Bergkamen. . Der Silvester-Fernsehkult “Dinner for one“ ist in England völlig unbekannt. Doch im Städtchen Cheddar leisten Karin und Helmut Schemmer kulturelle Aufbauarbeit. Und für die Hochzeit von William und Kate verkürzen die Deutschen extra ihren Urlaub.

Man mag es kaum glauben: Der Silvester-Fernsehkult „Dinner for one“ ist in der englischen Heimat der beiden Schauspieler Freddy Frinton und May Warden so gut wie unbekannt. Doch in dem kleinen Städtchen Cheddar leisten die Bergkamenerin Karin Schemmer (Bild oben Mitte) und ihr Mann Helmut kulturelle Aufbauarbeit.

Beide leben in dem 6000 Seelen-Örtchen in der Nähe der Hafenstadt Bristol. Karin Schemmer gehört zum Abiturjahrgang 1978 des Bergkamener Gymnasiums. Danach startete sie eine Lehre als Großhandelskauffrau bei Schering und nahm dort alles mit, was das Unternehmen an Fortbildungsangeboten rund um den Computer anbot. Danach machte sie sich zunächst als Unternehmensberaterin selbstständig. Ging dann aber zu RTL nach Köln, zur BMG (Bertelsmann Music Group) nach München und schließlich zu Reemtsma nach Bremen.

Glühwein eingeführt

Als der britische Tabak-Konzern „Imperial Tobacco“ den deutschen Zigarettenhersteller übernahm, wechselte Karin Schemmer ins Management im neuen Mutterhaus in Bristol. In Cheddar, das berühmt ist für seinen Käse und beliebt als Urlaubsziel wegen seiner landschaftlichen Reize, kaufte sich das Ehepaar ein Haus. Inzwischen sind beide voll integriert in das gesellschaftliche Leben des Städtchens. So trafen sie sich am 1. Weihnachtsfeiertag wie fast alle Briten ab 10 Uhr im Pub. „Das ist wie ein großes Familientreffen“, erklärte Karin. „Sie kommen mit Kind und Kegel. Nur manchmal verschwinden die Ehefrauen aus der Gaststätte. Sie schauen nach, ob es dem Truthahn im Backofen noch gut geht“, lacht Helmut.

Der Kulturtransfer funktioniert aber auch in die andere Richtung. Seit einigen Jahren laden Karin und Helmut die Nachbarn einige Tage vor Weihnachten zu einem Glühweinumtrunk ein. Dieses heiße und gewürzte Weingetränk war den Leuten bis dahin in Cheddar völlig unbekannt. Jetzt schätzen sie diese deutsche Spezialität genau so wie den Kartoffelsalat nach altem westfälischen Rezept, den Karin und Helmut in größerer Menge für diesen Abend zubereiten.

Dinner-for-one-DVDs importiert

Inzwischen sind aber viele Nachbarn auch Fans von „Dinner for one" geworden. „Die beiden Schauspieler kannten sie zwar, nicht aber diesen Sketch“, erklären die beiden.

„Er ist nicht im britischen Fernsehen zu sehen und es gibt ihn auch nirgendwo in England als DVD zu kaufen. Noch mehr hat es unsere Nachbarn gewundert, als wir ihnen erzählten, dass die Ausstrahlung dieses Sketches in Deutschland am Silvesterabend Kult geworden ist.“ Außerdem hat Silvester in England nicht den gleichen Stellenwert wie in Deutschland. Ein Feuerwerk zünden die meisten Briten jedenfalls nicht zum Jahreswechsel an. Sie haben schon ihr Pulver am 5. November beim sogenannten „Guy Fawkes Day“ verschossen – in Erinnerung an das 1605 gescheiterte Sprengstoffattentat auf König Jacob I. und das Parlament.

Dass nun aber doch in vielen Häusern trotzdem über Freddy Frinton, May Warden und das Tigerfell als Stolperfalle gelacht wird, dafür haben die DVDs gesorgt, die Karin und Helmut nach Cheddar importiert haben. Ein Exemplar ist sogar an eine Amateurtheatergruppe gegangen, die „Dinner for one“ nun auf der Bühne aufführen.

Für Prinzenhochzeit Urlaub verkürzt

Wer so lange in England lebt, kann sich natürlich der britischen Mentalität und deren weit verbreiteten Anhänglichkeit an das Königshaus nicht völlig entziehen. So will Helmut seinen Osterurlaub 2011 etwas früher beenden, damit er am 29. April wieder zu Hause in Cheddar ist.

An diesem Tag heiraten Prinz William und Catherine Middleton in Westminster Abbey. Nein, nach London wollen sie an diesem Tag nicht fahren. „Selbst die Stehplätze auf der Tribüne, an der die Hochzeitskutsche vorbei fährt, werden inzwischen ausverkauft sein“, vermutet Karin Schemmer. Aber die Bürger von Cheddar werden diese Hochzeit zu einem Festtag machen. Da wollen sie natürlich nicht fehlen.