Köln/München. In der Führungsriege der ARD nimmt das Murren über die schlechten Quoten des einstigen Star-Talkers Thomas Gottschalk zu. Dessen Sendung “Gottschalk live“ erzielt im Vorabendprogramm so schlechte Marktanteile, dass die ARD sogar um den Erfolg der Tagesschau fürchtet.
Die Diskussion um den Quoten-Flop Thomas Gottschalk nimmt kein Ende. In der Führungsriege des Ersten wird immer mehr gemurrt. Doch noch hält die ARD an dem glücklosen Vorabend-Talker fest.
Am Montag hatte der ehemalige „Wetten, dass..?“ sein 19.20-Uhr-Format „Gottschalk Live“ zumindest teilweise umgemodelt. Seither plauscht der lange Blonde vor kleinem Studiopublikum; zuvor musste seine Redaktion applaudieren, wenn ein Gast zu Gottschalk kam.
Um 17:50 Uhr beginnt die Todeszone der ARD
Der Senderverbund dementierte am Donnerstag zwar einen Bericht, wonach die Intendanten mit Mehrheit beschlossen haben sollen, von dem vertraglich vorgesehenen Sonderkündigungsrecht Gebrauch zu machen. Zuvor hatten sich die ARD-Intendanten zusammengeschaltet, um über die Zukunft des Formates zu sprechen. Tatsache ist: Ein erheblicher Teil der Senderchefs mault, ein Teil ist unentschlossen. Hinter vorgehaltener Hand heißt es, der Misserfolg des einstigen ZDF-Quotenkönigs gefährde die Publikumsresonanz der „Tagesschau“ um 20 Uhr.
Zahlen wie die Quoten vom Mittwoch werfen ein Schlaglicht auf die Situation. Das Boulevard-Magazin „Brisant“ (17.15 Uhr) läuft klasse. Ein Marktanteil von 14,9 Prozent liegt deutlich überm ARD-Schnitt. Dann, um 17.50 Uhr, beginnt die Todeszone Vorabend. Das Zuschauer-Interesse an der Vorabend-Unterhaltung lässt sich mit unschöner Regelmäßigkeit nach. „Verbotene Liebe“: schwach. „Heiter bis tödlich“: schwächer. „Gottschalk Live“: am schwächsten. Am Montag, dem Relaunch-Tag, legte der Moderator gegenüber früheren Tagen leicht zu. Inzwischen ist wieder Alltag eingekehrt. 1,22 Millionen Zuschauer oder 4,6 Prozent Marktanteil sind für einen Millionen-Einkauf indiskutabel.
Die Tagesschau erzielt keine Traumquoten mehr
Und die „Tagesschau“ war am Mittwochabend, zumindest im Ersten, keineswegs der Einstieg ins Abendprogramm. 4,90 Millionen Zuschauer sind für die Mutter aller Nachrichten-Sendungen ein mäßiges Ergebnis. Dabei spielt eine untergeordnete Rolle, dass die „Tagesschau“ auch in den Dritten sowie bei 3sat und Phoenix zu sehen ist.
Ein erheblicher Teil des Publikums schaltete erst nach den Nachrichten ein. Der Pokal-Hit Gladbach gegen Bayern hatte mit 9,93 Millionen Zuschauer doppelt so viel Resonanz wie die „Tagesschau“.
WDR-Intendantin Monika Piel hält an Gottschalk fest
Und dennoch hält die ARD-Vorsitzende und WDR-Intendantin Monika Piel weiter an Gottschalk fest. "Es wäre unsinnig, zeitgleich mit dem Relaunch der Sendung 'Gottschalk Live' deren vorzeitiges Ende zu beschließen", sagte Piel. Zwar wird Gottschalk nicht über Gebühren, sondern über den Werbe-Etat des Ersten finanziert. Aber über die privatwirtschaftliche WDR Media Group, die neben der ARD-Filmtochter Degeto Vertragspartner von Gottschalk ist, gibt eben doch Verbindungen zum WDR. Ließe Monika Piel ihre prestigeträchtige Neuerwerbung schnell fallen, handelte sie sich den Vorwurf ein, illoyal gegenüber Gottschalk zu sein. Überdies verlöre sie ihr Gesicht gegenüber den übrigen ARD-Intendanten.
So verhinderte Piel im ARD-Intendantenkreis ein Votum gegen Gottschalk. Vielmehr will sie ihn noch eine Weile gewähren lassen. Dennoch heißt es, auch ihre Geduld währet keineswegs ewiglich. Im Raum steht eine Frist von vier, fünf Wochen.