London. Tom Daley ist eine der großen Goldhoffnungen bei Olympia für Großbritannien. Der smarte Turmspringer trat bereits in Peking als zweitjüngster Olympionike der britischen Geschichte an. Weibliche Fans hat er schon viele, jetzt will er die Goldmedaille. Nach einigen Schicksalsschlägen fühlt er sich bereit.
Achtung, Kreisch-Alarm: Heute will Tom Daley, Turmspringer und Popstar des britischen Olympia-Teams, vor Tausenden weiblichen Fans im Aquatics Centre Gold für sein Land holen. Mit seinem Zahnpastalächeln und gekrönten "Torso des Jahres" verkörpert der 18-Jährige mehr als nur die jüngste und größte Medaillenhoffnung Großbritanniens: Sollte Daley siegen, löst er David Beckham als Sportstar den Rang ab.
Er ist anders als Gleichaltrige
"Ich genieße Leistungsdruck und freue mich auf Olympia", sagt Daley, "auf den Wettkampftag warte ich schon so lange, dass ich froh bin, wenn es endlich soweit ist." Er klingt nicht nur anders als Gleichaltrige, er tickt auch anders. Der 18-Jährige raucht nicht, trinkt nicht und spielt auch keinen Fußball. Ein Foul, ein Knochenbruch und seine Karriere als Turmspringer wäre beendet - und zwar noch bevor er offiziell erwachsen ist.
Die Fürsorge für Daley ist groß. Zum einen, weil echte Nachwuchstalente in Großbritannien knapp sind. Zum anderen, weil der Jugendliche erst letztes Jahr seinen Vater und Mentor Rob durch einen Gehirntumor verloren hat. "Natürlich war das schwer", sagt er, "und ich versuche am Wettkampftag nicht trauriger zu sein als an anderen Tagen. Eine Medaille war immer sein Traum, und wenn ich gewinne, dann für ihn."
Daley ist zweitjüngster Athlet der britischen Geschichte
Mit sieben Jahren stand Daley zum ersten Mal auf einem Sprungbrett - bei einem Schnupperkurs, den Vater Rob ihm für 25 britische Pfund geschenkt hatte. Schon kurz später hängte der Senior seinen Elektroinstallationsbetrieb an den Nagel: Tom war ein Naturtalent, aber eben auch noch ein Kind, schmächtig, mit Zahnspange und Heimweh, das permanent zu internationalen Wettkämpfen begleitet werden musste.
Fünf Jahre nach dem Schnupperkurs - "die bestangelegten 25 Pfund meines Lebens", so der Vater - ging Tom als 14-Jähriger und zweitjüngster Athlet der britischen Geschichte bei den Olympischen Spielen in Peking an den Start. 2009 holte er bei den Schwimmweltmeisterschaften in Rom den Weltmeistertitel im Zehn-Meter-Turmspringen.
Tom Daley wurde zum Torso des Jahres gewählt
Die Kindlichkeit ist seitdem verschwunden, "Daleymania" regiert: Männer-Fitness-Magazine haben seinen durchtrainierten Oberkörper zum "Torso des Jahres" gewählt. Er hat Kate Moss und die Queen getroffen. Madame Tussaud's gießt seinen Körper in Wachs. BMW, Adidas und Nestlé gehören zu seinen Sponsoren.
Als Vorschuss für seine Autobiographie "My Story" hat Tom fast eine halbe Million Euro kassiert. Geld, das die Familie braucht: Seit dem Tod des Vaters ist er Haupternährer im Hause Daley. Nebenbei macht er Abitur, vor und nach jedem Schultag trainiert er stundenlang je drei Stunden lang.
Kein Wunder, dass Tom, der aussieht wie der Sänger einer Boygroup und dabei der nette Junge von Nebenan geblieben ist, als Posterboy für die Olympischen Sommerspiele in London herhalten muss. Das Aquatics Centre, in dem er heute gegen die gefürchtete Konkurrenz aus China antritt, hat er persönlich mit einem Sprung vom Zehn-Meter-Brett eröffnet.
Daley träumt von Gold
"Mein Vater hat mich inspiriert, das Beste aus mir zu machen", sagt Daley, "Sachen, die man nur halbherzig angeht, kann man auch lassen." Mit seinem Gesicht, seinem positiven Ehrgeiz und der Lässigkeit werben die Olympia-Macher auch um die Jugend: Im Königreich, in dem fast jedes zweite Kind übergewichtig ist, soll der Erfolg des 18-Jährigen den Nachwuchs von der Couch reißen. Das Ergebnis war bislang allerdings ein ganz anderes: Weil Daley von seinen Mitschülern in Plymouth gemobbt und verprügelt wurde, musste er das Gymnasium wechseln.
Nach den Sommerspielen will der Starathlet eine Woche Pause einlegen - und dann sein Leben weiterplanen. Die Abiturprüfung in Mathe muss er noch bestehen, den Sprung ins Berufsleben schaffen. Er träumt von Gold - aber auch von einem Job als Fernseh-Moderator. Die vornehmlich weiblichen Teenie-Fans könnte eine TV-Karriere nur freuen: Wo auch immer der Turmspringer auftritt, sind kreischende "Daley's Angels" und 300.000 Twitter-Follower nicht weit.