abendessen im Nobelrestaurant entzündet sich ein irrwitziger Streit darüber, wer die Rechnung bezahlen soll.
Der Kapitän ist ein Säufer, Marxist und Idealist
Die Kreuzfahrt bringt sie mit den wahren Superreichen zusammen, darunter der russische Oligarch und Düngemittelmagnat Dimitri (großartig: Zlatko Burić) mit Ehefrau und Geliebter (Sunnyi Melles, Carolina Gynning). Ein nettes, älteres Ehepaar, das sein Geld mit Waffenhandel gemacht hat (Oliver Ford Davies, Amanda Walker). Kapitän Thomas Smith (ebenso großartig: Woody Harrelson), Säufer und Idealist, der Karl Marx verehrt. Chef-Steward Paula (Vicki Berlin) ist das Mädchen für alles. Und Iris Berben spielt die Industriellengattin Therese, die seit einem Schlaganfall im Rollstuhl sitzt. Außer „In den Wolken“ sagt sie nichts. Eine rätselhafte Beobachterin.
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Um sie herum: schwerreicher Müßiggang bei Champagner und Austern. Bis beim Kapitänsdinner alles aus dem Ruder läuft. Ein Sturm schüttelt die Mega-Yacht durcheinander; die Passagiere erleichtern sich auf jede denkbare Weise. Stehvermögen beweisen nur Dimitri und der Kapitän, der sturzbesoffen, umgeben von Fontänen aus Kot und Erbrochenem, via Lautsprecher aus dem Kommunistischen Manifest vorliest.
Die deftigen Szenen werden vermutlich einige aus dem Kino treiben
Deftige Szenen sind das, die vermutlich einige aus dem Kino treiben werden. Der Totalabsturz markiert aber auch das Ende der Dekadenz. Piraten sprengen das Schiff. Und auf einer einsamen Insel hat die philippinische Reinigungskraft Abigail (Dolly De Leon) das Sagen; sie kann Jagen und Feuer machen und sichert den anderen das Überleben. Der Beginn eines strengen Matriarchats, angesiedelt zwischen „The Beach“ und „Herr der Fliegen“, bei dem das glücklose Model Carl eine wichtige Rolle spielt. Bis Yaya und Abigail eine Entdeckung machen.
Unterm Strich steht eine eingeschränkte Empfehlung. Hartgesottene freuen sich über ein fieses schadenfreudiges Vergnügen mit vielen guten Darstellern, das einmal mehr verdeutlicht, was Macht mit Menschen anstellen kann; Schockmomente und ein kleines böses Schmunzeln inklusive. Die anderen, die mit den nervösen Mägen, sollten vielleicht verzichten.
>>> Ein plötzlicher Tod <<<
Der Filmstart wird von einem tragischen Ereignis überschattet. Hauptdarstellerin Charlbi Dean, die die Rolle der Yaya spielt, verstarb Ende August diesen Jahres an einer plötzlichen Krankheit. Die südafrikanische Schauspielerin, die auch als Model arbeitete, wurde nur 32 Jahre alt. Beim Toronto Film Festival widmete ihr Regisseur Ruben Östlund die Vorführung.
„Triangle of Sadness“ (146 Minuten) ist der sechste Film des Erfolgsregisseurs. Bei den Filmfestspielen in Cannes gewann er mit seinem ersten englischsprachigen Werk die Goldene Palme. Schon vor fünf Jahren wurde Östlund für seinen Film „The Square“ mit dem Hauptpreis bedacht. 2014 erhielt er für „Höhere Gewalt“ („Force Majeure“) den Preis der Jury, außerdem stand er auf der Shortlist für den Auslands-Oscar.