Essen. . Vor vier Jahren ließ sich Heike Stutz typisieren, weil sie einem Journalisten-Kollegen helfen wollte, der an Leukämie erkrankt war. Damals konnte die Mitarbeiterin der WAZ Mediengruppe nicht helfen, ihre Gewebemerkmale stimmten nicht. Jetzt wurde sie als Stammzellen-Spenderin ausgewählt.
Eigentlich war das Ganze ja schon in Vergessenheit geraten. Doch dann klingelte das Telefon, die Stefan-Morsch-Stiftung war dran. Stefan-wer? Da war doch was. Vor vier Jahren hatte sich Heike Stutz typisieren lassen. Bei genau dieser Stiftung, die sich für Leukämie-Patienten einsetzt. Ein Journalisten-Kollege war damals an Blutkrebs erkrankt, ein bekannter Fernsehjournalist und Moderator. Allein bei der WAZ waren 150 Mitarbeiter der Aufforderung gefolgt, testen zu lassen, ob sie als Stammzellenspender für den Krebskranken infrage kommen. Heike Stutz war eine von ihnen, eine von fast 400.000 potenziellen Spendern in der Datei der Stiftung. Dafür reichte eine Blutprobe, ein Fingerhut voll Blut.
Damals konnte die 50-jährige zweifache Mutter nicht helfen. Jetzt vielleicht schon: Die Stefan-Morsch-Stiftung hatte sie als geeignete Spenderin ausgemacht. Eine Chance, ein Lichtblick. Trefferquote 1 zu 10.000 bis 1 zu 1.000.000, je nachdem, welche Gewebemerkmale der Empfänger hat. Heike Stutz zögerte nicht lang und sagte Ja. Sie wollte helfen. Später erfuhr sie, dass der Empfänger ein junger Schwede ist, Anfang 20, an Leukämie erkrankt. Da wusste die Essenerin, dass sie sich richtig entschieden hatte. Sie hat ja selber einen Sohn, 21 ist der. „Ich habe mich gefragt: Was wäre, wenn das deinen eigenen Kindern passiert“, sagt Stutz. „Wenn man helfen kann, dann sollte man auch helfen!“
„Ich war aufgeregt, Angst hatte ich keine“
Überrascht war die Kauffrau, die bereits seit 15 Jahren bei der WAZ Mediengruppe arbeitet, von dem Anruf trotzdem. „Als ich mich typisieren ließ, hätte ich nicht gedacht, dass ich einmal gebraucht werden würde!“ Der Anruf der Stefan-Morsch-Stiftung kam Mitte April, Ende Juni hatte Heike Stutz bereits einen Termin zur Stammzellenspende. „Ich war aufgeregt, Angst hatte ich allerdings keine“, sagt Stutz. Auch, weil sie Familie, Freunde und Kollegen in ihrer Entscheidung bestärkt, sie nach Kräften unterstützt haben. Und weil sie von der Stefan-Morsch-Stiftung sehr gut vorbereitet wurde auf das, was da folgen sollte.
Als Heike Stutz zur Stammzellenspende antrat, hatte sie das Schlimmste bereits hinter sich. Stutz wurde gründlich untersucht: Ultraschall, Bluttests, „Damit körperliche Vorbelastungen ausgeschlossen werden können und damit der Spender weiß, dass er kerngesund ist“, sagt Andrea Djifroudi, Sprecherin der Stefan-Morsch-Stiftung.
Stutz musste sich vorher fünf Tage lang ein einen körpereigenen Botenstoff spritzen, der die Produktion der Stammzellen ankurbelt und diese ins Blut spült. Der Stoff hat Nebenwirkungen. Sie hatte Kopf- und Gliederschmerzen, fühlte sich schlapp. „Ich kam mir vor, als hätte ich eine starke Erkältung“, sagt die Spenderin.
Zur Behandlung nach Rheinland-Pfalz
Danach ging alles sehr schnell. Heike Stutz musste zur Behandlung nach Birkenfeld bei Trier in Rheinland-Pfalz, dem Sitz der Stiftung. Die gerade produzierten Stammzellen wurden per Dialyse, eine Blutwäsche, aus ihrem Körper gewonnen – per Zentrifuge. Morgens um 5 Uhr ging die Reise zu Hause los, um 16.30 Uhr war sie bereits wieder zurück. Die eigentliche Behandlung dauerte fünf Stunden, in denen sie nicht essen oder trinken, sich kaum bewegen durfte. Fünf Stunden, in denen sie rund um die Uhr betreut wurde. „Das war schon ein komisches Gefühl. Mein eigenes Blut hat meinen Körper dreimal hintereinander verlassen.“ Heike Stutz hat ihre Entscheidung trotzdem nicht bereut. „Das war ein spannendes Erlebnis.“ Die Stammzellen werden mit Stoffen vermischt, die den Transport ermöglichen.
Heike Stutz’ Spende ging sofort auf die Reise. Der Kurier wartete bereits. Innerhalb von 72 Stunden, sagt Stutz, müsse die Spende den Empfänger erreichen. Und in spätestens zwei Monaten wird Stutz wissen, ob ihr Engagement erfolgreich war, ob sie Leben retten konnte. Das kann sie dann bei der Stiftung erfragen. Vielleicht wird der junge Schwede auch irgendwann Kontakt zu ihr aufnehmen wollen. Frühestens in zwei Jahren wäre ein solches Kennenlernen möglich. „Er kann darüber selber entscheiden“, sagt Heike Stutz. Sie würde sich aber sehr sehr darüber freuen.