Gladbeck. Florian Helgath, das Chorwerk Ruhr und die Bochumer Symphoniker bescherten mit „Schwerkraft und Gnade“ ein Konzert der Extraklasse in Gladbeck.
Mit einem überragenden Konzert in der voll besetzten Gladbecker Maschinenhalle Zweckel sorgten Florian Helgath und das „Chorwerk Ruhr“ auch in diesem Jahr an gleich drei Abenden für einen musikalischen Höhepunkt der Ruhrtriennale. Florian Helgaths stille, nicht steile, aber stetig steigende Karriere liefert den beruhigenden Beweis, dass man mit Talent und akribischem Fleiß auch ohne medialen Donnerhall internationale Anerkennung finden kann.
Das betrifft mehr als Helgaths Leistung als Chorleiter, der nicht nur das „Chorwerk Ruhr“ zu einem absoluten Spitzenensemble geformt hat. Auch das Programm zeugt von beeindruckenden Repertoire-Kenntnissen und einem feinen Gespür für gut durchdachte, spannende Kombinationen. Hinter dem etwas zufällig klingenden Titel „Schwerkraft und Gnade“ verbargen sich kleinere und größere Perlen der modernen Chormusik von Igor Strawinsky, Lili Boulanger und Francis Poulenc.
Die Bochumer Symphoniker spielten engagiert und kompetent wie immer
Francis Poulencs „Stabat Mater“ von 1951 ist sicher keine Neuentdeckung. An diesem tief inspirierten, gleichwohl farbigen und klangsinnlichen Werk, mit dem sich Poulenc wohltuend von frömmelnd katholischen und knochentrockenen protestantischen Chormusiken der damaligen Zeit abhob, bewies Helgath im Umgang mit dem Orchester ein Talent, das nicht jedem noch so tüchtigen Chorleiter gegeben ist. Das Orchester, die wie stets hoch engagierten und kompetenten Bochumer Symphoniker, führte er nicht minder sorgfältig als seinen zu gewohnter Hochform auflaufenden Chor. Damit wurden auch die symphonischen Ansprüche des Werks auf hohem Niveau erfüllt.
Lili Boulanger, eine Komponistin mit überragender Begabung
Seine Tugenden, was feinste dynamische Abstufungen, Intonationsstabilität, Textverständlichkeit und perfekte Phrasierung angeht, demonstrierte das „Chorwerk Ruhr“ zuvor an zwei weniger bekannten kurzen, im Detail heiklen a-cappella-Vertonungen des „Ave Maria“ und des „Pater Noster“ von Igor Strawinsky.
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Die größte Überraschung bot der Abend mit drei groß besetzten Motetten für Chor und Orchester der 1918 im Alter von nur 24 Jahren verstorbenen Komponistin Lili Boulanger. Mancher hielt oder hält sie für noch begabter als ihre ältere Schwester Nadia. Die Kraft und Inspiration, die von ihren Chorwerken ausgehen, verbunden mit einer brillanten Orchestrierung und differenzierten Führung der Vokalstimmen, all das unterstreicht die überragende Begabung der Komponistin, was Helgath und seine Mitstreiter nachhaltig zum Ausdruck brachten.
Großer Beifall für ein Konzert der Extraklasse
Die meist kleineren Solo-Partien waren bei Sheva Tehoval (Sopran), Hasti Molavian (Mezzosopran) und dem Tenor Timo Schabel vorzüglich aufgehoben. Großer Beifall für ein Konzert der Extraklasse.