Köln. Der zweithäufigste Grund, zum Arzt zu gehen, sind Rückenschmerzen (an Platz eins stehen Infekte). Das wissen Experten wie der Neurochirurg Dr. Kamran Minaian vom Wirbelsäulenzentrum Köln-Krefeld – und raten doch erst als letzte Möglichkeit zu einer Operation.
Bei Rückenbeschwerden können Patienten oft selbst viel tun, um die Pein zu lindern und eine Operation zu umgehen. Ein Überblick über konservative und alternative Möglichkeiten.
Wie findet man die Ursache für den Schmerz heraus?
Wichtig ist die gründliche Anamnese – das heißt, das Gespräch zur Krankenvorgeschichte. Bei der folgenden Untersuchung prüft der Arzt die Beweglichkeit der Wirbelsäule, die Muskelkraft, die Sensibilität und Muskelverspannungen oder schmerzhafte Druckpunkte. Außerdem wird kontrolliert, wie der Patient steht oder sich bewegt, um eventuelle Fehlhaltungen festzustellen.
Die Ergebnisse werden mit der Anamnese verglichen, erst danach wird eine Diagnose gestellt. „Nur fünf Prozent der Rückenschmerzen beruhen auf einem Bandscheibenvorfall. Meist handelt es sich um Muskel- und Gelenkprobleme – oft durch stundenlanges Sitzen“, sagt Dr. Kamran Minaian.
Was ist ausschlaggebend für die richtige Therapie?
So genannte bildgebende Verfahren helfen, den passenden Weg in der Behandlung einzuschlagen. Vor diesen Untersuchungen sollte der Patient genau nachfragen, warum der Arzt diese Methode wählt und ob sie wirklich nötig ist – um Strahlenbelastung möglichst zu vermeiden.
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Röntgen ist etwa nur dann das Mittel der Wahl, wenn krankhafte Knochenprozesse wie Osteoporose, Brüche nach einem Unfall oder Arthrose untersucht werden. Eine Magnetresonanztomographie mit unschädlichen Magnetfeldern (kurz: MRT, auch Kernspintomographie genannt) wird eingesetzt, wenn Nerven, Bandscheiben oder Weichteile betroffen sind.
Und dann halte ich mich ruhig?
In der akuten Schmerzphase sollte man die verspannten Muskeln durch Pflaster oder Kissen wärmen und höchstens milde Massagen zulassen. Sich ruhig zu halten, bedeutet dann allerdings nicht, dass der Patient im Bett liegt. Vielmehr sollte er schmerzende Bewegungen wie Bücken oder Drehbewegungen des Rumpfes vermeiden.
Es gilt, mit dem Arzt zu besprechen, welche Bewegungen daraufhin bei der Krankengymnastik sinnvoll sind und welche man tunlichst lässt. Bei einem Bandscheibenvorfall bekommt der Patient außerdem entzündungshemmende Schmerzmittel und Mittel zur Muskelentspannung (Muskelrelaxantien). Sind die Schmerzen stärker, unterstützen Antidepressiva oder bestimmte Krampfmittel die Therapie.
Was kann ich tun, damit die Schmerzen nicht wiederkommen?
„Längerfristig hilft nur der langsame und regelmäßige Aufbau von Muskeln“, erklärt Dr. Minaian. „Je schwächer diese sind, desto schneller verspannen sie sich schmerzhaft unter der täglichen Belastung.“ Hat man jedoch Kraft gewonnen, hält man diese Belastung besser aus und verschafft sich so Linderung.
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Professionell betreutes Training an Fitnessgeräten ist eine Möglichkeit des Muskelaufbaus. Dr. Minaian rät, zwei bis drei Mal in der Woche isometrische Übungen zu machen, bei denen die Muskeln gegen einen Widerstand angespannt werden.
Gibt es alternative Methoden?
Ja, zum Beispiel Akupunktur. Die asiatische Heilmethode wird nach einem Modellversuch mit mehr als 310 000 Studienteilnehmern im Jahr 2007 bei Rückenschmerzen sogar von den Kassen bezahlt. „Viele meiner chronischen Rückenschmerzpatienten erleben unter der Ganzkörperakupunktur ein Wärmegefühl und eine Entspannung in der Rückenmuskulatur.
Sie empfinden ihren Körper leichter und beweglicher, und das ohne Nebenwirkungen“, meint Dr. Linda Tan, Leiterin des Zentrums für Naturheilkunde und Schmerztherapie in Düsseldorf. „In Kombination mit Anwendungen aus der Physiotherapie, gut verträglichen Schmerzmittel oder lokalen Spritzen hilft Akupunktur nach Aussage meiner Patienten besonders gut.“
Kann ich mit Rückenschmerzen Yoga machen?
„Unbedingt“, sagt Dr. Holger Cramer, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Klinik für Naturheilkunde und Integrative Medizin in den Kliniken Essen-Mitte. Eine Analyse von zehn Studien hat nach seinen Worten durchweg gute Ergebnisse bei der Behandlung durch Yoga-Übungen ergeben – ohne starke Nebenwirkungen außer ab und zu einem Muskelkater, wenn sich jemand zu viel zugemutet hat.
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Dr. Cramer selbst hat just die Resultate einer Studie mit 51 Teilnehmern zu Yoga und Nackenschmerzen veröffentlicht, die vergleichbar sind: Die Pein ließ infolge von regelmäßigen Yoga-Kursen deutlich nach, die Beweglichkeit der Teilnehmer nahm zu.
Hilfreiche Hinweise: Durchhalten und achtsam sein
Wer seine Rückenschmerzen in den Griff bekommen möchte, sollte nach der akuten Phase konsequent in Bewegung bleiben – egal ob beim Yoga oder in der Rückenschule. „Bei vielen Patienten ist es erfolgversprechend, verschiedene Methoden der Schul- und Komplementärmedizin zu kombinieren“, erläutert Dr. Holger Cramer, das Geheimnis einer so genannten multimodalen Behandlung.
Dazu kann zum Beispiel auch das Schröpfen gehören. Mithilfe von Schröpfgläsern, die man direkt auf die Haut setzt, wird dabei ein Unterdruck erzeugt – das soll Muskelverspannungen lösen.
Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion ist ein weiteres Stichwort im Zusammenhang mit der langfristigen Behandlung von Rückenschmerzen. Das Programm zur Stressbewältigung wurde unter dem Namen „Mindful-Based Stress Reduction (MBSR)“ von dem Molekularbiologen Jon Kabat-Zinn in den USA entwickelt. Dr. Holger Cramer: „In klinischen Studien konnten positive Wirkungen der MBSR-Kurse bei der Behandlung von chronischen Schmerzzuständen nachgewiesen werden.“