Berlin. In Deutschland steigt die Zahl der Operationen seit Jahren. Auch die Eingriffe am Rücken häufen sich. Doch nicht immer ist eine Operation sinnvoll. Hans-Josef Erli, Unfallchirurg und Chefarzt am Vivantes Humboldt-Klinikum, empfiehlt, vor einer OP alle konservativen Möglichkeiten auszuschöpfen.

Immer mehr Menschen schmerzt der Rücken - und in Berlin schnellt die Anzahl der Operationen an der Wirbelsäule in die Höhe. Laut TK stieg die Zahl der Eingriffe allein zwischen 2009 und 2012 um rund 13 Prozent.

Was sind die Gründe dafür? Zum 6. Berliner Wirbelsäulenkongress drei Fragen an den Kongresspräsidenten und Unfallchirurgen Hans-Josef Erli, Chefarzt am Vivantes Humboldt-Klinikum.

Wird heute zu schnell operiert?

Hans-Josef Erli: Jein. Die Wirbelsäulenchirurgie insgesamt ist ja noch recht jung. Da gibt es durchaus einen Bedarf, der vorher nicht gedeckt werden konnte. Allerdings wird teils auch zu schnell operiert. Es ist immer sinnvoll, sich als Patient im Zweifelsfall eine zweite Meinung einzuholen.

Wenn möglich, sollte man zunächst alle konservativen Möglichkeiten ausschöpfen, wie Rückenschule und Krankengymnastik, dann als zweite Stufe Medikamente oder Spritzen. Denn auch operative Eingriffe können Folgen haben.

Osteoporose wird ein zunehmendes Problem

Was sind denn die häufigsten Eingriffe am Rücken?

Erli: Es gibt zwei Bereiche mit besonders großem Zuwachs. Zum einen sind das Zementaufspritzungen bei osteoporotischen Brüchen. Osteoporose wird auch ein wachsendes Problem, weil die Bevölkerung älter wird. Zum anderen sind es Eingriffe wegen Rückenschmerzen als Hauptsymptom, die dann in die Beine ausstrahlen oder zu Nervenirritationen führen.

Rückenschmerzen - was tun?

Viele Menschen leiden an Rückenschmerzen. Dabei kann man einfach vorbeugen. Sehr wichtig ist, dass die Rückenmuskulatur durch Bewegung gestärkt wird. (Foto: imago)
Viele Menschen leiden an Rückenschmerzen. Dabei kann man einfach vorbeugen. Sehr wichtig ist, dass die Rückenmuskulatur durch Bewegung gestärkt wird. (Foto: imago) © imago
Zum Beispiel sollte man öfter die Treppe statt den Fahrstuhl  nehmen... (Foto: imago)
Zum Beispiel sollte man öfter die Treppe statt den Fahrstuhl nehmen... (Foto: imago) © imago stock&people imago
...das Fahrrad statt dem Auto benutzen... (Foto: imago)
...das Fahrrad statt dem Auto benutzen... (Foto: imago) © imago
...oder kleine Strecken einfach zu Fuß gehen. (Foto: imago)
...oder kleine Strecken einfach zu Fuß gehen. (Foto: imago) © imago stock&people imago
Muskelverspannungen sind die häufigsten Ursachen für Rückenschmerzen. (Foto: imago)
Muskelverspannungen sind die häufigsten Ursachen für Rückenschmerzen. (Foto: imago) © imago
Kassiererinnen leiden besonders häufig unter Muskelverspannungen, da durch das Drehen vom Fließband zur Kasse immer dieselben Muskeln belastet werden. (Foto: imago)
Kassiererinnen leiden besonders häufig unter Muskelverspannungen, da durch das Drehen vom Fließband zur Kasse immer dieselben Muskeln belastet werden. (Foto: imago) © imago
Ebenfalls schädlich für die Muskulatur ist langes Sitzen, zum Beispiel am Schreibtisch. (Foto: imago)
Ebenfalls schädlich für die Muskulatur ist langes Sitzen, zum Beispiel am Schreibtisch. (Foto: imago) © imago stock&people imago
Auch die Arbeit am Computer ist ein Problem. Beim Tippen ziehen viele Menschen automatisch die Schultern hoch. Das ist jedoch schlecht für die Muskulatur. (Foto: imago)
Auch die Arbeit am Computer ist ein Problem. Beim Tippen ziehen viele Menschen automatisch die Schultern hoch. Das ist jedoch schlecht für die Muskulatur. (Foto: imago) © imago
Psychische Probleme und Sorgen wirken sich ebenfalls negativ auf die Muskulatur aus. (Foto: imago)
Psychische Probleme und Sorgen wirken sich ebenfalls negativ auf die Muskulatur aus. (Foto: imago) © imago
Eine gesunde Ernährung ist wichtig für den Muskelaufbau. (Foto: imago)
Eine gesunde Ernährung ist wichtig für den Muskelaufbau. (Foto: imago) © imago stock&people imago
Übergewicht ist ebenfalls schlecht für den Rücken, da mehr Gewicht auf Bandscheiben und Knochen drückt. (Foto: imago)
Übergewicht ist ebenfalls schlecht für den Rücken, da mehr Gewicht auf Bandscheiben und Knochen drückt. (Foto: imago) © imago
Bettruhe ist bei Rückenschmerzen keine Lösung. Je mehr man sich bewegt, desto schneller verschwinden die Schmerzen. (Foto: imago)
Bettruhe ist bei Rückenschmerzen keine Lösung. Je mehr man sich bewegt, desto schneller verschwinden die Schmerzen. (Foto: imago) © imago stock&people imago
Betroffene sollten Sport treiben. Aber Vorsicht: nicht alle Sportarten helfen. Rücken- und Kraulschwimmen sind sehr gut, Brustschwimmen dagegen überdehnt die Halsmuskulatur. (Foto: imago)
Betroffene sollten Sport treiben. Aber Vorsicht: nicht alle Sportarten helfen. Rücken- und Kraulschwimmen sind sehr gut, Brustschwimmen dagegen überdehnt die Halsmuskulatur. (Foto: imago) © imago
Der Verein
Der Verein "Aktion Gesunder Rücken" warnt davor unbedacht Schmerzmittel einzunehmen, da diese auch Nebenwirkungen haben. (Foto: imago) © imago stock&people imago
Treten die Schmerzen unerträglich stark auf, sollte man zum Arzt gehen. (Foto: imago)
Treten die Schmerzen unerträglich stark auf, sollte man zum Arzt gehen. (Foto: imago) © imago stock&people imago
Bekanntlich lindert Wärme den Schmerz. Kleidung kann den Rücken warm halten. Ein Bad oder ein Besuch in der Sauna helfen ebenso. (Foto: imago)
Bekanntlich lindert Wärme den Schmerz. Kleidung kann den Rücken warm halten. Ein Bad oder ein Besuch in der Sauna helfen ebenso. (Foto: imago) © imago stock&people imago
Meist verschwinden die Rückenschmerzen innerhalb von sechs Wochen. Sollte dies nicht der Fall sein, ist ein Arztbesuch sinnvoll. (Foto: imago)
Meist verschwinden die Rückenschmerzen innerhalb von sechs Wochen. Sollte dies nicht der Fall sein, ist ein Arztbesuch sinnvoll. (Foto: imago) © imago stock&people imago
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Dabei sind durch Verschleiß Engstellen entstanden, die dann aufgeweitet werden, oder, wenn der Verschleiß stärker ist, versteift werden müssen. Auch Bandscheiben-Operationen gehören dazu, die betreffen aber eher die jüngeren Patienten.

Alternativen zur Rückenoperationen

Was für Alternativen zur OP gibt es bei Rückenbeschwerden?

Erli: Allein schon durch den aufrechten Gang hat der Mensch neuralgische Stellen im Lenden-Becken-Übergang, anlagebedingt. Dann ist da der Gewichtsfaktor und oft mangelndes Training für die Muskulatur. Überlastungen, auch durch übertriebenen Sport, kommen hinzu. Ein Teil dieser Faktoren kann man beeinflussen, etwa durch Rückenschule und das Trainieren bestimmter Muskelgruppen.

Bei Rückenbeschwerden ist es aber immer gut, das Problem abzuklären. Dann kann man entscheiden, welche Therapie passt, und eventuell eben bewusst darauf verzichten, mit Kanonen auf Spatzen zu schießen. (dpa)