Werdohl.

Die Evangelische Kirchengemeinde Werdohl wird auf Dauer mit zwei Pfarrstellen auskommen müssen. Fertige Lösungen für die Zeit nach dem Weggang von Pfarrer Dieter Kuhlo-Schöneberg gibt es noch keine. Die Gemeindeglieder waren am Mittwochabend in großer Zahl ins Gemeindehaus an der Freiheitstraße gekommen, um sich zu informieren. Pfarrer Dirk Grzegorek zeigte den Fahrplan auf, auf den sich die Leitungsebene der Gemeinde verständigt hat. Kritik gab es kaum.

„Alle Veränderungen werden wir gemeinsam durchbuch-stabieren“, sagte Grzegorek sehr anschaulich, dass die Gemeindeleitung das Leitwort „Menschen zu Beteiligten machen“ absolut beim Wort nehmen würde.

Die Sachlage sei für ihn eindeutig. Zurzeit gebe es etwa 6000 Gemeindeglieder. Die Landeskirche gebe die Zahl von 2800 Menschen pro Pfarrstelle vor. Grzegorek geht davon aus, dass es auch keinen Entsendungsdienstler, auch nicht in verringertem Stellenumfang, für die Werdohler Gemeinde geben werde. Freiwillig würde ohnehin niemand in diese Region wollen.

Bis Jahresende bleibt Gottesdienstplan bestehen

Bis zum Jahresende bleibe der bisherige Gottesdienstplan für Kreuzkirche, Christuskirche und Friedenskirche bestehen. Danach werde es sicher zu Veränderungen kommen. Grzegorek: „Es kann sein, dass wir eine Gottesdienststruktur entwickeln, die Flexibilität verlangt.“ Veränderungen noch in diesem Jahr müsse es beim Konfirmandenunterricht im Bereich der Kreuzkirche geben, der bislang von Dieter Kuhlo-Schöneberg geleitet wurde.

Grzegorek ermahnte vor allem seinen Gemeindebezirk und den der Christuskirche: Niemand könne sich dort zurücklegen und denken: „Lass die in der Kreuzkirche doch machen.“ Das ginge nicht, alle gemeinsam müssten überlegen, wie es weitergehe.

Bestehen bleiben würden auch die beiden Pfarrbezirke, der Seelsorgebezirk Königsburg/Pungelscheid innerhalb der beiden Pfarrbezirke werde aufgelöst. Die Pfarrer Grzegorek und Buschhaus seien für alle Kasualien zuständig, dass seien die ureigenen Aufgaben von Pfarrern.

Ziel ist Bildung eines Gesamtpresbyterium

„Wir haben keinen Plan A in der Tasche und keinen Plan B in der Schublade“, sagte Grzegorek als Presbyteriumsvorsitzender. Hans de Hek und Gerhard Petersmann würden ehrenamtlich den Bezirksauschuss bis zum Jahresende leiten, mehr sei ihnen nicht zuzumuten.

Der Fahrplan sehe so aus: Am 25. September komme das Presbyterium zu einer Sitzung zusammen. Für den 12. Oktober sei ein Presbyteriumstag im Haus Nordhelle geplant. Das Ziel sei, dann Beschlüsse vorbereitet zu haben, die mit der Gemeinde besprochen werden sollen. Grzegorek stellte so ziemlich alles in Frage, was dabei herauskommen könne. „Wie lange werden wir noch drei Kirchen und drei Gemeindezentren haben?“ ist wohl die zentralste dabei. Perspektiven gebe es dennoch: Man könnte die Gemeindepädagogik rund um die Kreuzkirche aufwerten und dort die Verantwortung für den kirchlichen Unterricht hingeben und eventuell sogar pastorale Aufgaben.

Noch sei die Leitungsstruktur mit den Bezirksausschüssen notwendig, Ziel sei aber, ein Gesamtpresbyterium zu bilden. „Wir müssen hin zur Einheit mit verschiedenen Standorten“, sagte Grzegorek. Der Pfarrer mahnte auch mit Blick auf sich und seinen Kollegen Buschhaus: „Nehmen Sie bitte auch unsere Begrenzungen und unterschiedlichen Begabungen ernst!“

Eine Gemeinde muss zusammenwachsen 

Einer der ersten Wortmeldungen nach dieser Situationsbeschreibung kam von Gerhard Karschen: „Wir machen keine Entwicklung, sondern wir machen Rückbau.“ Eine Gemeinde müsse wachsen und nicht von Pfarrern verwaltet werden. Deshalb seine Forderung: „Wir brauchen nicht noch eine Pfarrstelle, wir brauchen einen Missionar.“

Dem wurde aus der Gemeinde heraus widersprochen. Alle Gemeindeglieder seien angesprochen, dazu brauche man keinen Missionar, hieß es. Und ein anderer sagte, dass Wachstum in einem immer kleiner werdenden Werdohl utopisch sei. „Wir brauchen Wachstum nach innen im Sinne von Zusammenwachsen“, sagte Dr. Stefan Werth. Bislang habe es ein komfortables und gemütliches Gemeindeleben gegeben. Pfarrer und Presbyterium allein könnten das nicht schaffen.

Pfarrer Dieter Kuhlo-Schöneberg entschuldigte sich bei der Gemeinde: „Ich habe gedacht, dass ich die Arbeit auf der Königsburg besser ausfüllen könnte. Ich bin persönlich nicht so gut damit zurecht gekommen.“ Aus beruflichen und lebensplanerischen Gründen habe er sich auf die feste Pfarrstelle in Neuenrade beworben. Pfarrer Martin Kämper bemerkte, dass er unter der Voraussetzung, in der Kreuzkirche ginge es weiter, in den vorzeitigen Ruhestand gegangen sei.

Haushaltslage hat sich entscheidend gebessert

Finanzkirchmeister Lothar Jeßegus berichtete, dass die vergangenen drei Jahre kontinuierlich Kirchensteuern geflossen seien. Die Gemeindefinanzen hätten sich vorübergehend konsolidiert. Das Spendenaufkommen, vor allem aus freiwilligem Kirchgeld, sei in 2012 von sonst konstant 75.000 Euro auf 61.000 Euro gesunken. Nach dem Ausscheiden von Pfarrer Kämper habe sich die Haushaltslage entscheidend gebessert, es könnten wieder vorgeschriebene Rücklagen gebildet werden. Durch einen Anbieterwechsel beim Gas spare die Gemeinde bis zu 20.000 Euro jährlich.

Für den Verlust von 2700 Gemeindegliedern in den vergangenen zwölf Jahren sei der demographische Faktor entscheidend, so Pfarrer Buschhaus. Die meisten würden durch Tod und Wegzug ausscheiden, pro Jahr gebe es vielleicht 25 Austritte und zehn bis zwölf Wiedereintritte.

Olaf Krähahn, Werdohler Presbyter und hauptberuflich Finanzchef beim Kirchenkreis, wollte nicht die Höhe eines Vermächtnisses benennen, aus dessen Zinsen derzeit ein Großteil der Stellen der beiden Gemeindepädagoginnen bezahlt werde.