Essen. . Ob Regionalkrimi oder Thomas Gottschalk: Der Vorabend im Ersten bleibt Todeszone. Dennoch setzt ARD-Vorabendkoordinator Frank Beckmann auf Lebenszeichen. Und er ist in punkto Gottschalk überzeugt: “Er findet sich“.

Ob die regionale Krimi-Reihe „Heiter bis tödlich“ oder die Plausch-Sendung „Gottschalk Live“ – der ARD-Vorabend kommt nicht in die Puschen. Vorabend-Koordinator Frank Beckmann stellte sich den Fragen von Jürgen Overkott.

Ihre Mission am Vorabend erinnert mich an Kobra Wegmann.

Frank Beckmann: Wieso?

Der Vorabend musste neu strukturiert werden

Er hat sich ins kollektive Gedächtnis der Fußball-Fans eingebrannt mit der Weisheit: Erst hatte ich kein Glück, und dann kam noch Pech dazu.

Frank Beckmann: Das weise ich zurück. Dass der Vorabend neu strukturiert werden muss und dieser Umbau einige Zeit braucht, um erfolgreich zu werden, wusste ich vorher. Wir haben uns vorgenommen, durchaus auch Experimente zu wagen. Und genau haben wir das getan. Wir sind auf Kurs.

Tatsächlich ist bei „Heiter bis tödlich“ eine Linie zu erkennen – aber niemand will sie sehen. Was muss besser laufen?

Frank Beckmann: Wir haben mit dem Umbau des Programms den „Marienhof“ eingestellt und auf „Verbotene Liebe“ gesetzt. Die Konzentration auf die stärkere Marke bei den dailys hilft uns bei der Anschubfinanzierung der neuen Serien. Diese Serien können wir im Übrigen auch in den Dritten Programmen wiederholen. Dazu kommt, dass die Regionalkrimis regional unterschiedlich funktionieren. „Nordisch herb“ funktioniert im Norden besser als im Süden...

„Hubert & Staller“ geht in die zweite Runde

...aber insgesamt eben nicht sehr zufriedenstellend.

Frank Beckmann: Wir setzen auf eine längerfristige Strategie, und diese Strategie ist richtig. Wir haben zumindest schon einen Krimi, den wir verlängern: „Hubert & Staller“. Wir sind dabei herauszufiltern, was bei den Zuschauern am besten ankommt.

Kommen beim ARD-Publikum gut an: Christian Tramitz (r.) als Franz Hubert und Helmfried von Lüttichau als Johannes Staller in der ARD-Serie
Kommen beim ARD-Publikum gut an: Christian Tramitz (r.) als Franz Hubert und Helmfried von Lüttichau als Johannes Staller in der ARD-Serie "Heiter bis tödlich - Hubert und Staller". (Foto: ARD/TMG/Katrin Krammer/dapd)

Was funktionierte denn bei „Hubert & Staller“ besonders gut?

Frank Beckmann: Die Leute mögen den schrägen Humor, und die beiden Hauptdarsteller harmonieren hervorragend. Der Marktanteil beim Gesamtpublikum war mit 7,7 im Prozent im Jahr 2011 besser als das Programm, das vorher auf diesem Sendeplatz lief. Und ein Marktanteil von mehr als sechs Prozent bei den jüngeren Zuschauern bedeutet ein Plus von 50 Prozent.

Und dennnoch: An welchen Schrauben wird gedreht?

Frank Beckmann: Wir haben bisher Serien gestartet mit 16 Folgen, wir werden demnächst auch Serien mit nur acht Folgen haben. Wir können dann schneller reagieren, um den Zuschauer-Geschmack optimal zu treffen. Aber wir sind erst seit fünf Monaten dabei, und wir bitten um etwas Geduld. Wir haben mit langfristigen Sehgewohnheiten zu tun.

Wird der Humor der Zuschauer getroffen?

Wie viel Zeit geben Sie sich?

Frank Beckmann: Wir werden in diesem Halbjahr neben „Morden im Norden“ am Dienstag noch zwei Serien an den Start bringen. „München 7“ am Mittwoch und „Alles Klara“ am Donnerstag. Sie haben etwas mehr Zeit gehabt bei der Buch-Arbeit als die Serien, die eher gezeigt wurden. Aber was im Herbst kommt, ist schon eine Reaktion auf unsere Zuschauerforschung: Ist das Tempo okay? Wird der Humor der Zuschauer getroffen? Wie spannend darf es sein? Wie stark dürfen Charaktere überzeichnet sein? Wie ernst muss der Kriminalfall genommen werden?

Wie reagieren Sie auf Thomas Gottschalks Absturz?

Frank Beckmann: Wir haben mit Gottschalk einen der größten deutschen Moderatoren, und wir haben mit ihm etwas riskiert, was wir mit anderen möglicherweise nicht getan hätten. Bei den Marktanteilen, die wir vorher auf Gottschalks Sendeplatz hatten, war das Risiko überschaubar. Aber wahr ist auch: Wir haben mit ihm ein Experiment gewagt, und ich war mir sicher, dass das kritisch, sehr kritisch begleitet werden würde. „Gottschalk Live“ ist ein völlig neues Format. Aber es muss auch täglich optimiert werden. Es geht jetzt darum, so viele Zuschauer zu gewinnen, dass es sich lohnt, dieses Programm auf Dauer anzubieten.

Bei Gottschalk funktionieren die hochkarätigen Gäste

Im Augenblick wollen ihn nur 1,5 Millionen sehen. Wo muss Gottschalk schrauben?

Frank Beckmann: Wir arbeiten mehr mit Einspielern, und wir versuchen, noch mehr zu strukturieren. Gottschalk braucht noch mehr Vorlagen von der Redaktion, die er mit seinen Moderationskünsten dann umsetzen kann. Was jetzt schon gut funktioniert: Gottschalk lockt Tag für Tag hochkarätige Gäste in den Vorabend.

Wann muss die Sendung beim Publikum richtig laufen?

Frank Beckmann: Wir haben mit Thomas Gottschalk ein Abkommen, dass wir ihm Zeit geben, um ein tragfähiges Konzept auf die Beine zu stellen. Den Zeitraum kann man schlecht mit Tagen und Wochen beziffern. Aber inzwischen haben wir immer mehr Rückmeldungen mit dem Tenor: Er findet sich.

Viele Werbetreibende finden das allerdings nicht. Die Preise mussten um 30 Prozent gesenkt werden. Ist die Refinanzierung von Gottschalk gefährdet?

Frank Beckmann: Ein spannendes Projekt wie „Gottschalk live“ hat selbstverständlich auch breites Interesse bei den Werbekunden hervorgerufen, so dass die Preise entsprechend hoch waren. Das mussten wir jetzt anpassen, wobei die halbe Stunde vor acht nach wie vor die mit Abstand begehrteste Werbezeit im Vorabend bleibt.