Bochum. .
Beim Autobauer Opel hat der Job-Abbau begonnen. Im Bochumer Werk sollen 1800 der 5000 Stellen gestrichen werden. Opel bietet den Beschäftigten Abfindungen bis zu 250.000 Euro an. Betriebsratschef Einenkel kritisiert: „Wir hätten uns mehr gewünscht“.
Udo Glantschnig hat die Fälle Nokia und Karstadt miterlebt. Der Chef der Bochumer Arbeitsagentur weiß also, was es heißt, wenn viele hundert Beschäftigte innerhalb weniger Monate ein Unternehmen verlassen müssen. Diesmal kümmert sich Glantschnig um die Mitarbeiter von Opel. Im Bochumer Werk will der Autobauer 1800 von rund 5000 Jobs streichen. Seit Montag erhalten die Opelaner Informationen über die Höhe der Abfindungen und die Aufgabe der sogenannten Transfergesellschaft. Mitarbeiter, die aus dem Betrieb ausscheiden, sollen ab September qualifiziert werden, damit sie, wenn es gut läuft, schnell einen neuen Job finden.
„Das ist schon eine dicke Nummer“, beschreibt Glantschnig den Stellenabbau bei Opel. Zum Vergleich: Bei der Schließung des Bochumer Nokia-Werks wurden rund 1800 Beschäftigte entlassen, 1380 von ihnen wechselten in eine Transfergesellschaft. Als der Warenhauskonzern Karstadt in seiner Essener Hauptverwaltung Stellen strich, wurden 600 Beschäftigte in einer Transferfirma aufgefangen.
Erfahrungen aus Bergbau werden genutzt
Opel ist in vielerlei Hinsicht ein besonderer Fall. Die Organisation der Transfergesellschaft übernimmt die RAG Bildung, ein Betrieb, der bisher vor allem ehemalige Bergbau-Beschäftigte für neue Jobs qualifiziert hat. „Wir haben Bergleute erfolgreich vermittelt, wir können auch Opelaner in neue Jobs bringen“, sagt Hermann Oecking, der Geschäftsführer von RAG Bildung, selbstbewusst.
Auch die Bochumer Arbeitsagentur hat ein Büro auf dem Opel-Werksgelände eröffnet. Innerhalb einer Woche sollen alle 5000 Mitarbeiter in Großveranstaltungen darüber informiert werden, wie ihr Berufsleben nach Opel aussehen könnte.
Bei vielen Beschäftigten dürften Erinnerungen wach werden an die zurückliegenden Abfindungsprogramme vor fünf und drei Jahren. Wieder einmal sehen sich die Opelaner mit der Frage konfrontiert, ob sie eine Abfindung mit einer zugleich unsicheren beruflichen Zukunft akzeptieren sollen. „Das wird mancher Familie schlaflose Nächte bereiten“, sagt Glantschnig.
Eine wichtige Rolle spielen die Abfindungen. Für die Höhe der Zahlung gilt diesmal die Formel: „Lebensalter mal Betriebszugehörigkeit in Jahren mal Monatsgehalt geteilt durch 35“. Ein 50-Jähriger, der 24 Jahre lang als Autobauer gearbeitet hat, könne bei 3000 Euro Monatsgehalt also mit einer Abfindung in Höhe von rund 100.000 Euro rechnen, berichtet Unternehmenssprecher Andreas Krömer. Nach Abzug der Steuern reduziert sich die Summe allerdings.
Abfindungen auf 250.000 Euro begrenzt
„Wir hätten uns deutlich mehr gewünscht“, kommentiert der Bochumer Betriebsratschef Rainer Einenkel das Angebot des Unternehmens. In früheren Jahren seien die Abfindungen höher ausgefallen. Diesmal sei die Formel aber nicht mit dem Betriebsrat ausgehandelt worden. „Früher lag der Faktor nicht bei 35, sondern bei 25“, so Einenkel. Für die Abfindungen gilt außerdem: Mehr als 24 Jahre Berufszugehörigkeit werden nicht angerechnet. Und die Abfindungen werden auf 250 000 Euro begrenzt.
Insbesondere für jüngere Mitarbeiter sieht Glantschnig gute Chancen für einen Job jenseits von Opel. „Schwierig wird es bei denjenigen, die deutlich älter sind als 50 Jahre“, räumt er allerdings ein. Generell gelte, dass die Transfergesellschaft „eine Brücke in die Beschäftigung“ sein soll, „keine Brücke in die Rente“.
Opel-Sprecher Krömer wollte nicht darüber spekulieren, was passieren würde, wenn sich nicht genügend Beschäftigte freiwillig für die Transfergesellschaft melden. Ziel sei es, betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden.
Ob durch den Stellenabbau bei Opel die Arbeitslosenquote in Bochum ansteigt, wird sich erst später zeigen. Am 31. August 2011 läuft die Arbeit der ersten Opel-Transfergesellschaft aus. Frühestens dann wird klar sein, ob sich der Schrumpfkurs des Autowerks auch an der Arbeitslosen-Statistik ablesen lässt.