Mülheim. Der Investor für Mülheims Hauptpost-Areal spricht von einer „einmaligen Gelegenheit“ zur Belebung der Innenstadt. Nun zeigte er erste Pläne.
Höchst selbstbewusst hat Investor SWT jetzt seine Pläne für das zwischen Forum und Hauptbahnhof gelegene alte Hauptpost-Areal erstmals öffentlich präsentiert. Mülheims Politik will aber nicht Gefahr laufen, sich blenden zu lassen. Ein „Friss oder Stirb!“ werde man nicht mitmachen, stand am Ende der ersten Debatte im Planungsausschuss zur „Neuen Mitte Mülheim“, die Investor und Generalplaner schaffen wollen.
Im Dezember 2019 hatte die SWT Verwaltungs GmbH aus Rain in Bayern das 11.000 Quadratmeter große Grundstück samt Gebäuden der alten Post-Betriebsstätten erworben, später auch die sogenannten zwei Easy-Tower am Platz. Fast vier Jahre später liegen Stadtverwaltung und Politik erste Skizzen zur möglichen Bebauung auf dem Areal vor, dem eine herausragende Bedeutung für die Innenstadt-Entwicklung zugemessen wird.
Investor zu Mülheim-Plänen: „In der Regel bauen wir so ein Hochhaus aus Holz“
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Im Planungsausschuss ließ SWT diese nun von seinem Generalplaner, der Baugenossenschaft Franken, präsentieren. Deren Prokurist Can Gülsoy betonte dabei insbesondere die Chance, die sich für die Innenstadt-Belebung auftue. SWT sei als familiengeführter Immobilien-Investor und Bestandshalter anders als manch ein Investmentfonds sehr daran interessiert, auf lange Sicht etwas Werthaltiges zu schaffen. „Mülheim ist eine Entwicklung wert“, so Gülsoy.
Langwierig waren die Untersuchungen zum Baugrund mitsamt unterirdischen U-Bahn-Tunneln. Laut Generalplaner ist nun klar, was maximal möglich werden kann. Im wahrsten Sinne herausragend dabei könnte ein Hochhaus werden, das im Osten der Fläche angesiedelt wird. Bis zu 19 Geschosse könnten, müssten aber nicht realisiert werden, so Gülsoy zu den Plänen an der Schnittstelle von Tourainer Ring und Radschnellweg. „In der Regel bauen wir so ein Hochhaus aus Holz“, so Gülsoy.
Der Clou sollen 3160 Quadratmeter begehbare Dachgärten sein
Daneben plant der Investor, den Querriegel des alten Postverteilzentrums auf sechs Geschosse aufzustocken, was dieses Gebäude auf die Höhe der benachbarten Easy-Tower hieven würde. Die alte Immobilie von Hauptpost und Postbank soll zur Hälfte abgetragen werden und solitär in der neuen Platzmitte verortet sein. Insgesamt plant SWT nach diesen ersten Plänen mit bis zu 40.300 Quadratmetern Bruttogeschossfläche (inklusive Untergeschossen) in den drei Gebäuden.
Diese sollen in ihrer Energieversorgung nicht nur klimaneutral sein, sondern möglichst noch überschüssige Energie ins Netz einspeisen. Als Clou sollen 3160 Quadratmeter begehbare Dachgärten geschaffen werden, mit Platz etwa für eine Rooftop-Bar und/oder ein Restaurant auf dem Hochhaus, wie Gülsoy im Nachgang zum Planungsausschuss gegenüber der Redaktion sagte. Auch eine Fassaden-Begrünung des Hochhauses bis zur obersten Etage hält der Generalplaner für möglich. Und Gülsoy stellte in Aussicht, die Altbauten im Sinne der CO2-Einsparung möglichst nicht abreißen, sondern als Grundstock einbinden zu wollen in die neuen Kubaturen.
Altes Hauptpost-Areal in Mülheim: Auch mit neuer Gastro und Handel?
Was die Nutzungen und die architektonische Qualität angehe, wolle man es sich nicht leicht machen, verspricht Gülsoy. SWT gehe bewusst nicht den einfachen Weg, mit einer Wiedervermietung von Logistik-Immobilien für einen schnellen Return of Invest zu sorgen. Im Dialog mit Verwaltung und Politik sei noch genau zu ergründen, mit welchen Nutzungen eine Stadtbelebung möglich werden könne.
Erneut Logistik schließt SWT also aus, das Spektrum möglicher Nachnutzungen hält der Investor aber sehr weit offen: Handel, Gastronomie, Kunst, Kultur, öffentliche Verwaltung, Bildung oder Forschung, Kita, spezialmedizinische Versorgungseinrichtungen etwa im Bereich der ambulanten Versorgung von Krebspatienten, der Geriatrie oder Nuklearmedizin, eine Seniorenresidenz, Sport, ein Hotel für Radtouristen, gar Wohnen trotz lärmendem Verkehr ringsum. . .
Im Blick der Investoren: die Ansiedlung eines Lebensmittelmarktes in Mülheims City
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Noch ist offenbar vieles denkbar. Klar ist für Gülsoy: Dieser Ort müsse insbesondere auch mehr jüngere Menschen in die Stadt ziehen. Helfen könne da etwa ein Hochschulstandort, wenn etwa die HRW weiter wachse. Mit mehr jungen Menschen werde es sich noch mehr lohnen etwa für Gastronomen oder Mode-Händler, am Standort was aufzuziehen.
Apropos Handel und Gastronomie: Im Blick hat der Investor auch die Ansiedlung eines Lebensmittelmarktes, in der Innenstadt ja bekanntlich rar gesät (Edeka und Netto). Nach jetzigen Ideen soll das reduzierte alte Hauptpostgebäude in einer künftigen Platzmitte gastronomischer Anziehungspunkt werden. Je nachdem, ob ein Lebensmittelmarkt ansiedele, könne auch die Platzgestaltung variieren, so Gülsoy. Eventuell könnte ein Platzbereich statt Parkplätzen ein Wasserspiel beherbergen und mehr Grün Platz haben. Die ersten Skizzen zeigen derweil einen Platz mit vielen Stellflächen für Pkw, typisch für einen Supermarkt-Vorplatz.
Kritik einer Grünen: „Das bekannte Potpourri für jedes Invest“
Wie das alles denn zu den Bedarfen der Innenstadt passe, war eine wesentliche Frage, die die Politik aufwarf, so Filip Fischer (SPD) etwa mit Blick auf die Investitionen im benachbarten Forum in eine Gesundheits-Etage oder Beate Uhr (Grüne), die wie Fischer ein Gesamtkonzept vermisst, das die Entwicklungen an der alten Hauptpost mit dem überein bringt, wie sich Mülheim seine künftige Innenstadt denkt. Was der Investor hier für Möglichkeiten aufzeige, sei „das bekannte Potpourri für jedes Invest“, so Uhr. „Mir fehlt die Individualität.“
Dass all diese Fragen, auch der (verkehrlichen) Anbindung ans Umfeld, noch Themen für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan sein werden, machten sowohl der Investor-Vertreter als auch Planungsdezernent Felix Blasch deutlich. Dessen Wunsch allerdings für einen vorgelagerten städtebaulichen Wettbewerb will SWT nicht mittragen. Man wünsche sich „Anregung und Austausch“ mit der Stadt, wolle sich jedweder Diskussion stellen, so Gülsoy. Als Generalplaner, der sämtliche Disziplinen zur Projektentwicklung abdecke und Expertise bei Innenstadtentwicklungen habe, wolle man aber selbst einen solchen Wettbewerb nicht mittragen. SWT, die bereit seien, mehr als 100 Millionen Euro in Mülheim zu investieren, „möchten selbst bestimmen, was kommt“.
Mülheims Politik will die gesamte Innenstadt-Entwicklung im Einklang sehen
So „begrüßenswert“ der Aufschlag für eine Entwicklung auch sei, machte SPD-Planungspolitiker Fischer deutlich, so wenig wolle sich die Politik gerade in dieser exponierten Lage dem Motto „Friss oder stirb!“ unterordnen. Es gehe darum, ein Gesamtkonzept für die City zu schaffen. Da wolle Politik mitreden.
Die Grünen etwa wünschen sich explizit eine möglichst enge Anbindung an den Radschnellweg. Ihr Vertreter Oliver Linsel will auch das Ruhrbahn-Areal im Übergang zur Eppinghofer Straße und den unansehnlichen Löwenhof-Parkplatz mitgedacht sehen. SWT zeigt sich für ein solches Verbundprojekt offen. „Aber wir können nicht beplanen, was uns nicht gehört“, so Gülsoy. Planungsdezernent Blasch stellte hierfür eine Rahmenplanung in Aussicht.
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