Wesel. Das geräumte Hochhaus am Bahnhof Wesel verkommt. Die SPD spricht sich im Zweifel für eine radikale Lösung aus, die Stadt sieht wenig Spielraum.
Die SPD im Weseler Stadtrat will politischen Druck ausüben, damit das leerstehende Hochhaus am Weseler Bahnhof nicht zu einer Dauerproblematik wird. „Es kann nicht sein, dass hier ein Leerstand entsteht, der bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag anhält“, sagte Fraktionschef Ludger Hovest im Gespräch mit der NRZ-Redaktion. Der Sozialdemokrat will die Verwaltung in einer der nächsten Ratssitzungen damit beauftragen, eine Lösung für den Leerstand zu finden und mehr Druck auf den derzeitigen Eigentümer ausüben, seiner sozialen Verpflichtung als Immobilienbesitzer nachzukommen. Es könne angesichts der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt nicht sein, dass fast 60 Wohnungen einfach nicht genutzt werden.
„Das Haus zieht Ungeziefer an, es verfällt und wird irgendwann baufällig“, beschreibt der Sozialdemokrat die bekannte Situation vor Ort. „Das ist ein Schandfleck für Wesel und sieht fürchterlich aus.“ Sollte kein Weg gefunden werden, um das Gebäude wieder zum Wohnen zu nutzen, spricht sich Hovest für einen drastischen Schritt aus. „Wenn es gar nicht anders geht, sollte das Haus zur Not gesprengt werden, so wie es zum Beispiel mit den Weißen Riesen in Duisburg passiert ist.“ Ob dafür allerdings eine rechtliche Grundlage besteht, scheint laut Aussagen der Weseler Stadtverwaltung mehr als fraglich.
Hochhaus in Wesel: Diese Möglichkeiten hat die Stadt
Denn was kann die Stadt überhaupt tun, um zu vermeiden, dass das Haus langfristig ein Schandfleck mitten in der Stadt bleibt? Ein abschreckendes Beispiel dafür gibt es auf der linken Rheinseite. In Neukirchen-Vluyn rottet am Vluyner Nordring zentrumsnah ein großes Hochhaus seit über 12 Jahren vor sich hin. Zerborstene Fenster, Müll und eine marode Fassade bieten einen schäbigen Anblick. Die dortige Stadtverwaltung hat nach mehreren Besitzerwechseln im Herbst 2021 ein Vorkaufsrecht geltend gemacht. Dagegen hat jedoch ein Kaufinteressent Klage eingereicht, ein Urteil wird am 17. Januar erwartet.
In Wesel dagegen könne die Verwaltung derzeit nicht weiter eingreifen oder den im Raum stehenden Verkauf gar beschleunigen, erklärt Stadtsprecher Swen Coralic auf NRZ-Anfrage. „Die Stadt hat ihre Pflicht getan, als sie die Menschen in Sicherheit gebracht hat.“ Im März 2023 waren die letzten noch bewohnten Wohnungen wegen der gravierenden Brandschutzmängel bekanntlich geräumt worden. Es handele sich um ein privates Gebäude, solange keine Gefahr in Verzug ist und auch die Eigentumsverhältnisse geklärt sind, könne die Stadt wenig tun, so Coralic. Er versichert aber: Wenn das 50 Jahre alte Hochhaus aber verkauft ist und der neue Eigentümer die Wohnungen wieder vermieten möchte, werden die Rathaus-Mitarbeiter sehr genau hinschauen: „Die Mängel müssen behoben werden – und das sind einige.“
Der erhoffte bevorstehende Verkauf zieht sich derweil seit dem vergangenen Frühjahr in die Länge. Über die Gründe kann die Stadtverwaltung nur spekulieren. Möglich sei, dass sich aufgrund gestiegener Baukosten und Zinsen die Preisverhandlungen schwierig gestalten. Kontakte zum Eigentümer, eine Gesellschaft mit Sitz in Amsterdam, kamen laut Stadt zuletzt nur sporadisch über eine Anwaltskanzlei zustande. Mit dem Interessenten dagegen gab es einen direkten Kontakt. Er hat, weiß Coralic zu berichten, bereits Gebäude zum Beispiel in Duisburg saniert.
Seit dem Auszug des Café Vesalia im Dezember ist das marode Hochhaus am Bahnhof nun fast komplett leer – zwei Wettbüros und eine Pizzeria halten im Erdgeschoss noch durch. In der Stadt kursieren schon Gerüchte, das Haus würde abgerissen, wovon im Rathaus aber nichts bekannt ist. Im Gegenteil: „Wir haben nach wie vor die Hoffnung, dass ein seriöser Investor das Haus erwirbt“, bekräftigt Coralic.