Bonn/Frankfurt a.M. Täglich mindestens 1,5 Liter Flüssigkeit trinken - das ist oftmals mit dem leidigen Schleppen von Wasserkästen verbunden. Dabei ist das Wasser aus dem Kran preiswerter - und mindestens genau so gut. Die Zusätze zu Lifestyle-Wässerchen, so Experten, brächten keinen echten Nutzen.
Gegen den Durst soll der Mensch Wasser trinken, am besten 1,5 Liter pro Tag. So lautet die gängige Empfehlung aller Fachgesellschaften. Doch welches Wasser ist empfehlenswert? Reicht es, seinen täglichen Flüssigkeitsbedarf aus dem Wasserhahn zu stillen oder sollte man lieber zur Mineralwasserflasche greifen?
"Für die tägliche Flüssigkeitsbilanz sind beide Wassersorten gleich gut", sagt die Bonner Diplom-Ökotrophologin Gabriela Freitag-Ziegler. Auch für die Gesundheit, vor allem im Hinblick auf die Mineralstoffversorgung, spiele die Wahl des Wassers eine untergeordnete Rolle. "Entscheidend ist vor allem der persönliche Geschmack."
Einwandfreie Qualität aus dem Hahn
Theoretisch müsste heute kein Mensch schwere Kisten die Treppen hochschleppen und sich in Getränkemärkten mit Pfandautomaten ärgern: "Wir haben alle einen Wasserhahn zu Hause, aus dem Trinkwasser in geprüfter und einwandfreier Qualität fließt", sagt Freitag-Ziegler, die in Sachen Wasser auch für den deutschen aid infodienst in Bonn tätig ist. Doch das Leitungswasser schmeckt nicht jedem, denn ohne Kohlensäure wirkt es eher fad auf der Zunge. Mineralwasser hingegen prickelt dank der Kohlensäure und wirkt sehr frisch. "Zum geschmacklichen Aufpeppen von Leitungswasser kann man aber zum Beispiel einen Trinkwassersprudler benutzen oder Zitronenscheiben in die Wasserkaraffe geben", sagt die Expertin.
Die Wasserleitung muss in Ordnung sein
Mineralwasser kommt aus tiefen Quellen und durchwandert viele Gesteinsschichten, bevor es in Flaschen abgefüllt wird. Die deutsche Mineral- und Tafelwasserverordnung (MTVO) schreibt vor, dass es von ursprünglicher Reinheit sein muss. Leitungswasser kommt aus dem Grundwasser oder auch aus Oberflächengewässern wie Seen oder Talsperren. Auch wenn Trinkwasser aus der Leitung das am strengsten kontrollierte Lebensmittel in Deutschland ist, beim Hausanschluss des Verbrauchers hört die Gewährleistung auf.
"Bewohner älterer Häuser, mit Erbauungsdatum vor 1973, sollten sicherstellen, dass im Haus keine Bleileitungen mehr sind", empfiehlt Iris Löhlein, Diplom-Ökotrophologin beim Forum Trinkwasser aus Frankfurt am Main. Denn: Bei längerer Standzeit kann das Schwermetall von der Leitung ins Trinkwasser gelangen. Wasserfilter können in Regionen mit hohem Kalkgehalt im Leitungswasser zum Beispiel für die Teebereitung sinnvoll sein, sagt Löhlein: "Es ist aber wichtig, diese Geräte sauber zu halten und regelmäßig die Filterkartusche zu wechseln."
Mineralienbedarf wird durch die Nahrung gedeckt
Wer Leitungswasser mag, profitiert von einem unschlagbaren Preis: Rund drei Euro muss der Verbraucher in Deutschland für 1.000 Liter Trinkwasser bezahlen. Im Vergleich: Die gleiche Menge Mineralwasser aus dem Fachhandel kostet mindestens 230 Euro. Der zusätzliche Nutzen des sprudelnden Wassers, nämlich die Versorgung des Körpers mit lebenswichtigen Mineralien, sollte nicht überbewertet werden, meint Freitag-Ziegler.
Auch Diplom-Ökotrophologin Iris Löhlein stimmt dem zu: "Im Normalfall nehmen wir mit einer ausgewogenen Ernährung bereits ausreichend Mineralstoffe auf und müssen nicht noch zusätzlich welche trinken." Ausnahmen bilden Menschen mit einem erhöhten Mineralienbedarf oder einer eingeschränkten Ernährungsweise. So sei es zum Beispiel für Leistungssportler oder Menschen mit einer Laktoseintoleranz ratsam, Mineralwasser statt Leitungswasser zu trinken, sagt Freitag-Ziegler: "Hier empfiehlt sich eine Sorte mit viel Magnesium oder Calcium."
Wässerchen mit vermeintlichem Zusatznutzen
Mehr Marketing als Substanz steckt dagegen offenbar in Wasserflaschen mit vielversprechenden Etiketten: Tafelwasser zum Beispiel klinge nach einem besonders feinen Getränk, habe aber keinen besonderen Mehrwert, sagt Freitag-Ziegler: "Hier wird einfach nur Leitungswasser mit Mineralwasser oder Mineralsalzen angereichert." Auch die im Fachhandel erhältlichen Wellness-Wassersorten, die zum Beispiel mit dem Extra-Kick Sauerstoff werben, hätten keinen nennenswerten gesundheitlichen Zusatz-Nutzen für Verbraucher. (dapd)