Heidelberg/New York. . Epicatechin heißt der Pflanzenstoff, der in grünem Tee und Kakao vorkommt - und in Zukunft Patienten mit Aids-Demenz helfen könnte. Ein Experiment von US-Forschern zeigt, dass der Stoff das Gehirn vor den zerstörerischen Wirkung des HI-Virus schützt. Das macht ihn zu einem gutem Therapie-Kandidaten.

Es gibt neue Hoffnung für Aidskranke mit virusbedingter Demenz: Der Pflanzenstoff Epicatechin, der unter anderem in grünem Tee und in Kakao vorkommt, schützt Gehirnzellen vor den zerstörerischen Auswirkungen des HI-Virus. Das zeigt ein Experiment von US-Forschern.

Bisher gebe es keine effektive Behandlung gegen die neurologischen Schäden, die das Aids-Virus im Gehirn anrichte, berichten die Wissenschaftler. Das liege unter anderem daran, dass die antiviralen Mittel nicht ungehindert aus dem Blut ins Gehirn und damit an ihren Wirkungsort gelangen können.

Das Epicatechin hingegen sei klein genug, um die Schutzbarriere des Gehirns zu durchdringen. Es könnte daher ein guter Kandidat für eine Therapie dieser neurodegenerativen Erkrankung sein, berichten die Forscher im Fachmagazin "Journal of NeuroVirology". Ob auch der Konsum von grünem Tee oder kakaohaltigen Lebensmitteln helfen könnte, Gehirnzellen vor Schäden durch das HI-Virus zu schützen, haben die Forscher bisher nicht getestet.

Befällt das Aids-Virus das Gehirn eines Patienten, kann es dort schwere Demenzen und andere kognitive Störungen auslösen. Wie die Forscher berichten, haben vorhergehende Studien gezeigt, dass das Virus die Reifung eines wichtigen Proteins stört, des sogenannten Brain-derived neurotrophic factor (BDNF). Dieses Protein fördert das Wachstum und Überleben von Nervenzellen in Gehirnarealen, die beim Lernen, der Erinnerung und dem komplexeren Denken eine zentrale Rolle spielen. Patienten mit Aids-Demenz haben deutlich weniger BDNF-Protein im Gehirn als Gesunde - ihre Gehirnzellen gehen daher verfrüht zugrunde.

2.000 pflanzliche Substanzen getestet

Auf der Suche nach einem Gegenmittel hatten Samir Nath und seine Kollegen von der Johns Hopkins University in Baltimore die Wirkung von 2.000 pflanzliche Substanzen und Arzneimitteln auf Gehirnzellen getestet. Sie prüften dabei, ob die Stoffe die Zellen gegen die beiden gehirnschädigenden Eiweiße des Aids-Virus schützten.

"Von den 293 Substanzen, die eine unterschiedlich starke Schutzwirkung zeigten, waren neun eng mit dem Epicatechin verwandt", berichten die Forscher. Epicatechin kommt in den Blättern von grünem Tee und in den Samen des Kakaobaums vor.

In weiteren Tests zeigte sich, dass Epicatechin und das nah verwandte Epigallocatechingallat (EGCG) die Gehirnzellen deshalb schützten, weil sie die Produktion des Schutz-Eiweißes BDNF förderten. Besonders effektiv wirkte dabei das Epicatechin: Schon eine geringe Zugabe dieses Pflanzeninhaltsstoffs habe die BDNF-Konzentration in den Zellkulturen auf das Doppelte erhöht, berichten die Forscher.

Wirkstoff gelangt leicht vom Blut ins Gehirn

Dieser Effekt des Epicatechins sei neu und sehr vielversprechend. Das BDNF sei als Medikament nämlich nicht direkt einsetzbar, weil es die Blut-Hirn-Schranke nicht passieren könne. Das Epicatechin und verwandte Verbindungen seien hingegen deutlich kleiner. Man könnte daher aus ihnen ein Medikament entwickeln, das beispielsweise als Tablette oder über eine Spritze verabreicht wird und dann über den Blutkreislauf bis ins Gehirn gelangt.

"Von allen Kandidaten ist Epicatechin der vielversprechendste", fassen Nath und seine Kollegen ihre Ergebnisse zusammen. Diese Substanz könnte sich gut als Mittel gegen HIV-bedingte Demenz und andere vom Aids-Virus ausgelöste Hirnschäden eignen. Jetzt müsse man klären, welche Dosierung am besten sei. Zudem müssten Tests mit Aidskranken durchgeführt werden. (dapd)