Neu im Kino: Anaïs Demoustier als bezaubernde Filmheldin Anaïs, ein abermals verzweifelter Monsieur Claude – und ein blutiger Schocker ohne Sinn.

„Der Sommer mit Anaïs“

Sexy, gut gelaunt und unbegreiflich unverschämt treibt Anaïs durch die Augenblicke dieses Sommers. Immer kommt sie spät, jedes Mal hat sie eine Erklärung, die man ihr unverzüglich abkauft. Als sie ihrem Freund von ihrer Schwangerschaft berichtet, schockiert es sie, dass er das Kind haben will - und trennt sich von ihm. Sie lernt Daniel kennen, der in den literarischen Zirkeln eine mächtige Position einnimmt, und über ihn seine Lebenspartnerin Emilie, eine gefragte Autorin. Mit ihr fühlt Anaïs sich auf Anhieb verbunden.

Amouröse Gefühle unter Frauen haben sich im französischen Kino eine kleine, feine Nische erobert, aus der erstaunlich oft ein feines Filmerlebnis hervorkommt. Das Debüt von Charline Bourgeois-Tacquet geht weiter, denn es beschert ein sinnlich prickelndes Kinovergnügen, in dem die sommerlichen Farben in einer rundweg unkonventionellen Heldin ihre Entsprechung finden.

Anaïs Demoustier verleiht dem von Unrast getriebenen Sonnenscheinchen eine entwaffnende Frische, gepaart mit der üblichen Verletzlichkeit und einer Spur Durchtriebenheit. Valeria Bruni Tedeschi, diesmal ohne hysterische Anfälle in sich ruhend, und Denis Podalydès bescheren eine schillernde Filmpartnerschaft für alle Lebenslagen in einem hinreißend unterhaltenden Filmmärchen für Erwachsene.

„Monsieur Claude und sein großes Fest“

Selbstgefällig und gut genährt hat Claude Verneuil es sich auf seinem großbürgerlichen Besitz wieder gemütlich gemacht und wehrt versiert die Angriffe der Familienmitglieder auf seinen Geduldsfaden ab. Als sich aber zum 40. Hochzeitstag abzeichnet, dass Töchter und Schwiegersöhne ein mehrtägiges Fest in die Wege leiten, zu dem auch sämtliche Schwiegereltern kommen, gerät Monsieur Claude ins Schwitzen.

Kirchgang. Monsieur Claude Verneuil (Christian Clavier)  im Kreise seiner Lieben.
Kirchgang. Monsieur Claude Verneuil (Christian Clavier) im Kreise seiner Lieben. © dpa | ARNAUD_BORREL

Acht Jahre nach dem Überraschungserfolg der frechen Familienkomödie „Monsieur Claude und seine Töchter“ darf Christian Clavier nach einer jämmerlichen ersten Fortsetzung 2019 nun ein drittes Mal in die Rolle des mit allen Vorurteilen imprägnierten Bio-Franzosen schlüpfen.

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Überraschungen hat Regisseur und Autor Philippe de Chauveron nur solche im Gepäck, die sich lange ankündigen und dann gemäß ihrer Absehbarkeit vollziehen. Was in der Summe den Beweis erbringt, dass Humor in Frankreich keineswegs nur in Esprit getränkt wäre. Dieser dritte Teil ist zwar wesentlich besser als der zweite, wirft aber doch die Frage auf, ob man sich nicht ein bisschen mehr Mühe hätte geben können.

„Men“

Harper ist Mitte 30, gebildet, erfolgreich im Beruf - und schwer traumatisiert nach einem tragischen Vorfall in der Ehe. Um sich zu erholen, bucht sie ein Ferienhaus auf dem Lande. Hier, in der kleinen Ortschaft Cotson, scheint es jedoch nur Männer zu geben, die Harper in zunehmendem Maße feindselig begegnen.

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In seiner dritten Regiearbeit (nach „Ex Machina“ und „Auslöschung“) wendet sich der auch als Autor („Der Strand“) erfolgreiche Brite Alex Garland von Science-Fiction-Stoffen ab und hin zu einem modernen Provinzgrusel, bei dem die Heldin sich mit unerklärlichen Vorkommnissen konfrontiert sieht, die real sein können oder auch lediglich Einbildungen eines schwer angeschlagenen Selbstbewusstseins.

Rund um die einmal mehr höchst verlässliche Jessie Buckley tummeln sich bizarre Männergestalten, die allesamt (und oft genug mit nur geringem Maskenaufwand) der Engländer Rory Kinnear ausgestaltet.

Garlands Regie suhlt in Verweisen auf das Alte Testament und feminine Geschlechterängste nach Henry James. Auf diesem Humus kreiert er trügerisch idyllische Waldszenarien, eine superb unheimliche Echosequenz in einem Tunnel und ein Wiedergeburtsfinale für Freunde grotesken Blutekels.

Es gibt in der Tat viel zu bewundern - nur keine schlüssige Geschichte.