Wesel. Ab dem 13. Februar ist die Willy-Brandt-Straße in Lippedorf wegen des Betuwe-Ausbaus für Monate gesperrt. So erklärt die Bahn die lang Sperrung.
Ab Montag müssen Pendler auf der Willy-Brandt-Straße (B 8) zwischen Wesel und Voerde zumindest in den Stoßzeiten mehr Zeit einplanen: Wie berichtet wird die Bahnüberführung in Lippedorf abgerissen und erneuert, um Platz zu schaffen für das dritte Gleis der Betuwe-Linie. Dass die Sperrung bis zum 17. Oktober dauern soll, stößt bei vielen Berufspendlern auf wenig Begeisterung: Warum benötigen die Arbeiten volle acht Monate? Die NRZ hat mit dem zuständigen Projektingenieur der Deutschen Bahn über den Zeitplan gesprochen.
Maurice Wolf ist bewusst, dass die Bauzeit den Autofahrern lang vorkommen mag. Er versichert aber: „Wir halten die Eingriffe so gering wie möglich.“ Die Bauzeit, betont er, werde durch ein Pilotverfahren, das die Bahn erstmals anwendet, sogar kürzer als bisher bei ähnlichen Projekte ausfallen.
Die aufwendigen Vorarbeiten für den Einschub der neuen, 70 Meter langen und 16 Meter breiten Stahlbogenbrücke aus Fertigteilen sind der Hauptgrund für die Länge der Sperrung. Im Februar und März wird laut Planung die Fahrbahn entfernt und der Damm, auf dem die B 8 verläuft, für die Verbreiterung teilweise beseitigt. Während einer Vollsperrung der Bahnstrecke vom 1. bis 16. April folgt dann der Abriss der alten Brücke samt der Widerlager (dem Unterbau). In den Sperrpausen werde auch nachts gearbeitet, erklärt Maurice Wolf, damit die Arbeiten pünktlich beendet sind.
Stahlbrücke für die B 8 wird aus Fertigteilen vormontiert
Mitte April beginnt die Vorbereitung für das Nachfolgebauwerk. An der Stelle, wo die neuen Widerlager entstehen, müssen auf jeder Seite der Bahnstrecke jeweils 22 Bohrpfähle zwölf Meter tief im Boden versenkt werden. Jeder Bohrpfahl wird mit 13 Kubikmeter Beton ausgegossen – knapp 600 Kubikmeter Beton wandern dabei in den Untergrund, erklärt Maurice Wolf. „Die Bohrpfähle sind für die Statik wichtig.“ Auf ihnen werden die Widerlager aus Beton erstellt. Für die Aushärtung des Materials rechnen die Planer nochmals mindestens 30 Tage – erst dann kann die neue Brücke eingeschoben werden. Das alles dauert laut Planung bis August.
Währenddessen bereiten die Arbeiter auf der gerodeten Freifläche neben der Bahnlinie die neue Brücke vor. Das Stahlbauwerk wird im Werk der Firma Max Bögl im bayrischen Sengenthal vormontiert und in großen Teilen nach Wesel transportiert, wo Arbeiter sie zusammensetzen. Während einer weiteren Vollsperrung der Bahnlinie vom 26. August bis 24. September soll der 750 Tonnen schwere Stahlriese an seinen Platz geschoben werden. Das passiert mit Hilfe eines ferngesteuerten Schwertransporters. Voraussichtlich müssen dafür die Gleise abmontiert werden, erklärt Maurice Wolf.
Bahn baut B 8-Brücke in Lippedorf mit einem neuen Verfahren
Für die abschließende Montage der Fahrbahn auf dem Stahlbauwerk testet die Bahn ein zeitsparendes Verfahren: Als Straßendecke werden 29 je 2,67 Meter lange Fahrbahnplatten auf das Bauwerk montiert. Auch sie werden in Bayern vorbereitet. Stahl und Beton liegen schon im Werk, sodass mit Verzögerungen wegen Materialmangels laut Maurice Wolf nicht zu rechnen sei. Bis zum 17. Oktober soll die neue B 8-Brücke wieder befahrbar sein.
Bis dahin muss der Straßenverkehr auf die Umleitungsstrecke ausweichen. Ab dem 13. Februar wird die Ampel an der Kreuzung Willy-Brandt-Straße/Frankfurter Straße abgeschaltet, so dass der Verkehr direkt auf die Frankfurter Straße geführt wird. Über die Emmelsumer Straße geht es wieder zurück auf die B 8. An der Fabrikstraße, an der Einmündung Emmelsumer Straße und an der Ecke „Im großen Feld“ stehen Baustellenampeln, deren Schaltung an die neuen Bedingungen angepasst wird. Dennoch: „Ganz ohne Einschränkungen wird es nicht gehen“, sagt Wolf. Zu Stoßzeiten dürfte es eng auf der Strecke werden.
Verkehrsgutachter haben schon 2014 berechnet, dass der Verkehr auf der Frankfurter Straße während der Sperrung um 18.000 auf dann rund 29.000 Fahrzeuge pro Tag zunimmt – seitdem ist der Verkehr bedingt durch Gewerbeansiedlungen im Hafengebiet weiter angewachsen.
Bahnbrücke über die Lippe in Wesel: Baubeginn noch in diesem Jahr
Die Brücke an der Willy-Brandt-Straße (B 8) ist das erste Bauwerk auf dem Abschnitt zwischen Voerde und Hamminkeln, das erneuert wird. Noch in diesem Jahr beginnen auch die Vorbereitungen an der Bahnbrücke über die Lippe. Sie wird ebenfalls erneuert, auf 150 Meter verlängert und um ein drittes Gleis ergänzt. Dabei ist keine Komplettsperrung der Bahnstrecke geplant. Zunächst wird ein eingleisiger Brückenteil vor Ort montiert und neben die bestehende Überführung geschoben. Erst danach weicht das alte Bauwerk einem neuen, während dieser Zeit ist nur ein Gleis befahrbar. Mit dem Bau des ersten Brückenteils wird in der zweiten Jahreshälfte begonnen, so Maurice Wolf.
Die an der Baustelle gerodeten Bäume werden laut Bahn wieder aufgeforstet. Für Höhlenbrüter haben die Mitarbeiter bereits in der Umgebung neue 30 Nistkästen aufgehängt und für andere Arten Ersatzflächen angelegt. So wurden rund 150 Eidechsen auf eine neues Areal an der Fabrikstraße umgesiedelt, heißt es.