Wesel. Der Kaufhof gehört zu 16 Galeria-Filialen, die aufgegeben werden sollen. Die Weseler sind überrascht und fürchten um die Attraktivität der Stadt.

  • Der Kaufhof in Wesel steht vor dem Aus
  • Für die Stadt kommt der Schritt überraschend
  • Bürgermeisterin spricht von einem schweren Schlag

Nach dem Regen füllt sich am Samstagmorgen die Weseler Fußgängerzone. Viele Menschen wollen wie gewohnt in der Kaufhof-Filiale an der Hohen Straße einkaufen. Doch sie stehen vor verschlossener Tür. „Aufgrund einer Mitarbeiterversammlung bleibt unsere Galeria-Filiale heute geschlossen“, steht auf einem Aushang. Am Montag soll das Haus wieder öffnen, doch seine Tage sind gezählt: Galeria-Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus hat kurz zuvor die Liste der 16 von 92 Filialen präsentiert, die zum 31. August schließen müssen. Die böse Überraschung: Wesel ist darunter.

Zweimal schon mussten die Kaufhof-Beschäftigten um ihre Arbeitsplätze zittern, beide Male konnten sie am Ende aufatmen, zuletzt erst im vergangenen Jahr. Doch nun werden die schlimmsten Befürchtungen wahr: für Wesel gibt es keine Zukunft. Auch die Kundinnen und Kunden, die überrascht vor der verschlossenen Tür stehen, sind perplex. Schnell spricht sich herum, dass der Kaufhof nicht nur für einen Tag, sondern bald für immer schließen soll – nach 52 Jahren an diesem Standort.

Schließung des Kaufhofes Wesel: „Ganz furchtbar“

Damals war für den Kaufhaus-Neubau sogar das alte Rathaus abgerissen worden. Daran erinnert sich Lisa Bohle-Schmidt. „Ich weiß noch, wie er eröffnet wurde. Ein großer Verlust“, bedauert sie. Wie viele Passanten an diesem Morgen fragt sie sich, was danach kommen soll. Wesel ohne Kaufhof? Können sie sich nicht vorstellen. „Ob sie das noch abwenden können?“, überlegt Lisa Bohle-Schmidt.

Der Kaufhof in Wesel soll Ende August endgültig schließen.
Der Kaufhof in Wesel soll Ende August endgültig schließen. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

Die meisten Weselerinnen und Weseler stimmt die Nachricht traurig: „Ganz furchtbar“, „Das ist schlimm für die Stadt“, „So ein Mist“ – diese Sätze fallen häufig an diesem Morgen. Renate Skorupa meint sogar: „Da wird Wesel das Herz rausgerissen.“ Ihr Ehemann Udo ärgert sich über Verweise auf mögliche Nachverhandlungen mit den Vermietern: „Das ist doch eine linke Sache, der Eigentümer hat doch auch seine Kosten und musste schon beim letzten Mal bluten.“

Fest steht für ihn und weitere Passanten: „Die Attraktivität von Wesel lässt weiter nach.“ Wo sollen die Menschen künftig Haushalts- oder Spielwaren kaufen? „Die Passagen sind ja auch kaputt“, sagt der Weseler. „Die Stadt sollte intervenieren“, fordert Angelika Portmann vor der verschlossenen Tür. „Damit haben wir nicht gerechnet, wir dachten, wir kommen wieder davon.“

Der Kaufhof Wesel galt immer als gut gehende Filiale. Warum wird er dann aufgegeben? In der Pressemitteilung von Galeria heißt es: „Jede der fortzuführenden Filialen muss das Potenzial haben, bereits heute oder in absehbarer Zeit die notwendige Profitabilität zu erzielen. Bei dieser Bewertung spielt neben soziodemographischen Rahmenbedingungen der Standorte insbesondere auch die Miethöhe eine zentrale Rolle.“

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Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus wird mit folgenden Worten zitiert: „Als Ziel haben wir einen marktüblichen Mietkorridor von 7 bis 11 Prozent des Umsatzes definiert, um die jeweilige Filiale wirtschaftlich rentabel betreiben zu können. Wir haben für den Erhalt jeder einzelnen Filiale hart verhandelt. Nicht nur im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern auch im Hinblick auf lebendige Innenstädte.“

Wesels Bürgermeisterin Westkamp: „Schwerer Schlag für Innenstadt“

Bürgermeisterin Ulrike Westkamp spricht von einem „schweren Schlag für unsere Innenstadt und den Einzelhandelsstandort Wesel.“ Sie zeigt großes Unverständnis für die Entscheidung: „Es ist überhaupt nicht nachzuvollziehen. Die Beschäftigten haben jahrelang auf Gehaltssteigerungen verzichtet, der Kaufhof in Wesel schreibt dem Vernehmen nach schwarze Zahlen und die Vermieterin ist dem Konzern sehr entgegengekommen.“ Sie ist enttäuscht: „Das Engagement der Stadt, eine treue Kundschaft, dem Vernehmen nach schwarze Zahlen in Wesel – dies war anscheinend nicht ausschlaggebend.“

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Vielleicht, so die Bürgermeisterin, gebe es trotz allem noch einmal die Möglichkeit nachzuverhandeln. „Die Vermieterin wäre jedenfalls zu weiteren Zugeständnissen bereit.“ Sie könne sich Wesel jedenfalls nicht ohne den Kaufhof vorstellen.

Nach der Mitarbeiterversammlung gehen die Lichter im Kaufhofgebäude erst einmal aus, für die Mitarbeitenden ist es ein bitterer Tag. Der Betriebsrat äußert sich nach der Bekanntgabe zunächst nicht zu der Entscheidung. Was bleibt, ist der Hoffnungsfunke, dass es noch zu einer Einigung mit der Eigentümerin kommen könnte.