Mülheim. Kaiserplatz, Kirchenhügel, Kohlenkamp: Mülheims neuer Verschönerungsverein hatte zum Innenstadt-Workshop eingeladen. Was den Teilnehmern einfiel.
Wie kann man unsere Innenstadt verschönern? Mit dieser Frage beschäftigten sich am Samstag Mülheimerinnen und Mülheimer bei einem Workshop mit integrierter Ortsbegehung. Die meisten der zehn Teilnehmenden gehörten zum Kreis der aktuell 40 Mitglieder des im März gegründeten Verschönerungsvereins. „Da habt ihr euch ja ganz schön was vorgenommen“, zitierte Architekt Martin Pawlik eine der Antworten auf die Einladung zu dem von Stadt, Land und Bund geförderten Workshop.
Pawlik lieferte mit einem Impulsreferat erste Denkanstöße für die Diskussion und den Innenstadtrundgang. Konsens herrschte in der Runde darüber, dass Mülheim mit dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg zur autogerechten Stadt mit großen Verkehrsschneisen geworden sei.
Vereinsvorsitzender: „Es gibt keine Vision für die Zukunft der Mülheimer Innenstadt“
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„Leider gibt es keine Vision für die Zukunft der Innenstadt. Und wir befinden uns mit unserem Bemühen um einen umweltverträglichen Mobilitätsmix in einem Verteilungskampf zwischen Autofahrern, Radfahrern, Bus-und-Bahn-Nutzern und Fußgängern“, beschreibt der Vereinsvorsitzende und stellvertretende Vorsitzende des Stadtplanungsausschusses, Filip Fischer, die Ausgangslage. Er sieht die Gefahr, dass die Fußgänger als schwächste Verkehrsteilnehmer „beiseitegeschoben werden und Anteile am öffentlichen Raum verlieren“.
Der auch mit historischen Innenstadtansichten geführte Diskurs erbrachte diese stadtplanerische und architektonische Quintessenz: Mülheims Innenstadt sollte sich auf sein historisch gewachsenes Stadtbild vor dem Zweiten Weltkrieg zurückbesinnen. Im Schlussplenum des Workshops verständigten sich Filipp Fischer, Martin Pawlik, Joel Weißwange, Theresa Voiß, Doris Kreuselberg und Birgit Verwohlt auf Handlungsempfehlungen für den Stadtkern, die sie bald mit dem Planungsdezernenten Felix Blasch besprechen werden.
Nach Ansicht der engagierten Bürger sollten die Parkplätze auf dem Kaiserplatz entfallen
Nach ihrer Ansicht sollten die Parkplätze auf dem Kaiserplatz entfallen und der dortige Grünwuchs soll zurückgeschnitten werden, um den Platz heller und besser einsehbar zu machen. Der Platz sollte entsiegelt und mit Sitzgelegenheiten und einer erweiterten Café-Terrasse zum sozialen Treffpunkt werden. Auch eine Einbindung in den Adventsmarkt wäre denkbar, wenn man den Kaiserplatz mit einem breiten und gut sichtbaren Übergang an der Kaiserstraße fußläufig an die Altstadt anschließen würde. Die auf dem Kaiserplatz wegfallenden Parkplätze könnten durch das fußläufig erreichbare Parkhaus am Forum kompensiert werden. In der Mitte des Kaiserplatzes könnte der eingelagerte Nele-Brunnen als Blickfang aufgestellt werden. Er stand früher zwischen Rathaus und Stadtbibliothek am Rathausmarkt.
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Auf dem Gelände zwischen Petri- und Marienkirche, auf dem zurzeit noch das katholische Jugendheim steht, könnte die neue Nutzung und Gestaltung durch die Mülheimer Wohnungsbaugenossenschaft, die das Grundstück der Pfarrgemeinde St. Mariae Geburt erworben hat, genutzt werden, um dort einen entsiegelten und damit wasserdurchlässigen Platz mit Grün- und Sitzflächen zu schaffen. Die dort vorhandenen Parkplätze sollten seitlich oder hinter einer möglichen Neubebauung eingerichtet und so aus der Sichtachse zwischen Petri- und Marienkirche genommen werden.
Wo möglich, sollte man nach dem Vorbild des Petrikirchenhauses an die historische Bebauung des Alten Marktes an der Petrikirche anknüpfen. Die Friedenstreppe und der angrenzende Grünstreifen sollten als attraktiver fußläufiger Übergang in die Innenstadt gestaltet werden.
Ein kriegsbedingt nicht mehr vorhandener Dachstuhl könnte wieder aufgestockt werden
An der Bachstraße wurden Hausfassaden identifiziert, deren attraktives historisches Stuckwerk problemlos wieder freigelegt und damit als Blickfang für den öffentlichen Raum zurückgewonnen werden könnte. Auch ein kriegsbedingt nicht mehr vorhandener Dachstuhl könnte nach historischem Vorbild aufgestockt werden und neuen Wohnraum schaffen. Darüber hinaus werden Kunst am Bau und Straßenbeleuchtung als Instrumente der Aufwertung des öffentlichen Innenstadtraumes angeraten.
Die Bachstraße mit dem angrenzenden Kohlenkamp und dem ebenfalls angrenzenden Siegfried-Reda-Platz sollte als autofreie Zone mit Sitz- und Grünflächen umgestaltet werden. Das würde an die Vorkriegstradition der Einkaufsmeile Bachstraße anknüpfen.
Frankfurt am Main, Potsdam und Hildesheim als Vorbilder angeführt
Als Vergleichsbeispiele für eine kleinteilige Neugestaltung eines Stadtkerns nach historischem Vorbild werden Frankfurt am Main, Potsdam und Hildesheim zur Nachahmung empfohlen. Als Vorbild sieht man auch Utrecht, Maastricht und Soest. Hier kombiniert man eine autofreie Innenstadt mit einem Parkplatzring am Rand des historischen Stadtkerns.