Amsterdam. Schöne Arabesken und Kollagen aus bunten Papierschnipseln: Dafür ist Henri Matisse berühmt. Das Amsterdamer Stedelijk Museum zeigt den Maler anders.

Der alte Mann mit dem ehrwürdigen Spitzbart und der seriösen Brille sitzt in seinem Rollstuhl und bastelt. Schere, buntes Papier und ein paar Stecknadeln - mehr braucht er nicht. Die bunten Schnipsel hängt er wie eine Kollage an die Wände um sich herum. Voilà - Die Oase des Henri Matisse (1869-1954).

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1952 war der Meister der Moderne von einer unheilbaren Krankheit gezeichnet - doch alles anderes als verzweifelt. Im Hotel Regina in Nizza, wo der Maler Jahre lang lebte, holte er sich die Natur ins Zimmer. "Ein kleiner Garten, der mich umringt, in dem ich laufen kann", sagte er selbst, "Blätter, Früchte, ein Vogel."

Die Größte Matisse Ausstellung

Das berühmte Wandgemälde "La perruche et la sirène" (Der Papagei und die Meerjungfrau/1952) steht im Mittelpunkt der großen Ausstellung "Die Oase von Matisse", die ab Freitag im Stedelijk Museum in Amsterdam zu sehen ist. Mit über 100 Werken ist es die größte Matisse-Ausstellung, die jemals in den Niederlanden zu sehen war. Neben Stücken der eigenen Sammlung sind es auch Leihgaben von über 30 renommierten internationalen Sammlungen.

Zeichnungen, Gemälde, Stoffe zeigen seine Suche nach der vollendeten Übereinstimmung von Farbe und Form. Die bunten Arabesken, die Mittelmeer-blauen Figuren, die Farbflächen, die wohlig ruhenden nackten orientalischen Damen - dafür ist Matisse weltweit bekannt und dafür wird er geliebt. Sie strahlen eine leichte fröhliche Sorglosigkeit aus - sehr ansteckend.

Eine einzigartige Gegenüberstellung

Anhand seiner Werke zeichnet die Ausstellung in Amsterdam die Entwicklung des Malers nach. Von der figurativen Kunst, zum von ihm begründeten Fauvismus und den Scherenschnitten, den bunten Papierschnipseln.

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Aber nicht nur der Meister selbst und seine Oase stehen zentral. Das Stedelijk Museum selbst macht sich zum Thema. Es präsentiert Matisse gemeinsam mit rund 100 Werken der eigenen Sammlung. Eine einzigartige Gegenüberstellung, sagt die Direktorin des Museums, Beatrix Ruf. "Wir erleben Matisse in einem ganz anderen Licht."

Die Ausstellung sei auch "eine freche Antwort" auf die große Schau des Museum of Modern Art in New York und der Tate Gallery in London zu den Scherenschnitten von Matisse im vergangenen Jahr, sagt der Kurator des Museums, Bart Rutten. Frech, aber auch fröhlich und vor allem ungeheuer verblüffend.

Matisse und Picasso

Bilder von Matisse hängen in Amsterdam direkt neben denen von seinen Lehrmeistern, Zeitgenossen und Nachfolgern. So entsteht ein Dialog mit Impressionisten, Expressionisten, Kubisten und Abstrakten.

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Die "Nackte Frau vor einem Garten" von Pablo Picasso aus dem Jahre 1956 zum Beispiel hängt nun direkt neben einem Akt von Matisse, den er 35 Jahre zuvor gemalt hatte. Zwei orientalisch anmutende Frauen in einem fröhlich-bunten Boudoir.

Picassos wohlige Nackte ist zwar farblich gedämpfter, doch strahlt sie ebenso viel Lebens-Lust aus. Es war Picassos direkte Antwort auf die Gemälde seines Freundes. "Als Matisse starb", so sagte er später, "hinterließ er mir seine Odalisken."

Ein sehr starker Einfluss

Beide Maler verband viel. Ebenso wie Picasso machte auch Matisse nie den letzten Schritt zur Abstrakten, sagt der Kurator Rutten. "Dazu hing er zu sehr an der Wirklichkeit."

Verblüffende Parallelen entdeckt man nun auch zu den Gemälden etwa von Marc Chagall, Ernst Ludwig Kirchner und den abstrakten Malern wie Kasimir Malewitsch und Mark Rothko. Nach dieser Gegenüberstellung, so verspricht der Kurator, wird man diese Werke mit anderen Augen sehen. "Immer wieder sieht man dann auch Matisse." (dpa)