Berlin. . Der Umsatz mit E-Zigaretten und Zubehör in Deutschland ist laut Verband des E-Zigarettenhandels (VdeH) innerhalb von vier Jahren von fünf auf 100 Millionen Euro bis Ende 2013 explodiert. 2014 soll er sich auf 200 Millionen Euro verdoppeln. Die Diskussion über die Gesundheitsgefährdung hält an
Was aussieht wie ein zu groß geratener Kugelschreiber zwischen den Lippen mancher Zeitgenossen, ist in Wahrheit eine E-Zigarette. Die ist noch immer gewöhnungsbedürftig, und wird doch immer beliebter.
Der Umsatz in Deutschland ist nach Angaben des Verbandes des E-Zigarettenhandels (VdeH) innerhalb von vier Jahren von fünf auf 100 Millionen Euro bis Ende 2013 explodiert. Das ist zwar mit Blick auf den gesamten Tabakmarkt noch immer sehr wenig, doch auch dieses Jahr erfreut sich das Nischenprodukt wachsenden Zuspruchs. Die Branche rechnet 2014 noch mal mit einer Verdoppelung ihrer Umsätze.
Keine Frage: Die E-Zigarette liegt im Trend. Als Mittel gegen die Absatzkrise in der Zigarettenindustrie ist der rauchlose Glimmstängel auch bei den führenden Tabakherstellern inzwischen heiß begehrt: So sicherte sich der Camel-Hersteller Japan Tobacco (JT) kürzlich mit dem Kauf des britischen E-Zigaretten-Pioniers Zandera seinen Anteil am schnell wachsenden Markt.
Die Produktvielfalt für die dampfenden Verbraucher nimmt dabei rasant zu: Im Schnitt kommen pro Monat zehn Marken und 240 Geschmacksrichtungen hinzu, wie Wissenschaftler der Universität von Kalifornien in San Diego beobachtet haben. Zuletzt haben sie mehr als 460 Marken und fast 8000 Geschmacksrichtungen gezählt.
"Hardware" stammt zu 99 Prozent aus China
Die "Hardware" der E-Zigarette stammt dabei zu 99 Prozent aus China. Sie besteht aus einem Akku oder einer Batterie, einem Verdampfer und einer Heizspirale. Hinzu kommt eine auswechselbare Kartusche oder eine befüllbare Kammer mit einer Flüssigkeit.
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Dieses sogenannte "Liquid" besteht hauptsächlich aus der Erdölverbindung Propylenglykol, aus Glyzerin, Aromastoffen und zumeist auch aus Nikotin in verschiedenen Konzentrationen. Die Flüssigkeit wird erhitzt – und der dabei entstehende Dampf inhaliert. Lecker? Und gesund?
Ob der Elektro-Stängel als gesundheitsförderliche Zigaretten-Alternative in Betracht gezogen werken kann, ist hoch umstritten. „Schließlich ist Nikotin als ein Hauptbestandteil der meisten E-Zigaretten eines der stärksten Gifte überhaupt“, sagt Martina Pötschke-Langer vom Deutschen Krebsforschungszentrum. Außerdem kann Propylenglykol, aus dem der E-Zigaretten-Dampf zu 90 Prozent besteht, kurzfristig akut die Atemwege reizen, warnt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.
Propylenglykol kann akut die Atemwege reizen
Studien zeigen, dass manche der in den Liquids verwendeten Aromastoffe allergische Reaktionen auslösen können. „Das tiefe und häufige Inhalieren eines Chemikaliengemisches ist ein Problem“, warnt die Krebs-Expertin Pötschke-Langer. Deshalb stuft ihr Institut die E-Zigarette als gesundheitlich bedenklich ein – und warnt vor möglichen gesundheitlichen Folgen des Langzeitkonsums.
Allerdings ist es nach Einschätzung der Forscher noch zu früh für eine eindeutige Aussage über gesundheitsschädliche Auswirkungen. „Momentan ist die E-Zigarette ein nebulöses Produkt, das nebulöse Studienergebnisse produziert“, so Pötschke-Langer.
Hilft das Dampfen beim Aufhören?
Und wie sieht es mit dem lange ersehnten Rauchstopp mithilfe der E-Zichte aus? Schwierig. Belastbare Hinweise, dass die Trenddampfer den Schritt in ein rauchfreies Leben unterstützen, gibt es bisher jedenfalls nicht, sagt Pötschke-Langer vom DKFZ.
Für hoffnungslose Kettenraucher könnte die E-Zigarette dennoch eine Alternative sein: „Verglichen mit dem Tabakrauchen ist jedes andere Produkt harmlos“, sagt die Krebsforscherin.
Der kontroverse Dampfautomat beschäftigt mittlerweile auch die Gerichte. Dabei brach das Verwaltungsgericht in Köln jüngst eine Lanze für die Elektro-Paffer. In Gaststätten seien elektronische Zigaretten erlaubt, urteilte das Gericht im Februar. Begründung: Schließlich verdampft Dampf – und kein Rauch. Also werde schon vom eigentlichen Wortsinn her nicht geraucht, so die etwas spitzfindige Begründung der Richter.
Außerdem sei umstritten, ob das Passivrauchen von E-Zigaretten tatsächlich schwere Gesundheitsgefahren provoziere (Az.: 7 K 4612/13). Nach Einschätzung der NRW-Verbraucherzentrale sorgen Urteile wie dieses für einen rechtlichen „Flickenteppich“ in Deutschland, weil die Gerichte verschiedener Bundesländer bisher unterschiedlich urteilten.
Politik fordert Verbot für Jugendliche
Neben einer eindeutigen rechtlichen Definition fordern Verbraucherschützer vom Gesetzgeber, endlich Qualitätskriterien für E-Zigaretten festzulegen. Solange es keine Vorschriften für die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe gebe, könne jeder „Liquids“ für E-Zigaretten panschen, moniert die Verbraucherlobby. Für weitere Auseinandersetzungen sorgen die vielen fruchtig-süßen Aromen der „E-Dampfer“. Mit Cola- oder Gummibärchen-Geschmack und buntem Design zielten besonders „Shishas-to-go“ – ein Ableger der E-Zigarette – auf die junge Kundschaft, kritisieren Verbraucherschützer.
Bundesernährungsminister Christian Schmidt (CSU) ist die Kombination aus Wasserpfeife und E-Zigarette ebenfalls ein Dorn im Auge. Er sieht Parallelen zu den süßen Alkopops – und will den Verkauf von E-Zigaretten und E-Shishas an Jugendliche verbieten.
Die bunten Mini-Wasserpfeifen, die zwischen vier und zwölf Euro kosten, bekommen Kinder und Jugendliche in der Regel problemlos am Kiosk – rechtlich tummeln sich nikotinfreie Produkte in einer Grauzone, sie fallen nicht unter das Jugendschutzgesetz. Dabei können nikotinhaltige E-Zigaretten nach Beobachtungen der NRW-Verbraucherzentrale trotzdem in die Hände von Kindern gelangen. Angaben zu Inhaltsstoffen, Warnhinweise oder Altersbeschränkungen fehlen oft.