Witten. Annika Büsing bekommt bei der Gala zum Literaturpreis Ruhr den Hauptpreis, Jan Weiler hat das Nachsehen. Und Frank Goosen liest für Hilmar Klute.

An der herzlichen Hochgeschwindigkeitsbegrüßung von Bürgermeister Lars König lag es nicht, dass die Gala zum Literaturpreis Ruhr, die in diesem Jahr im Saal der Werk-Stadt ausgerichtet wurde, am Ende doch fast zwei Stunden von der Uhr genommen hatte.

Aber es waren ja auch viele auszuzeichnen, allen voran die Hauptpreisträgerin Annika Büsing aus Bochum, die mit ihrem fulminanten Roman-Debüt „Nordstadt“ nach einigen Wagenladungen Kritiker-Lorbeer auch die mit 15.000 Euro dotierte Auszeichnung des Regionalverbands Ruhr entgegennehmen durfte: „Total unfassbar“ fand es die Deutsch- und Religionslehrerin trotzdem und „komplett überwältigend“ – sie hatte sichtlich nicht mit dem Preis gerechnet, angesichts einer starken Konkurrenz wie Bestseller-Autor Jan Weiler („Der Markisenmann“), Ritter-Rost-Erfinder Jörg Hilbert („Coco Stolperbein“) oder Hilmar Klute („Die schweigsamen Affen der Dinge“).

Frank Goosen las aus dem Buch von Hilmar Klute – und erinnerte sich an 1982

Sie alle lasen vielsagende Kostproben aus ihren Büchern, wobei der erkrankte Hilmar Klute würdig vertreten wurde durch Frank Goosen, beide bekanntermaßen aus Bochum: „Wir haben neulich festgestellt“, erinnerte sich Goosen, „dass wir 1982 im selben katholischen Zeltlager am Omaha Beach in Nordfrankreich waren. Und Hilmar meinte doch glatt, wir seien sogar im selben Zelt gewesen und er war Zeltsprecher. Aber das kann nicht sein. Wenn wir im selben Zelt gewesen wären, wäre natürlich ein anderer von uns beiden Zeltsprecher geworden…!“

Mit dem Liedschreibersänger Tommy Finke hatte ein weiterer Vertreter der starken Bochum-Fraktion dieses Abends zum Auftakt seinen „Heimathafen“ angestimmt, ein Liebeslied, das sich im Nachhinein als Fingerzeig auf das Gewinnerbuch erwies, das ja eine härtengeprägte Liebesgeschichte zweier junger Menschen ist, die sich nicht unterkriegen lassen wollen.

Annika Büsing, Tommy Finke, Frank Goosen – das reinste Familientreffen

Murat Kayi gewann den Förderpreis zum Literaturpreis Ruhr 2022 – hier bei der Preisverleihung in der Werk-Stadt Witten
Murat Kayi gewann den Förderpreis zum Literaturpreis Ruhr 2022 – hier bei der Preisverleihung in der Werk-Stadt Witten © RVR | Dirk A. Friedrich

Dass Annika Büsing mal die erste Pressemitteilung für Tommy Finke geschrieben hat, dass sie ihn ermuntert hat, seine Songzeilen könnten noch besser werden – der Abend wurde mehr und mehr zu einem Familientreffen. Moderatorin Elif Şenel (WDR) kannte denn auch den Förderpreisträger Murat Kayi von dessen WDR-Hörfunksendung „Liederlounge live“, während der Musiker und Songschreiber Kayi auch schon mal Slide-Gitarre auf einem Album von Tommy Finke gespielt hat. Kayis skurril-satirische Erzählung „Walfred Zobel“ lobte Germanistik-Professor Ralph Köhnen (Bochum!) als „echte Entdeckung“, die den besagten Walfred Zobel mit viel Witz als mittelalterlichen Entdecker der Zukunft („setzt sich zusammen aus Zucken und Vernunft“) und als Schutzheiligen aller Aufschieberitis-Infizierten porträtiert. „Ich hab noch 26 weitere Biografien dieser Art geschrieben“, versicherte der nebenamtliche „Geierabend“-Komiker Kayi, „und ich kann stolz verkünden, dass keine von ihnen einen Sinn ergibt!“.

Annika Büsings nächstes Buch erscheint schon im kommenden Februar

Hauptpreisträgerin Annika Büsing wiederum konnte an diesem Abend stolz verkünden, dass ihr nächstes Buch bereits im Februar erscheinen soll. Und die Kinder ihrer Schulklassen hätten sie schon gefragt, „ob ich mit der Schule aufhöre, wenn ich total berühmt sein werde. Aber nein, ich brauche die Kinder, die erden mich ungeheuer – und sie geben mir Tipps, wie ich mein Instagram-Profil noch verbessern kann.“