Berlin. Hauptschülerinnen im Teenageralter werden fünfmal so oft schwanger wie gleichaltrige Gymnasiastinnen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) über Verhütungsmittel. Ebenfalls beachtsam: Immer häufiger informieren sich Jugendliche im Internet über Verhütungsmethoden.
Das Internet ist für junge Migranten eine wichtige Informationsquelle für Themen wie Verhütung und Sexualität. Vor allem Jungen informierten sich hier "mit Abstand" am häufigsten, sagte Elisabeth Pott, Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) im dapd-Interview. Grund sei, dass ausländische Jugendliche im Elternhaus seltener über diese Themen sprächen als deutsche Altersgenossen. Deshalb werde auch die Schule immer wichtiger, wenn es um Sexualaufklärung gehe.
Etwa die Hälfte der Mädchen und 41 Prozent der Jungen aus Migrantenfamilien führen einer BZgA-Studie zufolge ein Verhütungsgespräch mit den Eltern. Bei den gleichaltrigen deutschen Jugendlichen sind es 69 beziehungsweise 58 Prozent. "Das war vor 30 Jahren noch ganz anders", sagte Pott. Nur etwas mehr als ein Drittel der Mädchen und jeder vierte Junge sprach damals mit den Eltern über Verhütung.
Nur acht Prozent erleben das erste Mal ohne Verhütungsmittel
Mit der Offenheit hat sich auch das Verhütungsverhalten verbessert: Nur acht Prozent der deutschen Jugendlichen verhütete beim ersten Mal nicht, bei den Mädchen mit Migrationshintergrund lag der Anteil bei zwölf Prozent, bei den Jungen bei 18 Prozent. Seit 2005 habe sich aber auch bei dieser Gruppe die Zahl deutlich verringert, betonte Pott. "Wir erleben im Moment, dass wir mit unseren Aufklärungskampagnen diese Jugendlichen viel besser erreichen, zum Teil auch dank der Möglichkeiten des Internets."
Beliebtestes Verhütungsmittel sind Pille und Kondom. Neben der verstärkten Sexualaufklärung seit 1993 habe letzteres auch mit der Kampagne zur Aufklärung über Aids zu tun, sagte Pott. "Für die Jugendlichen heute ist das Kondom ein weitgehend normaler Hygieneartikel geworden, der als Schutz vor einer ungewollten Schwangerschaft und als Schutz vor einer HIV-Ansteckung eingesetzt wird."
Zahl der Teenagerschwangerschaften ist sehr niedrig
Die Schule spiele bei der Sexualerziehung eine entscheidende Rolle, alle Länder hätten inzwischen Sexualkunde in den Lehrplan aufgenommen, sagte die BZgA-Direktorin. Die Bundeszentrale stellt Schulen ihre Informationsmaterialien kostenlos zur Verfügung. Auch sei man kontinuierlich damit beschäftigt, Arbeitshilfen für Schulen und Bildungseinrichtungen zu entwickeln, "die im Unterricht eingesetzt werden können".
Offenbar mit Erfolg, denn die Zahl der Teenagerschwangerschaften in Deutschland ist sehr niedrig. In diesen Fällen sei auch nicht immer fehlende Information der Grund, betonte Pott. Es gebe junge Frauen, die glaubten, keine Perspektive zum Beispiel im Beruf zu haben. "Sie denken dann, mit einem Kind könnten sie ihren Status verbessern, halten einen Status als Mutter in diesen jungen Jahren für erstrebenswert." Hauptschülerinnen im Teenageralter würden fünfmal so häufig schwanger wie gleichaltrige Gymnasiastinnen, sagte die Medizinerin.
"Hier versuchen wir mit anderen Mitteln zu helfen", erklärte Pott. Es gehe darum, diesen jungen Leuten zu zeigen, dass sie Schwächen, aber auch Stärken hätten. Die BZgA arbeite hier zusammen mit Bildungseinrichtungen und Arbeitsagenturen, um die Betroffenen in Beschäftigungen zu vermitteln, bei denen sie ihre Stärken einbringen könnten. (dapd)