Mülheim. Ein Zentrum mit über 30 Ärzten soll im Forum Mülheim eröffnen. Das Modell überrascht: Patienten zahlen selbst. Mitglieder bekommen Rabatt.

Aus dem Forum wird ein Center mit dem Schwerpunkt Gesundheit. Der Umbau läuft seit mehr als drei Jahren. Geplant ist auch die Ansiedlung etlicher neuer Arztpraxen - die erste, das Argus-Augenzentrum, hat gerade eröffnet. Gesundheitsanbieter aus insgesamt 30 bis 40 verschiedenen Disziplinen wünschen sich die Eigentümer des Centers, so hieß es etwa bei einem Ortstermin im Februar 2023. Möglichst keine Fachrichtung sollte doppelt vertreten sein, keine nachbarschaftliche Konkurrenz entstehen.

Hier kommt ein Neumieter ins Spiel, der bereits unterschrieben hat: Das Valmedica Gesundheitszentrum will über 1000 qm im ersten Obergeschoss des Centers beziehen, noch deutlich mehr als das neue Kundencenter der AOK mit rund 600 qm. Valmedica vereint laut eigener Website „mehr als 14 Fachrichtungen und über 35 Fachärzte & Therapeuten“ auf seiner Fläche - ein breites Spektrum. Doch ein klassisches Facharztzentrum mit Kassenleistungen ist Valmedica nicht. Vielmehr soll Mülheim Modellstadt werden für ein neuartiges Versorgungssystem: Patienten als Selbstzahler und - wenn sie wollen - als Clubmitglieder.

Österreichischer Geschäftsmann baut Valmedica-Zentrum in Mülheim auf

Die Valmedica GmbH gibt es bereits. Firmensitz ist der Hans-Böckler-Platz 1H in Mülheim, die Adresse des Forums. Auf Jobportalen waren bereits zum 2. Januar Stellen für Empfang und Rezeption ausgeschrieben, unter der angegebenen Festnetznummer und Mailadresse sind Mitarbeiterinnen erreichbar. Der Geschäftsführer von Valmedica, Michael Supparitsch (56), lebt in Österreich. Laut eigener Vita hat er nach einem Studium der Handelswissenschaften rund zehn Jahre lang im Bankwesen in Wien und Prag gearbeitet, wurde dann selbstständiger Unternehmensberater.

Seit 2006 ist Supparitsch im Gesundheitswesen tätig, er führt Firmen, die medizinische Zentren errichten und managen. Das in Mülheim geplante Modell in einem Einkaufszentrum sei „europaweit einzigartig“, sagt der Geschäftsmann. Fünf weitere Standorte seien in Planung: in Hamburg, Neuss, St. Pölten sowie zwei in Wien. In der österreichischen Hauptstadt startete Supparitsch bereits 2011 als Geschäftsführer und Gesellschafter ein Pilotprojekt namens „Mediclass“: ein Facharztzentrum mit der Möglichkeit einer Mitgliedschaft, die Behandlungen deutlich günstiger macht. „Preiswerte Privatmedizin für alle“, hieß die Devise. Das Zentrum trägt heute den Namen „Healsi“. Er habe dort aber seit 2012 keine Funktionen mehr, erklärt Supparitsch.

Insgesamt 14 Fachbereiche, „schnelle Termine“

Das Zentrum im Forum soll folgende 14 Fachbereiche bieten: Allgemeinmedizin, HNO, Haut-, Augen- sowie Kinderarzt, Internist, Gynäkologie, Orthopädie, Urologie, Pneumologie, Neurologie, Betriebsarzt, dazu TCM (traditionelle chinesische Medizin) und Physiotherapie. Durchweg „erfahrene Fachärzte“ sollen dort praktizieren, „Hand in Hand“, wie es auf der Website heißt. Versprochen werden „schnelle Termine und kurze Wartezeiten“. Geplante Öffnungszeiten: werktags von 9 bis 20 Uhr.

Patientinnen und Patienten erfahren in den FAQ auch: „Wir sind keine konventionelle Kassenpraxis“. Dies bedeute, „dass Ihre Krankenkasse nicht automatisch die Behandlungskosten deckt“. Nach Abschluss der Behandlung zahlen die Patienten selbst.

Neues Gesundheitszentrum im Forum verspricht Rabatte für Mitglieder

Eine freiwillige Clubmitgliedschaft mit Rabatten und Vergünstigungen soll die Menschen an Valmedica binden. Zur Auswahl stehen zwei Pakete zum Preis von monatlich 49 oder 69 Euro. Wer dem Club angehört, soll beispielsweise kostenlose Check-ups, Coachings, Vorträge oder Bewegungskurse, Treuepunkte bei häufigen Besuchen oder Rabatte auf rezeptfreie Medikamente bekommen. Doch auch Nicht-Mitglieder können die Praxis nutzen.

Auf den Standort Mülheim setzt Geschäftsführer Michael Supparitsch große Hoffnungen. Die Initiative, dort ein Zentrum zu gründen, sei vom Vermieter ausgegangen, er habe gerne angenommen. „Das Einkaufszentrum bietet für uns optimale Voraussetzungen, dort hat alles gepasst. Vermieter wie Betreiber sind auch unseren Ausstattungswünschen sehr entgegengekommen.“

Eröffnung verschiebt sich: „Wir haben ein Problem, wenn es noch länger dauert“

Zur Schwierigkeit werde nur allmählich die Verzögerung beim Umbau, die auch andere Neumieter beklagen. Als urspünglicher Eröffnungstermin sei November 2023 avisiert worden, nun lande man bei Oktober 2024, fast ein Jahr später. „Wir haben ein Problem, wenn es noch länger dauert“, sagt Supparitsch. Verträge seien bereits geschlossen, Medizintechnik bestellt, „nun passen die Laufzeiten nicht mehr“. Noch immer ist nicht sicher, wann das Valmedica-Zentrum im Forum starten kann. Laut Supparitsch stehe noch die notwendige Baugenehmigung der Stadt Mülheim aus.

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Das trifft zu, wie das Bauaufsichtsamt auf Anfrage bestätigt. „Brandschutztechnisch stellt der Gebäudekomplex alle Beteiligten vor große Schwierigkeiten“, erklärt Amtsleiter Axel Booß. Für das Anfang der 70er-Jahre in Form einzelner Geschäftshäuser errichtete Forum gebe es keine Brandschutzkonzepte, wie sie heute nötig sind. Alles müsse nun analysiert „und auf Basis der aktuellen Rechtslage neu bewertet werden“. Denn der Betreiber wolle für alle künftigen Nutzerkreise - von den Kita-Kindern bis zu den betagten Patienten in den medizinischen Bereichen - ein sachgerechtes Sicherheitsniveau anbieten.

Bauaufsichtsamt zum Brandschutzkonzept: Prozess langwieriger als geplant

Um dieses Ziel zu erreichen, arbeite der Eigentümer eng mit der Bauaufsicht und der Feuerwehr zusammen, ergänzt Axel Booß. Das Ganze sei zeitintensiv, mehrere städtische Mitarbeiter müssten es begleiten. Und: „Der Prozess erweist sich langwieriger als im Vorfeld angesetzt.“ Um den Zeitplan wieder einzuholen, werden im Forum Teilbaugenehmigungen erteilt, so dass die AOK, die Kita und die erste Arztpraxis inzwischen eröffnen konnten. Die Valmedica-Fläche liege „in den Endzügen der Prüfung“, mit der Baugenehmigung sei in den nächsten zwei bis drei Wochen zu rechnen.

Verträge mit Ärztinnen und Ärzten, die im neuen Zentrum arbeiten sollen, konnte Valmedica noch nicht schließen - nach Supparitschs Aussage, weil das Eröffnungsdatum nicht feststeht. Der Geschäftsführer glaubt, dass das Modell vor allem für jüngere Ärzte attraktiv sei, die die Arbeitsbedingungen in der Krankenhausmedizin nicht mehr akzeptieren wollen und der Work-Life-Balance größeren Wert beimessen. „Bei uns können sie die Selbstständigkeit testen.“ Bevorzugt würden Ärzte und Therapeuten aus Mülheim.

Valmedica setzt auf wachsende Unzufriedenheit mit der Kassenmedizin

Vor allem aber sieht der Gesundheitsunternehmer eine wachsende Unzufriedenheit mit der Kassenmedizin auf Patientenseite, die für sein Modell spreche: „Die Leute wollen nicht erst in zwei Monaten einen Termin beim Orthopäden haben, sondern sofort behandelt werden.“ Auf der Website von Valmedica wird auch um weitere Investoren geworben: Es winkten „überdurchschnittliche Renditen von über 7,0 % p. anno“, heißt es dort.

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