Schermbeck. Was denkt die Schermbecker Politik über die Beurlaubung der Kinder des Bürgermeisters? Die Meinungen der Ratsmitglieder gehen weit auseinander.
Der fünfwöchige Urlaub des Bürgermeisters, die Vorwürfe seitens der Grünen-Fraktion und die emotionale Verteidigungsrede von Mike Rexforth ernten in der Schermbecker Politik unterschiedliche Redaktionen. Der CDU-Vorsitzende Ulrich Stiemer erklärte schon am Abend der Rede: „Mike, wir stehen voll und ganz hinter Dir!“.
Mit ein wenig Abstand dreht er – genauso wie Rexforth selber – den Spieß um und kritisiert Grünen-Fraktionschef Stefan Steinkühler scharf. Er sei entsetzt über eine „solche Neidgesellschaft“. Man könnte unterschiedliche Meinungen haben, „aber wenn Herr Steinkühler als gescheiterter Bürgermeisterkandidat von 2020 es nicht verwinden kann, gegen einen besseren verloren zu haben und jetzt mit allen unfairen und haltlosen Mitteln um sich schlägt, mit nur einem Ziel einen Rachefeldzug gegen den Bürgermeister zu führen, dann ist das in meinen Augen einfach nur erbärmlich.“ Wenn solche Umgangsformen Standard würden, werde „kein vernünftiger Mensch in Zukunft bereit sein, in der Politik Verantwortung zu übernehmen.“
SPD zeigt Verständnis, vermisst aber Rexforths Fingerspitzengefühl
Für die SPD äußert sich deren Fraktionsvorsitzender Dieter Michallek: „Wir sollten jetzt alle mal zur Ruhe kommen und mit den ständigen Anschuldigungen und Anfeindungen aufhören. Die Verlängerung der Schulferien wurde offiziell von übergeordneter Behörde genehmigt, deshalb wurde die Rechtmäßigkeit vom Bürgermeister auch nicht angezweifelt.“
Wenn die Bezirksregierung im Nachhinein diese Genehmigung als nicht genehmigungsfähig einstufe, weise dies auf einen Fehler seitens der Behörde hin. „Jetzt dem Bürgermeister dafür die Schuld einzuräumen, ist einfach nur beschämend. Diejenigen, die jetzt aufbegehren, sollten sich mal an die eigene Nase fassen und darüber nachdenken, ob auch sie eine behördliche Genehmigung stets hinterfragen.“ Der Sozialdemokrat ergreift Partei für Rexforth: „Verständlich ist aus meiner Sicht diese Verlängerung des Urlaubes unseres Bürgermeisters und dessen Kinder nach den vielen persönlichen Anfeindungen besonders im zurückliegenden Jahr, wovon eben auch die Kinder mehrfach betroffen waren.“ Michallek äußert auch leichte Kritik: „Dennoch muss man auch sagen, dass wahrscheinlich gegenüber anderen Familien schon etwas mehr Fingerspitzengefühl seitens des Bürgermeisters hilfreich gewesen wäre, diesen Urlaub nicht so in die Länge zu ziehen.“ Auf politische Ebene wünsche er sich mehr konstruktive Zusammenarbeit, auch von den Grünen.
Die Partei verhält sich neutral – und formuliert sehr ironisch
Marc Overkämping (Die Partei) erklärt zunächst: „Wir sind etwas hin- und hergerissen, wie wir die ganze Situation bewerten sollen.“ Dann kommentiert er die ganze Angelegenheit (wie für die Partei üblich) mit ganz viel Ironie: „Auf der einen Seite haben wir dem Bürgermeister sehr viel Weitsicht unterstellt, dass er – wissend, wie sehr seine Partei das deutsche Bildungssystem kaputtgespart hat – bereits vor zwei Jahren die Verlängerung der Ferien beantragt hat, um seinen Kindern einen horizont-erweiternden Urlaub zu gönnen, der so viel mehr Erkenntnisse bietet, als Unterricht in deutschen Schulen. Auf der anderen Seite wundern wir uns, dass er nicht vorausgesehen hat, dass das Hochwasser Schermbeck und Gahlen trennen wollen wird – etwas, dass sich viele Schermbecker seit Langem wünschen – und seine Kinder alleine in den Bildungsurlaub geschickt hat, um an der Lippe seinen Mann zu stehen.“
Die Partei enthält sich jedoch einer Bewertung, die Begründung dafür, wirkt jedoch wie eine (verstecke) Kritik an den Grünen: „Wir müssen und möchten uns aber auch nicht wirklich festlegen – schließlich haben wir keinen Doktortitel in Populismus und wollen nicht mit aller Gewalt unser Gesicht täglich in der Zeitung sehen.“
Für die Schermbecher Grünen bleibt Fraktionschef Stefan Steinkühler bei seiner Kritik: „Bürgermeister Mike Rexforth hat auf dem CDU-Neujahrsempfang Aussagen getroffen, die falsch sind. Und in seiner Rede hat der Bürgermeister wieder gezeigt, dass er anscheinend nicht die Fähigkeit zur Selbstreflexion besitzt, aber dafür die Neigung zur Doppelmoral stark ausgeprägt ist. Die Umstände um die Genehmigung sind weiter mehr als fragwürdig. Deswegen fordern wir den Bürgermeister auf, die damaligen Antragsunterlagen samt Genehmigung und den dazugehörigen Schriftwechsel offenzulegen.“
„Mehr als ein Geschmäckle“ und Kritik an der Schulleitung
Thomas Heiske, Ratsherr von „Zukunft Schermbeck“, findet das Verhalten des Bürgermeisters nicht in Ordnung: „Es geht zwar in den persönlichen Bereich, aber das Ganze hat natürlich mehr als ein Geschmäckle. Der Fall ist allerdings eher eine Charakterfrage, als eine politische Geschichte. Auch wenn der Bürgermeister anderer Meinung ist, bei der Beantragung war nicht alles rechtens: Keinem anderen Elternteil wäre es genehmigt worden, die Kinder für diese Reise aus dem Unterricht zu nehmen“ Die aktuelle Schulleitung habe klargemacht, dass sie dies niemals genehmigt hätte. „Ich kann nicht ganz verstehen, warum dem Bürgermeister nach wie vor die Einsicht fehlt, dass so eine Sache einfach nicht geht“, so Heiske.
„Gedanke der Vorteilsnahme muss ausgeräumt werden“
Als Ortsvorsitzender der FDP Schermbeck versucht Simon Bremer den Fall sachlich einzuordnen: Man könnte davon ausgehen, dass der Bürgermeister ein Verwaltungsprofi ist. „Und als solcher hätte Mike Rexforth klar sein müssen, dass eine von ihm beantragte Freistellung nicht genehmigungsfähig war. Spätestens bei Erteilung der Genehmigung hätte Herr Rexforth stutzig werden müssen. Wie es zu diesem Debakel auf Seiten der damaligen Schulleitung und des Bürgermeisters kommen konnte, muss aufgeklärt werden. Daher sollte der Bürgermeister den gesamten Vorgang öffentlich machen.“ Der nun vorherrschende Gedanke der Vorteilsnahme des Bürgermeisters müsse vollständig ausgeräumt werden. „Sollte dies nicht gelingen, hätten wir es mit einem massiven Vertrauensverlust, nicht nur in den Bürgermeister, sondern auch in unser politisches System zu tun“, so Bremer.
Klaus Roth: Der Bürgermeister sollte sich entschuldigen
Der BfB-Vorsitzende Klaus Roth sieht es so: „Natürlich hat auch ein Bürgermeister das Recht, in Urlaub zu fahren.“ Doch er empfinde es schon „als merkwürdig, dass er in seiner Funktion und als fünffacher Vater diese Rechtsvorschrift nicht kennt beziehungsweise vor Antragstellung nicht geprüft hat. Merkwürdig auch deshalb, weil er oder seine Frau einen Antrag gestellt hat und auf der Rückseite des Antrages Hinweise zur Beurlaubung gegeben werden. Diese wurden offenbar nicht gelesen oder ignoriert, obwohl die wichtigen Gründe in Fettschrift aufgelistet sind. Ein Bürgermeister hat eine Vorbildfunktion. Statt zu erklären, er habe keinen Fehler gemacht, wäre es anständiger gewesen, sich bei den Eltern zu entschuldigen.“ Als einzelner Ratsherr erklärt Thomas Pieniak, er habe keine näheren Informationen, kenne den Sachverhalt nicht und könne dazu keine Stellungnahme abgeben.