Schermbeck. Hat Mike Rexforth falsch gehandelt – oder sind die Angriffe der Grünen unangemessen? Das denken Schermbecker über den Bürgermeister-Urlaub.
Nach der Berichterstattung der NRZ über die Ferienverlängerung der Kinder des Bürgermeisters, wird in Schermbeck seit Tagen heftig diskutiert. Hat Mike Rexforth falsch gehandelt oder ist die Beurlaubung, die sich im Nachhinein als unzulässig herausgestellt hat, in Ordnung gewesen? Wir geben in diesem Artikel einige Stimmen aus der Diskussion wieder:
Gudrun Fest aus Wesel äußert sich gegenüber der Redaktion so: „Wie vorhersehbar und armselig – Herr Rexforth inszeniert sich als Opfer. Er tut Unrechtes – als Diplom-Verwaltungswirt weiß er (!) , dass er schon mit der Beantragung seiner Reise falsch handelt – und stellt sein Tun anschließend so dar, dass nicht er, sondern die anderen (Grüne) das Unrecht begangen haben, indem diese die Sache öffentlich machen. Er habe sich schließlich nur erholen wollen und habe darüber hinaus auch noch eine pädagogische Aufgabe an seinen Kindern erfüllt, indem er sie in ,Zügen der letzten Klasse‘ Demut und Dankbarkeit gelehrt habe. Das, was er seine Kinder mit der Reise gelehrt hat, ist, dass manche Leute gleicher sind als andere und man mit Unrecht durchkommt, wenn man es nur geschickt genug anstellt.
Leserin Christine Schmeing aus Schermbeck findet: „Hass, Hetze, und Neid gibt es schon genug auf dieser Welt. Gerade vor einer Woche haben wir hier in Schermbeck dagegen demonstriert. Schon scheint alles vergessen. Was haben einzelne Bürger, Politiker oder die Grünen mit Rexforths Privatleben zu tun? Bei Rexforths gibt es noch ein harmonisches Familienleben. Neid? Sie sind auch in der Lage zu entscheiden, was wichtig für ihre Familie ist. Ich freue mich für Familie Rexforth und für jede andere Familie, die vielleicht einmal im Leben einen längeren Urlaub machen kann. Wie wäre es, wenn alle Menschen einfach mal ihr Herz sprechen lassen und nicht missmutig sind.“
Ehemaliger Ratsherr aus Schermbeck: „Die Kirche im Dorf lassen“
Der Schermbecker Manuel Schmidt, ehemals Ratsherr von „Die Partei“, gibt zu bedenken: „Niemand steht über dem Gesetz, doch in einer Gemeinschaft gestalten wir auch das Miteinander in all seinen Zwischentönen. Da ist nicht nur schwarz und weiß, es braucht auch nicht ständig das große Besteck. Augenmaß und angemessene Reaktionen machen unser Zusammenleben überhaupt erst möglich; die berühmten Fünfe, die man auch mal gerade sein lässt. Was passiert, wenn Maß und Mitte verloren gehen, sehen wir gerade: Eine unwürdige Verantwortlichkeits- und Rechtfertigungsspirale beider Seiten, die in aller Öffentlichkeit ausgetragen wird.“
Manuel Schmidt findet weiter: „Wir sollten die Kirche im Dorf lassen und uns fragen, ob dieses Theater zu den wichtigen, aktuellen Herausforderungen unserer Zeit gehört oder ob es sich nicht vielmehr um lautes Geschrei derjenigen handelt, die selbst keine Antworten auf wichtige Fragen mitbringen und ihre persönlichen Streitereien auf unser aller Rücken austragen. Letzteres nutzt nämlich nur denjenigen, die unsere Demokratie ohnehin für gescheitert halten. In dieser Melange schwingt sich ausgerechnet derselbe feine Herr Dr. Steinkühler zum Chefankläger, Moralapostel und Demokratieverteidiger auf, der seinerzeit die SPD ohne ein Wimpernzucken um ein geliehenes Mandat zu Gunsten der Schermbecker Grünen betuppt hat.
„Wo ist das Problem?“: Kritik an Stefan Steinkühler
Christine Wolf richtet sich in einem offenen Brief direkt an den Grünen-Fraktionschef Stefan Steinkühler: „Sie fragen, ob auch anderen Familien eine weite Reise während der Schulzeit genehmigt würde. Ja, das haben auch wir so erlebt. Denn natürlich gab und gibt es Ermessensspielräume für solche Entscheidungen. Es gibt einen großen Unterschied zwischen einer Schulbefreiung „zwei Tage vor Ferienbeginn“ oder für eine große Reise. Im ersten Fall gäbe es in jedem Jahr bestimmt zehn Familien in einer Klasse, die dies beantragen würden, und damit jegliche pädagogische Arbeit in diesen „Tagen ohne jeglichen Druck“ unmöglich machen würden. Dagegen nimmt man sich eine solche familiäre Auszeit – wenn überhaupt – nur einmal während der Schulzeit der Kinder. Wo ist das Problem?“
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Als Person des öffentlichen Interesses stehe man leider unter Beobachtungsdruck, findet Christine Wolf außerdem. „Sachliche Kritik an Entscheidungen ist wichtig. Aber wer steht denn auf, wenn solche Personen des öffentlichen Interesses persönlich angegriffen und diffamiert werden, wie es gegenüber dem Bürgermeister schon lange vor dem Urlaub geschehen ist? Das passiert viel zu selten und das ist etwas, was ich beschämend finde! Wie oft war schon in der Presse zu lesen, dass Politiker sich und ihren Familien diese Polemiken und Anfeindungen einfach nicht mehr antun wollen! Ist das Ihr Ziel? Ich freue mich, dass Familie Rexforth eine erholsame Reise hatte und hoffe, dass die vielen imposanten Eindrücke lange nachwirken. Diesen Sturm im Wasserglas braucht kein Mensch!“
Offener Brief an Rexforth: „Es gibt Regeln, die für alle gelten“
Daniela Schwitt, ehemaliges SPD-Rats- und Kreistagsmitglied, schreibt ebenfalls einen offenen Brief zum Bürgermeisterurlaub: „Nachdem ich zunächst nicht glauben konnte, dass es sich in dem NRZ-Artikel um unseren Bürgermeister handelt, bin ich inzwischen eines Besseren belehrt worden. Lieber Mike, Deine Rede auf dem CDU-Neujahrsempfang finde ich grenzwertig. Du stellst Dich als Opfer dar, was in einigen Punkten auch zutrifft (Beschädigung Deines Autos), aber offensichtlich nur dazu diente, davon abzulenken, dass Du auch Fehler gemacht hast. Steh doch einfach dazu. Du hast immer Transparenz und Offenheit propagiert, bist aber selber weit davon entfernt. Ich war eigentlich immer ein Fan von Dir, habe Dich auch zweimal gewählt, weil ich der Meinung war, dass Du der richtige Bürgermeister für Schermbeck bist. Ich habe deswegen auch erheblichen Ärger in meiner damaligen Fraktion bekommen, weil ich nicht den eigenen Kandidaten unterstützt habe.
Doch es gebe Regeln, die für alle gelten, „auch für Dich“, schreibt Schwitt weiter. „Jeder weiß, wie schwer es ist, Kinder vor oder nach Ferienbeginn aus der Schule zu nehmen. Du hast es geschafft, mit einer widerrechtlichen Genehmigung. Ich glaube Dir, dass Du darauf vertraut hast, dass es rechtens war. Jetzt steh doch dazu, dass es zumindest ungeschickt war. Es ist schlimm, wenn Deine Familie angegriffen wird, aber die Fotos, um die es geht, hat Deine Frau veröffentlicht. Deine Angriffe gegen die Grünen sind nicht angebracht. Ich stehe nun wirklich nicht im Verdacht, ein Freund der Grünen zu sein, im Gegenteil, aber dem Fraktionsvorsitzenden vorzuwerfen, weil er selbst keine Kinder hat, fehle ihm das Gespür für die Sorgen eines Familienvaters, ist infam. Ich bin maßlos enttäuscht und fühle mich um meine Stimme betrogen. Ich verstecke mich nicht hinter einem Pseudonym, sondern stehe offen zu dem, was ich sage und schreibe. Schade Mike, Du hast Dich sehr verändert.“