Schermbeck. Schermbecks Bürgermeister verteidigt die Reise mit seinen schulpflichtigen Kindern über die Ferien hinaus – und holt zum Gegenschlag aus.
- Der Schermbecker Bürgermeister Mike Rexforth hat nach der NRZ-Berichterstattung den Urlaub mit seinen Kindern über die Schulferien hinaus selbst öffentlich gemacht.
- Die für die Beurlaubung von der Schule erteilte Genehmigung war von der Bezirksregierung im Nachhinein als nicht zulässig erklärt worden.
- Beim Neujahrsempfang der CDU in Schermbeck attackierte Rexforth seine politischen Konkurrenten.
Nach der Berichterstattung über die Beurlaubung seiner schulpflichtigen Kinder ist der Schermbecker Bürgermeister Mike Rexforth am Donnerstagabend in die Offensive gegangen: In einer sehr emotionalen Rede während des Neujahrsempfangs der CDU machte Rexforth die Urlaubsreise mit seiner Familie öffentlich, über die die NRZ exklusiv berichtet hatte – jedoch zunächst mit Rücksicht auf die Persönlichkeitsrechte der Familie, ohne seinen Namen zu nennen.
Zum Hintergrund: Die vor über zwei Jahren erteilte Genehmigung für eine mehrwöchige Beurlaubung durch die damalige kommissarische Schulleitung der Verbundschule in Schermbeck hatte sich nach einer Prüfung der Bezirksregierung als nicht genehmigungsfähig herausgestellt. Dem Bürgermeister selbst drohen keine Konsequenzen: Als Antragsteller konnte sich die Familie auf die Genehmigung durch die Schulleitung und eine Schulrätin verlassen, „sodass die Durchführung der Reise nicht beanstandet werden kann“, wie es von der Bezirksregierung hieß.
Schermbecker Bürgermeister: Rexforth äußert sich zu Urlaub
Sichtlich angefasst trat Rexforth beim Neujahrsempfang ans Mikrofon. Erst in den zwei Stunden vor der öffentlichen Veranstaltung, die vor rund 150 Gästen im Schermbecker Ratssaal stattfand, habe er sich überlegt, was er zu den Vorwürfen sagen werde. Dann holte der Christdemokrat zum Gegenangriff aus, der sich vor allem gegen die Ratsfraktion der Grünen in Schermbeck richtete.
Er werde sich nun vielleicht „um Kopf und Kragen reden“, sagte er vor seiner Rede, und begann dann mit einer ungewöhnlichen Einleitung: „Mein Name ist Mike Rexforth, verheiratet, Familienvater von fünf Kindern, ein Enkelkind, gebürtig aus Schermbeck, vielfach ehrenamtlich in der Gemeinde in der Vergangenheit wie auch heute engagiert, gelernter Diplom-Verwaltungswirt, Bilanzbuchhalter und seit zehn Jahren – auch – Bürgermeister der Gemeinde Schermbeck.“
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Er sei zwar als Bürgermeister ein Mensch von besonderen öffentlichem Interesse, aber in erster Linie auch er selbst, mit der Aufgabe als Familienvater sich um das Wohlergehen, die Sicherheit und die Zukunftsgestaltung seiner Familie zu kümmern. „Ich bin sicherlich kein Objekt, an dem man sich abarbeiten kann, seinen Lebensfrust, seine Wut auslassen kann“, so der 54-Jährige weiter. Er bezog sich dabei aber nicht nur auf die Diskussionen um seine Reise, sondern auch auf die Unbekannten, die kurz vor Silvester sein Auto demoliert hatten, sowie auf persönliche Anfeindungen gegen ihn im Zuge des Schermbecker Verkehrsversuches. Er sei ein Mensch, dem die gleichen Rechte wie allen anderen zustehen: „Ich bin nicht vogelfrei!“ Im Gegenzug würden für ihn auch keine Sonderrechte gelten.
Bürgermeister Rexforth: „Ich habe keinen Fehler gemacht“
„Wie Sie sehen, steht vor Ihnen ein sonnengebräunter, nicht ganz tiefenentspannter Familienvater, der nach jahrelanger akribischer Planung, mit der Erlaubnis einer Landesbehörde – streng genommen von zwei Landesbediensteten – ausgestattet, von einer circa fünfwöchigen Reise zurückgekehrt ist“, führte der Bürgermeister weiter aus. Es sei erschreckend zu sehen, wie nun diese Reise „initiiert von einer Schermbecker Fraktion des Rates zum Anlass genommen wird, um bewusst das Ansehen der ganzen Familie in der Gemeinde Schermbeck zu beschmutzen.“ Er könne verstehen, dass man darauf hoffe, dass der Bürgermeister – nicht der Familienvater – einen fatalen Fehler gemacht hat. „Hat er leider nur nicht!“, ist sich Rexforth sicher.
Laut Aussage des Bürgermeisters seien private Fotos seiner Kinder aus dem Urlaub von seinen politischen Gegnern zur Prüfung der Beurlaubung an die Bezirksregierung geschickt worden. Dafür habe er kein Verständnis: „Welchen Informationsgehalt haben die Fotos meiner Kinder in Badebekleidung bei der Beantwortung der Frage, ob der angetretene Urlaub der Familie Rexforth rechtmäßig bewilligt war?“ Dann sprach der 54-Jährige den Grünen-Fraktionschef Stefan Steinkühler direkt an: „Lieber Herr Dr. S. – das macht man nicht! So wird man kein Bürgermeister.“
Zum Abschluss seiner Rede ging er dann nochmals auf seine mehrwöchige Urlaubsreise ein, die sich weit über die Weihnachtsferien 2023/2024 erstreckt hatte: „Wir waren unterwegs in einem Land voller Armut, Leid und Not.“ Dennoch sei seine Familie einer „unglaublichen Wertschätzung, Dankbarkeit, Hilfsbereitschaft und Herzlichkeit“ begegnet. „Wir waren auch unterwegs in Zügen der letzten Klasse, um unseren Kindern, Respekt, Demut und Dankbarkeit zu lehren.“ Er sei mit seiner Familie auch unterwegs gewesen, um zur Ruhe zu kommen und „um das zu finden, was vielleicht in zehn Jahren Bürgermeister ein Stück weit auf der Strecke geblieben ist“.
Die Schermbecker Ratsfraktion der Grünen reagierte am Freitagvormittag auf die Aussagen von Rexforth. In seiner Rede habe der Bürgermeister „wieder gezeigt, dass er anscheinend nicht die Fähigkeit zur Selbstreflexion besitzt, aber dafür die Neigung zur Doppelmoral stark ausgeprägt ist.“ Die Umstände und die Genehmigung für die Beurlaubung seiner Kinder seien weiterhin mehr als fragwürdig, finden die Grünen: „Deswegen fordern wir den Bürgermeister auf, die damaligen Antragsunterlagen samt Genehmigung und den dazugehörigen Schriftwechsel offenzulegen.“ Auf aus ihrer Sicht falsche Aussagen des Bürgermeisters wolle die Fraktion erst später reagieren. Dabei dürfte es vor allem um den Umgang mit den angesprochenen Fotos der Kinder gehen.
In einer Stellungnahme gingen die Grünen noch weiter auf die Debatte um die Beurlaubung der Kinder ein, die sich im Nachhinein als nicht zulässig herausgestellt hatte. Dem Bürgermeister hätte als Antragsteller „nach einem Blick in den Erlass klar sein müssen, dass eine solche Beurlaubung nicht erteilt werden kann“. Wenn dem Bürgermeister einer Gemeinde etwas gestattet werde, „was anderen Menschen wahrscheinlich nicht gestattet worden“, so ergäben sich in der Bevölkerung Fragen, die geklärten werden sollten, heißt es von der Fraktion unter anderem.