Mülheim. Warum sich Mülheim 1974 mit dem neuen „City Center“ in der Innenstadt, dem heutigen Forum, an der Spitze des Fortschritts sah. Ein Rückblick.

„Noch nie waren so viele Menschen auf der Schloßstraße unterwegs“, lesen die Mülheimerinnen und Mülheimer im März 1974 in ihrer Lokalausgabe. „Mülheim eröffnet seine neue City“, titelt diese Zeitung. Von einer „neuen Skyline“ und von den „Hochhäusern am neuen Hans-Böckler-Platz als dem neuen Wahrzeichen der Stadt“ ist die Rede.

Gleich zwei Tage nimmt sich am 12. und 13. März 1974 die damals 190.000 Einwohner zählende Stadt, um ihr neues City Center, den Hans-Böckler-Platz mit seinen Hochhäusern und die neue Fußgängerzone auf der mit einer Tiefgarage unterkellerten Schloßstraße zu feiern.

Mülheims Stadtmitte: „Hervorragende Symbiose aus Einkaufen, Wohnen, Verkehr“

Mülheims City Center im Jahr 1974.
Mülheims City Center im Jahr 1974. © Mülheim | Stadtarchiv Mülheim

Am 12. März 1974 macht sich NRW-Innenminister Willy Weyer beim Rundgang durch die Innenstadt ein eigenes Bild von Mülheims neuer Stadtmitte. Er spricht von einem „Traum“ und von einer „hervorragenden Symbiose aus Einkaufen, Wohnen und Verkehr“. An diesem Tag wird das Innere des neuen City Centers zwischen Hauptbahnhof und Hans-Böckler-Platz nur geladenen Ehrengästen präsentiert.

Am Tag darauf darf sich das umworbene Kundenpublikum ein Bild vom neuen Einkaufsparadies machen. Auf einer Verkaufsfläche von 30.000 Quadratmetern lockt das insgesamt 65.000 Quadratmeter große City Center mit 70 Geschäften, Gastronomie und Kinos. Architekt Dr. Hans Henning Lautz überreicht Oberbürgermeister Heinz Hager zur Eröffnung symbolisch einen Schlüssel.

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Stadt, Land und Bund haben insgesamt 380 Millionen D-Mark in das Projekt Innenstadterneuerung gesteckt. Als Investoren mit im Boot sitzen die Versicherung Iduna und die Kaufhausgesellschaft Hertie. Hertie ist mit seinen 18.000 Quadratmetern Verkaufsfläche ein Hotspot des zweiten Mülheimer Einkaufszentrums.

So sah der heutige Hans-Böckler-Platz zwischen Hingberg und Dickswall in der Nachkriegszeit aus.
So sah der heutige Hans-Böckler-Platz zwischen Hingberg und Dickswall in der Nachkriegszeit aus. © Mülheim | Stadtarchiv Mülheim

Mit dem City Center wächst die Zahl der Einzelhandelsgeschäfte in der Innenstadt auf 320 und die der Kaufhäuser auf drei. Der Kaufhof an der Friedrich-Ebert-Straße und Neckermann am Berliner Platz lassen grüßen.

„Baudezernent Dr. Philipp Otto Gellinek hat sich selbst ein Denkmal gesetzt“

Oberbürgermeister Heinz Hager glaubt, „dass die neue Innenstadt mit ihrem City Center auch Kunden aus den Nachbarstädten anziehen wird, ohne zu einem für den örtlichen Einzelhandel ruinösen Wettbewerb zu führen“. Der Vorsitzende des Mülheimer Einzelhandelsverbandes, Kurt Remberg, der mit seinem Inneneinrichtungsgeschäft Teil des neuen City Centers ist, spricht von einer „einzigartigen Bürgerinitiative“ und bescheinigt Mülheims Baudezernenten Dr. Philipp Otto Gellinek, sich mit der Innenstadterneuerung „selbst ein Denkmal gesetzt“ zu haben.

Dr. Philipp Otto Gellinek war 1974 Mülheims Bau- und Planungsdezernent.
Dr. Philipp Otto Gellinek war 1974 Mülheims Bau- und Planungsdezernent. © Mülheim | Stadtarchiv Mülheim

Vier Jahre haben Planung und Bau des City Centers in Anspruch genommen. Zuerst wurde ein Parkhaus mit 1700 Stellplätzen errichtet. Mit der Planung für das neue 135.000 Quadratmeter große Stadtquartier rund um den Hans-Böckler-Platz wurde bereits 1965 begonnen. Mittelfristig rechnet die Stadt jetzt mit einem Plus von 25.000 Innenstadtbewohnern.

Mitte der 70er glaubt man noch, Mülheim werde weiter deutlich wachsen

Wie das bereits 1973 eröffnete Rhein-Ruhr-Zentrum in Heißen soll auch das City Center den Strukturwandel fördern und die Infrastruktur Mülheims stärken. Mitte der 1970er Jahre geht man im Rathaus noch davon aus, dass die Einwohnerzahl der Stadt mittelfristig auf bis zu 250.000 Einwohner steigen wird.

Diese Prognose realisiert sich nicht. Doch wird die neue Innenstadt, wie es Heinz Hager vorausgesagt hat, in den 1970er und 1980er Jahren ein Publikumsmagnet werden. Doch Ende der 1980er Jahre schwindet die Attraktion des City Centers. Hertie schließt. Vielen Kunden und Kaufleuten ist das City Center jetzt zu betonlastig und zu dunkel. Weitere Leerstände kommen hinzu.

Nach dem Niedergang des City Centers plant man Neubau für 260 Millionen Mark

Deshalb plant man Anfang der 1990er Jahre einen 260-Millionen-Mark kostenden Neubau. Aus dem City Center wird das Forum City Mülheim, das am 24. März 1994 von seinem ersten Center Manager Konrad Pantring und von der damaligen NRW-Bauministerin Ilse Brusis eröffnet wird.

Das Forum 1995.
Das Forum 1995. © Walter Schernstein | Stadtarchiv Mülheim

Forum City Mülheim - der Name ist Programm. „Wir haben das Herz der Innenstadt erneuert. Das Forum weckt die Innenstadt. Jetzt müssen die Mülheimer nur noch offen sein für einen Schlag Weltstadt“, sagt Forum-Gesellschafter und Mit-Investor Bernd Voswinkel anlässlich der Eröffnung des City-Center-Nachfolgers.

Forum: 100 Geschäfte auf 30.000 Quadratmetern, dazu Gastronomie, Kino und Hotel

Ein 120 Meter langes Glasdach und eine Glasrotunde am Eingang machen das Forum mit seinen 100 Geschäften auf einer Verkaufsfläche von 30.000 Quadratmetern deutlich heller an seinen Vorgänger. Komplettiert wird das neue Forum durch Gastronomie, Kino und ein 110-Betten-Hotel. Doch das Forum ist 1994 nicht mehr „das Superding des Reviers“, als das eine deutsche Illustrierte 1973 das damals neue Rhein-Ruhr-Zentrum gefeiert hatte.

Schon bald werden neue Einkaufszentren in Mülheim und in den Nachbarstädten dem Forum ebenso Konkurrenz machen wie das Internetshopping, von dem 1974 und 1994 noch längst keine Rede war.

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