Dorsten/Essen. . Am zweiten Prozesstag vor der Essener Berufungskammer hat ein 45-jähriger Dorstener gestanden, dass er seine 19-Stieftochter missbraucht und vergewaltigt hat. Schon im Mai war er zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt worden, ging aber in Berufung.

Das Geständnis kam in allerletzter Minute: Am zweiten Prozesstag vor der Essener Berufungskammer bekannte sich am Dienstag ein 45-jähriger Dorstener dazu, dass er seine Stieftochter missbraucht und vergewaltigt hat, genauso wie es die inzwischen 19-Jährige geschildert hatte.

„Es tut mir leid“, sagt er. Und das, so Opferanwalt Andreas Perner, nachdem die jetzt 19-Jährige fünfmal aussagen musste. Fünfmal musste sie sich bohrenden Fragen stellen, die ihre Schilderung der sexuellen Übergriffe auf Herz und Nieren prüften und in Frage stellten. Zuerst bei der Polizei, dann zweimal beim Dorstener Schöffengericht, dann bei der Psychologin und schließlich vor der Berufungskammer in Essen, die den Fall nun verhandelte. Die Dorstener Richter glaubten ihr. Nach drei Prozesstagen verurteilten sie den Angeklagten am 5. Mai zu einer dreijährigen Haftstrafe, weil er seine damals dreizehnjährige Stieftochter in einem Kroatien-Urlaub 2006 missbraucht und 2009 die dann 16-Jährige im elterlichen Wasserbett in der Dorstener Wohnung vergewaltigt hatte.

Täter bezichtige Opfer der Lüge

Der 45-Jährige legte Berufung ein, bestritt bis zuletzt und bezichtigte die junge Frau der Lüge. Nicht nur das, er machte sie auch schlecht: „Ich mach Dich fertig“, soll sie ihm immer wieder gedroht haben, behauptete er.

Die Aussagen des Opfers und deren Mutter (41) überzeugten auch Verteidiger Volker Schröder. „Ich habe die Notbremse gezogen“, sagt er und es war vermutlich Schwerstarbeit, den Angeklagten zu einem Geständnis zu bewegen. Auch wenn es spät kam, brachte es ihm Strafmilderung. Die Kammer stellte den Übergriff im Kroatien-Urlaub ein (es ging um eine Berührung über der Kleidung) und beließ es bei einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten für die Vergewaltigung im Wasserbett.

Erst im Dezember 2010 hatte die junge Frau es geschafft, ihrer Mutter von der Vergewaltigung zu erzählen. Sie hatte sie zuvor schützen wollen. Für die 41-Jährige war es ein Schock. „Das schwierigste Gespräch meines Lebens“, nennt sie es als Zeugin und erklärt: „Man schluckt an jedem Brocken, den man hört.“

Sie stellte ihren Mann zur Rede. „Ihr spinnt“, habe er gesagt. Am nächsten Tag ging sie mit der Tochter ins Frauenhaus. Richter Nils Feldhaus hofft, dass das Geständnis sich positiv für das Opfer auswirkt. „Vielleicht hat es Ihnen auch ein Stück weit geholfen“, wendet er sich im Urteil an die 19-Jährige.