Diese Woche neu im Kino: Javier Bardem zeigt Klasse als Firmen-Patron Don Blanco – „Hatching“ ist ein Gruselfilm mit Schockattacken aus Finnland.

Der perfekte Chef
Wie viel Freizeit ist einem Arbeitgeber erlaubt? Don Blanco, Chef eines mittelständischen Unternehmens für Industriewaagen, hat sich diese Frage nie gestellt. Der Mittfünfziger sieht sich als Patron der Firma, ist Vater und Richter, lobt und tadelt und hält ganz generell alles so in der Balance, dass die Belegschaft zufrieden ist.

Doch neuerdings gibt es Missklänge. Ein langjähriger Mitarbeiter musste entlassen werden, was der damit beantwortet, dass er vor dem Firmentor auf öffentlichem Gelände Quartier bezieht und nun mit rüdesten Mitteln einen Ein-Mann-Arbeitskampf aufzieht.

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Schlechte Publicity kann Don Blanco allerdings gerade gar nicht brauchen, denn fürs Ende der Woche hat sich ein Komitee angekündigt, das über frische Geldmittel für die Region entscheidet. Nebenher bedarf der Sohn eines Mitarbeiters der Zähmung, ein verdientes Firmenmitglied gerät wegen Eheproblemen auf die schiefe Bahn – und die neue Praktikantin macht der Chefetage schöne Augen. Don Blanco kommt ins Schwitzen.

Filmautor Fernando León de Aranoa setzt auf eine Balance zwischen Gut und Böse

Es herrscht eine feine Balance zwischen Gut und Böse, nett und fies, Spaß und Ernst im neuen Film des spanischen Filmautoren Fernando León de Aranoa, und alles eingeschnürt in die Form einer Gesellschaftssatire, bei der es viel zu lachen und allerlei Gründe zum Nachdenken gibt.

Rund um den einmal mehr sensationell auftrumpfenden spanischen Superstar Javier Bardem agiert ein Ensemble markanter Charakterköpfe und entwaffnender Schönheiten, darunter die zu Recht hoch gehandelte Almudena Amor (kein Künstlername), die alle traumwandlerisch sicher den schmalen Grat zwischen Ironie und karikaturesker Überzeichnung beherrschen.

Finnischer Grusel mit „Hatching“: Sophia Heikkilä als Mutter (l.) und Siiri Solalinna als Tochter Tinja. Die beiden haben ein kompliziertes Verhältnis.
Finnischer Grusel mit „Hatching“: Sophia Heikkilä als Mutter (l.) und Siiri Solalinna als Tochter Tinja. Die beiden haben ein kompliziertes Verhältnis. © Capelight Pictures | capelight pictures

Aranoa verquirlt gekonnt Boulevardspaß und politisches Anliegen und verschiebt alles immer mehr in Richtung einer Variation des „Paten“, nur eben in einem Wirtschaftsbetrieb. Man kommt aus dem Staunen nicht heraus, wie souverän der Film alle handwerklichen Facetten meistert und dabei superbe Kinounterhaltung bietet. Mehr Empfehlung geht nicht.

Hatching
Die elfjährige Tinja (Siiri Solalinna) lebt in einer Vorstadtsiedlung mitten im Wald. Die Mutter (sagenhaft unsympathisch: Sophia Heikkilä) dominiert die Familie mit strengem Drang nach Perfektion, der sich im keimfreien Ambiente des Hauses ebenso zeigt wie im unterwürfigen Verhalten des Ehemanns. Nur der kleine Bruder begehrt hier und da frech auf.

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Eines Tages, nachdem Tinja einen schwer verletzten Vogel von seinem Leid erlöst hat, findet sie ein Ei, das sie zu Hause auszubrüten beginnt. Es schlüpft ein verstörendes Flügelwesen – das zusehends menschliche Züge annimmt.

Wechselspiel aus subtilen Andeutungen und plumpen Schockattacken

Die aktuell gefragte Gruselwelle aus Skandinavien spült nun eine bizarre finnische Variante aus Körperhorror und Psycho-Spiel in die hiesigen Filmtheater. Filmautorin Hanna Bergholm setzt dabei auf drastische Ekeleffekte, lässt aber auch anklingen, dass die Protagonistin Versagensängste an der Schwelle zum Erwachsenwerden quälen. Im Wechselspiel aus subtilen Andeutungen und plumpen Schockattacken ist es denkbar, dass der Film zwischen alle Erwartungen plumpst. Aber es sind interessante Ansätze vorhanden.