Essen. . Nach vier Wochen „Gottschalk Live“ fällt die Bilanz bedrückend aus: Geplauder lau, Quoten mau, und jetzt meutern sogar die Werbekunden. Kann Thomas Gottschalk den Trend noch drehen? Und wenn ja, wie?

Als hätte er’s geahnt. Am Ende seiner vermasselten Premiere machte sich der große Thomas Gottschalk klein, fiel theatralisch auf die Knie und flehte um jeden Zuschauer. Allein, das Publikum strafte ihn ab. Nur der Auftakt von „Gottschalk Live“ erfüllte die Erwartungen von ARD und Werbetreibenden. Der Vorabend im Ersten erwies sich auch für den einstigen Quoten-Gott von „Wetten, dass..?“ als Todeszone. Eine lebende Legende zerstört sich selbst. Jetzt hilft nur noch beten.

Nach vier Wochen auf dem Bildschirm ist klar: Gottschalks Vorabend-Auftritt erweist sich immer mehr als großes Missverständnis. Das Erste hatte in seiner Eigenwerbung für den millionenschweren Neuzugang die Erwartung geweckt, der lange Blonde servierte seinem Publikum zum Abendbrot dieselben Stars wie bei „Wetten, dass..?“ zur besten Sendezeit. Daraus wurde nichts. Zur Premiere kam statt eines Stars aus Hollywood ein Komiker aus München. Bei den Gästen ist Weltklasse die Ausnahme, deutscher Durchschnitt die Regel. Zum Valentinstag probierte der Gummibärchen-Mann etwas Neues und lud mit einem betagten Berliner Ehepaar Alltagsmenschen in seine Sendung ein.

Gottschalks Geplauder schwankt zwischen schlagfertig und dämlich

Gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht: Bedauerlicherweise führt gerade Gottschalk die Gültigkeit dieser Volksweisheit vor. Bei seiner Premiere wollte er spontan und launig sein – wie in seinen frühen Radio-Tagen. Bully Herbig und Gottschalk kennen sich. Dennoch scheiterte der Plausch grandios – an Werbeblöcken und an Gottschalks fahriger Art. Dabei ist das Problem bekannt. Bei „Wetten, dass..?“ schwankte die Qualität von Gottschalks Geplauder stets zwischen sensationell schlagfertig und bedrückend dämlich. Inzwischen hat Gottschalk auf Kritik reagiert. Anders ist es, besser nicht: Statt Spontaneität gibt’s Karteikarten. Der Gastgeber krallt sich daran fest wie ein Ertrinkender an einem Holzbalken. Doch selbst akribisch vorbereitet fehlt ihm immer noch eines: echtes Interesse an seinen Gesprächspartnern.

Die Neugierde auf Gottschalk verpuffte blitzartig. Nur drei Ausgaben erreichten mehr als zwei Millionen Zuschauer. Alle anderen Ausgaben liegen deutlich darunter. Am 9. Februar unterschritt das Format gar die Eine-Million-Marke. Ein Marktanteil von 3,4 Prozent würde selbst kleine Sender wie Vox enttäuschen.

ARD zahlt für "Gottschalk Live" einen Millionen-Etat

Gottschalk war nicht für eine Handvoll Euro zu haben: Das war der ARD von vorn herein klar. Deshalb soll der Millionen-Etat für „Gottschalk Live“ durch Werbung zumindest teilweise wieder hereingeholt werden. Zwar gelang der ARD-Werbetochter AS&S „eine angemessene Auslastung“ der halben Stunde vor acht, doch jetzt muss sie dem flauen Interesse an Gottschalk Tribut zollen: Der Preis für die Werbung sank um 30 Prozent.

144 Sendungen hat die ARD bei Gottschalk bestellt. Kein Wunder, dass die Entscheider des Ersten ihre Neuwerbung nach außen verteidigen. Kaum denkbar ist es, dass sie Gottschalk vor die Studiotür setzen. Denkbar jedoch ist, dass Gottschalk selbst hinwirft.