Wesel. In Wesel werden 28 Prozent der Wege per Rad zurückgelegt. Stadt möchte den Anteil weiter erhöhen. Auch die Coronakrise sorgte für Fahrrad-Boom.
Das Fahrrad hat als Verkehrsmittel in Wesel einen hohen Stellenwert. Das bestätigt sich in der jüngsten Mobilitätsbefragung: Wie 2013 erreicht der Anteil des Fahrrades am Gesamtverkehr in der repräsentativen Befragung einen Spitzenwert von 28 Prozent. Laut Kai Pachan vom Ingenieurbüro Rödel & Pachan haben nicht viele Städte einen höheren Wert – Münster natürlich mit über 34 Prozent.
Bürgermeisterin Ulrike Westkamp sieht die Bemühungen der Stadt um eine bessere Infrastruktur für Radfahrer bestätigt und hofft, dass sich der Wert langfristig weiter steigern lässt.
Denn in der Nahmobilität ist für sie das erklärte Ziel, dass die Weseler noch häufiger auf das Auto verzichten. Der motorisierte Verkehr hat laut der Befragung derzeit einen Anteil von 53 Prozent. „Das klingt hoch, ist aber vergleichsweise niedrig“, erklärt Pachan. In ähnlich strukturierten Städten wie Detmold, Marl oder Minden liegt der Kfz-Anteil deutlich höher, zum Teil über 60 Prozent.
Weseler fahren häufiger Rad als vor 20 Jahren
Das Rad erreicht in diesen Städten dagegen nur einen Anteil zwischen 13 und 23 Prozent. Auch in Wesel wurde der Drahtesel 1992 noch für 17 Prozent der Wege genutzt, seitdem ist seine Beliebtheit ständig gestiegen, besonders die der E-Bikes.
Demgegenüber bleibt in Wesel die Nutzung von Bus und Bahn mit sechs Prozent vergleichsweise niedrig – auch wenn der Anteil seit 2013 um zwei Prozent gestiegen ist. In erster Linie sind Schüler, Azubis und Studenten die Fahrgäste. Die Fußgänger machen 13 Prozent des Verkehrs aus.
Fast jeder zweite legt seinen Weg auf umweltfreundliche Art zurück
Insgesamt, resümiert Kai Pachan, werde in Wesel immerhin fast jeder zweite Weg auf umweltfreundliche Weise zurückgelegt, also zu Fuß, mit dem Rad oder mit Bus und Bahn (47 Prozent).
Dieser Aspekt ist für den Mobilitätsbeauftragten der Stadt, Michael Blaess, und Bürgermeisterin Westkamp auch die erfreuliche Nachricht an dem Ergebnis. Viel sei getan worden in den vergangenen Jahren mit dem Hülskensradweg, der Lippefähre – die auch viel von radelnden Berufspendlern genutzt wird – und jüngst mit der fahrradfreundlichen Umgestaltung von Innenstadt-Straßen.
Stadt will weitere Straßen fahrradfreundlich umgestalten
Die Sanierungen werden künftig noch weiter fortgesetzt. Die Baustraße nennt Westkamp als Beispiel – hier sind Radfahrer inzwischen gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer. Sämtliche Daten aus der Mobilitätsbefragung werden nun in ein Verkehrssimulationsmodell übertragen. „So können wir Belastungen sehen“, erklärt Michael Blaess. Das helfe auch bei der künftigen Straßenplanung.
Planung für Radschnellweg bis nach Wesel
Beide erhoffen sich einen weiteren Schub fürs Radfahren von einem möglichen Anschluss der Kreisstadt an den Radschnellweg. Das Projekt liegt zwar noch in weiter Ferne, ist aber immerhin schon in Planung. Vom Radschnellweg 1 von Duisburg nach Dortmund aus soll eine Verbindung zwischen Duisburg und Wesel gebaut werden. Erste Gespräche dazu laufen zwischen den Beteiligten, die Planung liegt beim RVR, die Ausführung bei Straßen NRW. Einen Zeitplan gibt es jedoch noch nicht, so Blaess.
Aktuell erhält der Radverkehr von ganz unerwarteter Seite kräftigen Rückenwind: Die Coronakrise und die Angst vor Infektionen in Bus und Bahn hat dazu geführt, dass das Zweirad derzeit einen Boom erlebt. Dieser Effekt, gibt sich Kai Pachan überzeugt, wird nicht einfach verpuffen, sondern mittel- und langfristig erhalten bleiben.
>> Das ist die Mobilitätsbefragung
An der Mobilitätsbefragung, die im September 2019 schriftlich, telefonisch und online durchgeführt wurde, beteiligten sich 1306 Personen aus 622 Haushalten und lieferten ihre Wegeprotokolle. Das ist eine Quote von 2,1 Prozent der Weseler Bevölkerung. Die Befragung gilt, da mehr als 1000 Personen beteiligt sind, als repräsentativ.
Die Stadt Wesel führte diese Befragung bereits 2005 und 2013 durch. Die Methodik folgt den Richtlinien der Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte (AGFS), in der Wesel Mitglied ist. Dadurch erhält die Stadt für die Befragung eine Förderung in Höhe von 75 Prozent der Kosten (50.000 Euro).