Duisburg.
Ordner und „Pusher“ sollten die Besucherströme bei der Loveparade lenken. Doch das Sicherheitskonzept versagte. Sperren wurden überrannt, Polizeiketten durchbrochen. Insider zweifeln die Lopavent-Zahl der Ordner an.
Hinweise aus der Sicherheitsbranche sowie neue Augenzeugenberichte des Loveparade-Desasters belegen, warum das Sicherheitskonzept des Veranstalters Lopavent in den Stunden der Katastrophe versagte: Weil Ordner und klare Anweisungen fehlten, ließen sich die Menschenmassen im Unglückstunnel nicht mehr steuern. Sperren wurden überrannt, Polizeiketten durchbrochen. Der „Puffer“ für die Engstelle funktionierte nicht.
Kein ordentliches Briefing
Insider bezweifeln, dass Lopavent die Megaparty wie angegeben von knapp über 1000 Ordnern schützen ließ. Vielmehr hatten die beauftragten Sicherheitsfirmen R.A.D, SMS Security (beide Köln), CCS Security (Solingen) sowie Kötter (Duisburg) und Challenge Security (Essen) offenbar Mühe, die angeforderten Kräfte überhaupt zusammen zu bekommen. Ein Mitarbeiter eines Sicherheitsunternehmens aus Herne berichtete der WAZ, dass drei Tage vor der Veranstaltung eine der Firmen darum gebeten habe, kurzfristig 30 Kräfte für die Loveparade abzustellen. Das Herner Unternehmen lehnte ab: „Weder sollte es ein ordentliches Briefing geben, noch eine umfassende Einweisung in den Job, noch ein Training vorab.“ Für ihn stehe fest, dass ein Teil der Ordner auf den Zufahrtsstraßen körperlich überfordert war: „Die sahen aus, als kämen sie von der Klassenfahrt.“
Im Lopavent-Konzept aber spielte die Steuerung der Besucher durch Ordner eine zentrale Rolle. Insbesondere beim einzigen Eingang durch den Tunnel an der Karl-Lehr-Straße hatte der Veranstalter klar dargelegt, was zu tun ist. 100 Sicherheitskräfte seien im Einsatz, um den Publikumsfluss zu überwachen. Dazu gebe es Streifen im Tunnel. „Pusher“ sollten bei Stauungen Besucher „weiterschieben“, um Engpässe zu beheben.
Unktrontrollierter Strom in den Tunnel
Doch sämtliche Instrumente versagten. Der WAZ liegt das Video eines Besuchers vor, der das Geschehen im Tunnel unmittelbar vor der Katastrophe filmte und dabei selbst in Lebensgefahr geriet. Das Video zeigt, wie es dazu kam, dass die Menschen unkontrolliert in den Tunnel strömen konnten. Danach brach die letzte Polizeikette, als sich Beamte ein Handgemenge mit zwei jungen Männern lieferten. Nun drängte die Masse auf die Hauptrampe, auf der sich zu- und abgehende Besucher bereits gestaut hatten.
Im Video sind im Tunnel weder Ordner zu sehen, noch Anweisungen zu hören. Das Tragische: Nur 20 Meter von der Unglücksstelle entfernt führte eine zweite, kleinere Rampe auf das Gelände. Sie sollte nur als Ausgang dienen, hätte aber die blockierte Hauptrampe entlasten können. Laut Augenzeugen war die kleine Rampe zumindest zum Zeitpunkt des Unglücks geöffnet und nicht überfüllt. Warum es auch hier offenbar keine Steuerung durch Ordner oder Einsatzkräfte der Polizei oder Feuerwehr gab, muss nun die Staatsanwaltschaft klären.