Mülheim. Am gleichen Ort zur gleichen Zeit geboren - und mit dem gleichen Namen unterwegs. Die Redaktion begleitet drei Schalttagskinder durchs Leben.

Am Anfang, da sind sie noch schüchtern, nähern sich eher behutsam an. Am Ende, da kringeln sie sich auf dem Boden, lachen sich scheckig. Es war wieder eine Freude, die drei Mias aus Mülheim zu Gast in der Redaktion zu haben. Wie schon vor acht Jahren, kurz vor ihrem vierten Geburtstag, sowie vor vier Jahren, als sie Tage darauf acht wurden, erzählten die Schalttagskinder, was ihr Leben ausmacht. Es ist erstaunlich, wie ähnlich ihre Wege verlaufen und wie fast schon identisch sich die Mädchen entwickeln - obwohl sie, streng genommen, nicht mehr als den Namen teilen. Und den Fakt, dass sie alle am Schalttag 29. Februar 2012 im Evangelischen Krankenhaus Mülheim zur Welt gekommen sind.

Sortieren wir sie der Einfachheit halber nach den Anfangsbuchstaben ihrer Nachnamen: Mia Brockauf ist von nun an Mia B, Mia Hagenacker Mia H und Mia Suhre dementsprechend Mia S. Und fangen wir, weil es so verblüffend ist, mit Äußerlichkeiten an: Alle drei Fast-Teenager blicken aus blauen Augen in die Welt. Alle drei haben lange Haare, irgendwo zwischen blond und braun, alle drei sind rank und schlank. Mia H ist mit 1,70 Metern die längste, Mia S mit 1,68 Metern liegt knapp dahinter und auch Mia B ist mit 1,63 Metern beileibe keine Zwergin. Sie tragen Schuhe zwischen 39 und 41, alles andere als Durchschnitt für Mädchen ihres Alters. Jede im Trio bringt ein klein wenig Migrationsgeschichte mit: Mia H ist „ein Achtel Serbin“, Mia S „ein Viertel Filipina“ und Mia B „ein Viertel Italienerin“. Letztgenannte ist die einzige, die Brille und Zahnspange trägt. Und, ultrawichtig: „Ohrringe!“ Ein Faible, das sie mit Mia S teilt.

Keine andere als Oma darf den Mülheimerinnen ihr Lieblingsessen kochen

Spannender noch als äußere Ähnlichkeiten sind die Dinge, die die Mädchen im Interview von sich preisgeben. Auch da greift witzigerweise vieles ineinander. Zum Beispiel beim spontanen Schwärmen vom Lieblingsessen: Die erste mag Hühnerfrikassee, die zweite Möhrendurcheinander, die dritte Nudeln mit Fleischbällchen. Der Clou: In allen Fällen darf niemand anders als „Oma!“ den Festschmaus zubereiten.

So knuffig! Auf diesem Bild sind die drei Mülheimer Mias - die mit vollem Namen Mia-Elen Hagenacker, Mia-Marie Suhre und Mia Brockauf heißen - gerade vier Jahre alt.
So knuffig! Auf diesem Bild sind die drei Mülheimer Mias - die mit vollem Namen Mia-Elen Hagenacker, Mia-Marie Suhre und Mia Brockauf heißen - gerade vier Jahre alt. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller
Und, schwupps, schon sind die Mias acht.
Und, schwupps, schon sind die Mias acht. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich
Und noch mal vier Jahre später sind sie zwölf und (fast) keine Kinder mehr. Doch dann singen sie plötzlich wieder den Abzählreim: „Ich kenne eine Frau, die hat Augen aus Kakao, die hat Beine aus ner Leberwurst, das weiß ich ganz genau...“
Und noch mal vier Jahre später sind sie zwölf und (fast) keine Kinder mehr. Doch dann singen sie plötzlich wieder den Abzählreim: „Ich kenne eine Frau, die hat Augen aus Kakao, die hat Beine aus ner Leberwurst, das weiß ich ganz genau...“ © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Alle drei sind sportlich. Mia S, die in Oberhausen wohnt und dort die Fasia-Jansen-Gesamtschule besucht, tanzt bei der KG Weiss-Grün Hoag in einer Gruppe Zehn- bis 14-Jähriger. Mit Karneval fand jüngst der Höhepunkt der Saison statt. Die Galasitzung aber war nicht nur lustig: „Wir mussten unsere Hüte mit Nadeln am Kopf feststecken. Das tat weh.“ Abgesehen von dieser Episode aber ist das Leben im Verein wunderbar. Mia S, die sich gern schminkt, findet es auch in Ordnung, dass man sich das Make-up für den Auftritt extra dick auftragen muss. „Fürs Tanzen ist das okay. Doch einmal musste ich so einkaufen gehen. Da hat mich die Verkäuferin ganz komisch angeguckt.“

Mia B: „Sobald ich Musik höre, muss ich mich bewegen. Keine Ahnung, warum“

Mia B, die in der bilingualen Klasse auf dem Gymnasium Broich ist, fährt ebenfalls auf Tanzen ab: „Sobald ich Musik höre, muss ich mich dazu bewegen. Keine Ahnung, warum.“ Sie trainiert mit ihrer Freundin und rund 20 anderen Mädchen beim Dümptener Turnverein, bereitet sich gerade auf einen Auftritt zu Abba-Hits vor. Mia H schert da ein wenig aus, hat mit dem Tanzen vor Kurzem aufgehört. Die Schülerin des Otto-Pankok-Gymnasiums steht jetzt auf Anton vom Brucher Hof, ein freundliches Pony. „Der hört, wenn man ihn ruft. Meistens kommt er, aber manchmal ist er zu verfressen“, erzählt sie breit grinsend. Mehrfach ist sie mit Anton bei Hofturnieren gestartet, „aber jetzt bin ich zu groß für ihn, das ist schade“.

Vielleicht klappt es ja bald mit Mella, einem anderen Selbecker Pferdchen. Auf die Stunden am Stall möchte Mia H jedenfalls nicht mehr verzichten, sie macht deswegen auch den „Pferde-Führerschein“. Und freut sich auf den nächsten Bauernhof-Urlaub im Sauerland, wo Islandpferd Hnokki lebt. „Der macht jeden Quatsch mit. Sogar Galopp um die Wette.“

Gestatten, Anton vom Brucher Hof: Reiten ist das liebste Hobby von Mia H. Weil ihr favorisiertes Pony aus nachvollziehbaren Gründen nicht in der Redaktion auflaufen konnte, musste ein Bild auf dem Laptop genügen.
Gestatten, Anton vom Brucher Hof: Reiten ist das liebste Hobby von Mia H. Weil ihr favorisiertes Pony aus nachvollziehbaren Gründen nicht in der Redaktion auflaufen konnte, musste ein Bild auf dem Laptop genügen. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Zu Hobbys fällt den Mädels viel ein. Eine hat gerade mit dem Stricken angefangen

Sport ist das eine, doch die Mädels haben noch andere vergnügliche Freizeitbeschäftigungen. Und sie staunen, was die jeweils andere erzählt. Mia B zum Beispiel hat vor einiger Zeit angefangen zu stricken. Die Oma zeigt ihr die Kniffe. „Wenn ich dann auf dem Sofa sitze, Tee trinke und eine Serie gucke, passt Stricken einfach gut dazu.“ Ein Schal ist das erste größere Projekt, „aber noch bin ich nicht perfekt“, sagt sie verschmitzt. „Ich finde es gut, wenn man was kann, was nicht alle können. Zum Beispiel auch mit Sushi-Stäbchen essen.“

„Harry Potter“ guckt sie gern. „Oder Jack Sparrow. Oder ,Modern Family‘, eine Serie mit elf Staffeln. Die habe ich schon dreimal durchgeguckt.“ Hoch im Kurs steht auch Lesen. Zum Fototermin in der Redaktion hat Mia B „Legend Academy“ von Nina MacKay mitgebracht, eine Fantasy-Story „mit tollen Figuren und einem Liebesfluch: Wenn zwei sich zu nahe kommen, tritt ein böser Klon auf.“

Mia B hat ihr Lieblingsbuch zum Fototermin mitgebracht. Sie empfiehlt die Fantasy-Story „Legend Academy“ von Nina MacKay. Auch, weil es da um einen Liebesfluch geht.
Mia B hat ihr Lieblingsbuch zum Fototermin mitgebracht. Sie empfiehlt die Fantasy-Story „Legend Academy“ von Nina MacKay. Auch, weil es da um einen Liebesfluch geht. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Das Stichwort Liebe hat die Mias schon 2020 gibbeln lassen. Und tut es jetzt wieder

Böser Klon und Liebe? Das Stichwort Amore hat die Mias schon 2020 zum Gibbeln gebracht. Und tut es jetzt wieder. Mehr als der Satz „Eine von uns Mias ist verliebt“ ist aus ihnen leider nicht herauszukriegen. Allzu Neugierigen verspricht Mia H immerhin: „Im nächsten Artikel lösen wir das auf.“ Liebe Leserin, lieber Leser, Sie brauchen also nur noch vier Jahre Geduld.

Bis dahin will Mia H viel Zeit mit Kaninchen Lotte verbringen. Und Hörbücher am laufenden Band verschlingen. „Dann bin ich in meiner eigenen Welt.“ Die Auswahl bei Spotify gefällt ihr. „Wenn Mama mir aber das Handy wegnimmt, gehen auch Papas alte Kassetten.“

Beliebter sind bei den Dreien ohne Zweifel neue Medien. Alle haben Handys, alle sind sich schnell einig, dass sie jetzt unbedingt sofort eine Mia-WhatsApp-Gruppe brauchen. Mia S trägt zur Verabredung mit der Redaktion einen beigefarbenen Hoodie. Er zeigt: Sie ist Fan einer speziellen TikTok-Familie und guckt sich auf therrmann_mom „mindestens ein Video täglich“ an. Vor allem von Tochter Zoey, die gern Frisuren vorstellt. „Die mache ich dann nach.“ Vor Weihnachten gab es die Chance auf besagten Pulli, von dem sie nicht einmal wusste, wie genau er aussieht. Doch es waren nur 300 Stück im Rennen und der Anreiz somit riesig. Mit Papas Hilfe, der parallel am Tablet saß und ebenfalls ganz hektisch wurde, hat sie schließlich „Nummer 47“ ergattert. Es war ein aufregender Ritt: „Zweimal ist uns die Seite abgestürzt, dann hat es funktioniert.“ Mia S strahlt noch immer, wenn sie das erzählt.

Mia S im Hoodie und mit einer Autogrammkarte ihrer liebsten TikTok-Familie. Dazu gehört auch Tochter Zoey, deren coole Frisuren die Oberhausenerin gern nachmacht.
Mia S im Hoodie und mit einer Autogrammkarte ihrer liebsten TikTok-Familie. Dazu gehört auch Tochter Zoey, deren coole Frisuren die Oberhausenerin gern nachmacht. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Handys sind toll, doch manchmal auch gar nicht: Zwei Mias wurden schon im Netz beleidigt

Das Internet macht Spaß, keine Frage. Handys sind der Hammer, das ist doch klar. Doch manchmal auch gar nicht so: „In der WhatsApp-Klassengruppe hat mich ein Mädchen beleidigt“, erzählt Mia B und für einen Augenblick ist es vorbei mit Grinsen, Gibbeln und Glucksen. Dass das weh tut, weiß auch Mia S, bei der ähnliches vorgefallen ist. Es kam zu einem tränenreichen Gespräch in der Schule, mit Eltern, Klassenlehrer und Sozialarbeiter. Und wirklich gut ist die Sache bis heute nicht: Eines der Mädchen, das gemein war, „ist jetzt ausgerechnet mit denen befreundet, über die sie vorher gelästert hat“.

Mia H hat so etwas zum Glück noch nicht erlebt, „bei uns wurden nur 200 Mal so komische Frösche, die das Maul aufreißen, verschickt“. Das Chat-Programm kann witzig sein und unterhaltsam. Doch es gibt da auch eine Gefahr, das spüren sie deutlich.

Sie sind aufgeweckte und fröhliche, aber auch durchaus nachdenkliche Sechstklässlerinnen

Wenn die Mias so offen von ihrem Leben erzählen, von den schönen Seiten, aber auch von den weniger schönen, zeigen sie, was in ihnen steckt: Sie sind aufgeweckte, fröhliche, aber auch sensible und nachdenkliche Sechstklässlerinnen. Sie sind selbstbewusst und mutig, aber wie viele andere nicht völlig frei von Unsicherheit. Sie sind sich in Vielem ähnlich, im Detail aber unterschiedlich. Sie entwickeln ganz wunderbar erste eigene, freie Meinungen.

Mia san Mia: Die unechten Drillinge in Bildern ihrer ersten Jahre

2016, dreimal Mia geboren am 29. Februar 2012: Mia Hagenacker, Mia Brockauf und Mia Suhre (v.l.)
2016, dreimal Mia geboren am 29. Februar 2012: Mia Hagenacker, Mia Brockauf und Mia Suhre (v.l.) © FUNKE Foto Services | Oliver Müller
2016: Mia Suhre, Mia Brockauf und Mia Hagenacker (v.l) mit ihren Eltern Jessica und Marc-Daniel Suhre, Angela Rillo und Nicola Hagenacker.
2016: Mia Suhre, Mia Brockauf und Mia Hagenacker (v.l) mit ihren Eltern Jessica und Marc-Daniel Suhre, Angela Rillo und Nicola Hagenacker. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller
2016: Mia Hagenacker, Mia Suhre und Mia Brockauf (v.l.)
2016: Mia Hagenacker, Mia Suhre und Mia Brockauf (v.l.) © FUNKE Foto Services | Oliver Müller
2020: Mia Hagenacker, Mia Suhre, und Mia Brockauf (v.l.)
2020: Mia Hagenacker, Mia Suhre, und Mia Brockauf (v.l.) © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich
Mia Hagenacker, Mia Suhre und Mia Brockauf (v.l.)
Mia Hagenacker, Mia Suhre und Mia Brockauf (v.l.) © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka
Mia Hagenacker, Mia Suhre und Mia Brockauf (v.l.)
Mia Hagenacker, Mia Suhre und Mia Brockauf (v.l.) © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka
2012: Mia Hagenacker
2012: Mia Hagenacker © FUNKE Foto Services | Oliver Müller
2012: Mia Brockauf
2012: Mia Brockauf © FUNKE Foto Services | Oliver Müller
2012: Mia Suhre
2012: Mia Suhre © FUNKE Foto Services | Oliver Müller
2020: Mia Hagenacker tanzt im Tanzstudio Scala11.
2020: Mia Hagenacker tanzt im Tanzstudio Scala11. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich
2020: Mia Brockauf sitzt mit ihrer Gitarre in der Musikschule Alstaden.
2020: Mia Brockauf sitzt mit ihrer Gitarre in der Musikschule Alstaden. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich
2020: Mia Suhre mit dem Pony Goldi auf dem Reiterhof Tappe.
2020: Mia Suhre mit dem Pony Goldi auf dem Reiterhof Tappe. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich
2024: Mia Hagenacker mit dem Bild ihres Lieblingsponys Anton.
2024: Mia Hagenacker mit dem Bild ihres Lieblingsponys Anton. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka
2024: Mia Brockauf mit ihrem Lieblingsbuch „Legend Academy“ von Nina MacKay.
2024: Mia Brockauf mit ihrem Lieblingsbuch „Legend Academy“ von Nina MacKay. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka
2024: Mia Suhre mit einer Autogrammkarte ihrer liebsten TikTok-Familie.
2024: Mia Suhre mit einer Autogrammkarte ihrer liebsten TikTok-Familie. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka
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Beim Zusammentreffen im Februar 2020 hatten sich die Familien fest vorgenommen, sich bald auf dem Spielplatz zu treffen. Corona hat das verhindert. Einmal im Jahr gab es zumindest den gegenseitigen Geburtstagsgruß: mit aktuellen Porträts, Fotos von Torten und Geschenktischen. Nun wird keine Pandemie oder sonst irgendetwas sie davon abbringen, sich schnell wiederzusehen. Das haben sich die Mias versprochen. So langsam brauchen sie für solche Vorhaben keine Mamas oder Papas mehr. Sie ahnen bereits, dass Unabhängigkeit sich gut anfühlen wird. Die teils kecken Bemerkungen Richtung der Eltern lassen nur diesen Schluss zu.

„Wir können noch mit 80 Jahren sagen, wir sind erst 20“

Die Mädels wissen übrigens längst, dass so ein Schalttagsgeburtstag etwas Feines ist: „Da können wir noch mit 80 Jahren sagen, wir sind erst 20.“ In vier Jahren wollen sie wieder zum Interview auflaufen. Kurz vor dem Abschied zeigen sie noch mal, wie gleich sie ticken: Mia S schwärmt vom Tortenbacken. Mia H plant daraufhin gleich „einen Torten-Contest“ für 2028. Und Mia B stellt trocken fest: „Wir können jetzt schon sagen, wie die Gewinnerin heißt: Mia!“ Der Rest geht unter in Gekicher.

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